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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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passend fest. Nachrichten über den Tod eines Angehörigen oder einer nahestehenden Person überbringt niemand gern. Man weiß einfach nicht, wie die Menschen reagieren, von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt ist alles möglich. Bei Ulla konnte ich auch nicht mit Bestimmtheit sagen, wie sie reagieren würde. Nach meinem vorherigen Gespräch war mir jedoch klar, dass man mit unkonventionellen Reaktionen rechnen musste. Hein war durch den Regen gelaufen, um Ulla auf dem Weg zur Abschiedsnahme im Rettungswagen zu begleiten. Ulla betrat mit ernster Miene den Patientenraum, legte sanft ihre Hand auf die Schulter des Toten und blickte mich ungläubig an. »Franz hat es leider nicht geschafft, Ihr Lebensgefährte ist tot«, versuchte ich die richtigen Worte zu finden. »Fünfzig Euro, wenn ihr weitermacht!«, sagte Ulla fordernd. Hein und ich schauten uns verdutzt an. »100 Euro!«, erweiterte Ulla ihr unethisches Angebot. Hein versuchte, die Lage zu erklären: »Franz ist tot, wir können nichts mehr für ihn tun.« »Man kann immer was machen! 150 Euro«, überbot sich Ulla. Hein fuhr sie ungehalten an: »Wir sind doch hier nicht auf dem Basar! Hier ist nicht die erste halbe Stunde umsonst, und dann ist Barzahlung angesagt. Ihr Franz hat abgeschaltet!« »Dann wird er noch mal eingeschaltet. Der Kerl hat die PIN-Nummer von dem Handy von mir! Die brauch ich. Das ist lebenswichtig! 200 Euro.« Hein verschränkte ablehnend die Arme, um nonverbal zu signalisieren, dass wir keinesfalls irgendeine Leichenfledderei veranstalten würden. »Franz ist tot, wir können nichts mehr für ihn tun«, wiederholte ich mich. »Es wäre auch nicht mehr der Franz, den Sie kannten, wenn er irgendwann aus der Klinik entlassen werden würde«, fügte Hein in tröstendem Tonfall hinzu. »Der braucht mir auch nicht mehr nach Haus zu kommen, der hat heute Geburtstag und lässt mich auf den ganzen Vorbereitungen und auf den Gästen alleine sitzen. Außerdem hat der die PIN-Nummer von dem Handy«, lamentierte Ulla lauthals, holte aus und gab dem toten Franz eine schallende Ohrfeige. »Meinen Sie, ich kann die Geburtstagsparty heute Abend mit dem Beerdigungskaffeekränzchen verbinden?« »Über Pietät lässt sich streiten«, stammelte Hein, der wie ich von der Ohrfeige noch etwas konsterniert war. »Mich am eigenen Geburtstag alleine zu lassen. Was werden die Nachbarn sich das Maul zerreißen!«, zeterte Ulla weiter. Mit meiner Frage versuchte ich, die Situation wieder ins Lot zu bringen: »Wollen Sie lieber einen Moment mit Franz alleine sein und sich in Ruhe verabschieden, bevor wir den Leichnam leider abtransportieren müssen?« »Sie werden mich nach Hause transportieren, dem Franz tun Sie keinen Gefallen mehr!«, stellte Ulla mit Bestimmtheit fest, als hätte ich selbst draufkommen müssen. »Das geht leider nicht. Wir sind verpflichtet, Patienten, die im Rettungswagen verstorben sind, ins Kühlhaus des Städtischen Friedhofs zu bringen.« »So, so, der Knochensack wird gefahren, und ich darf jetzt alleine durch den Regen laufen - ich habe verstanden!« Mit diesen Worten verließ Ulla entrüstet den Rettungswagen, knallte die Tür zu und verschwand im immer noch strömenden Regen. Wir frühstückten ein paar Tage später gemütlich auf der Wache, als das Telefon klingelte. Hein schlug gerade sein wachsweiches Frühstücksei auf, um anschließend einen Spritzer Maggi zu injizieren, und ich trennte Lachsscheiben voneinander, um sie kunstvoll mit Remoulade zu verzieren, als Jochen, unser Dienststellenleiter vom Tage, den Raum betrat. »Hier, für euch!«, sagte er, legte das schnurlose Telefon der Wache auf unsere morgendliche Festtafel und verschwand. »Hallo, hallo!«, krächzte es aus dem Hörer des Telefons. Hein nahm das Gerät auf und nuschelte mit Brötchenresten im Mund: »Guten Morgen, Rettungswache Süd, was kann ich für Sie tun?« »Sie erinnern sich bestimmt nicht mehr an mich, hier spricht Ulla«, begrüßte Frau Schröders den armen Hein. »Doch, doch!«, antwortete Hein und schaltete gleichzeitig den Lautsprecher zu, sodass ich mithören konnte. »Sie haben den Franz ja bearbeitet vor zwei Tagen, ich wollte nur noch mal fragen, ob der nicht doch noch kurz vor seinem Abgang irgendwas von meiner PIN-Nummer erzählt hat.« »Nein! Aber jetzt hab ich mal ne Frage: Woher haben Sie diese Telefonnummer?«, konterte Hein. Ulla überhörte die Gegenfrage und vergewisserte sich stattdessen: »Sind Sie sicher?« Heins Gesichtsfarbe

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