Scheibenwelt 02 - Narren Diebe und Vampire
Im Hauptquartier der Wache wird ein Schilling aufbewahrt (fünf Cent eines Ankh-Morpork-Dollars in der neuen Währung), und Rekruten sollen ihn nehmen, während sie den Eid sprechen. Anschließend wird er sofort zurückgegeben, damit jemand anders ihn nehmen kann. Der Schilling ist mit einer Kette verbunden, um sicherzustellen, dass er nicht auf Dauer genommen wird.
Man vermutet, dass der Schilling einst irgendeinem König gehörte. Nun, nirgends steht geschrieben, dass Traditionen unbedingt einen Sinn haben müssen.
Die Dienstmarke der Stadtwache – ihre Geschichte
Die Ursprünge der Wache sind verborgen in den Mägen der Termiten, die in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts das Stadtarchiv heimsuchten. Aber es ist fast sicher, dass eine einfache Art von »Wache« seit Gründung der Stadt existierte und die gleichen Aktivitäten entfaltete: Sie läutete des Nachts die Stunden, nahm den einen oder anderen Verbrecher in Gewahrsam, ließ ein wenig Geld aus den Taschen betrunken auf dem Boden liegender Leute verschwinden und nahm die Gunst besonders zugänglicher Damen käuflicher Zuneigung entgegen.
Die heutige Stadtwache von Ankh-Morpork wurde im Jahr 1561 von König Veltrick I. gegründet. Ihre ursprüngliche Aufgabe beschränkte sich darauf, bei einem Staatsbesuch der Kaiserin von Sto imposant zu wirken. Ihre Ausstattung bestand deshalb aus einer vollen Infanterierüstung, einem Helm aus poliertem Kupfer und einem runden Schild mit der Aufschrift: »Königliche Stattewache von Ankhe-Morepork«. Hinzu kamen das königliche Wappen und das Motto der Familie Veltrick: »FABRICATI DIEM, PVNCTI AGVNT CELERITER«. Man könnte es mit »Lass den Tag gut sein, die Momente verstreichen zu rasch« übersetzen, und in abgekürzter Form ist es noch immer das Motto der Wache.
Veltrick I. wurde von seinem Sohn ermordet, der auf die Hilfe der Kaiserin von Sto zurückgriff, und zwar vier Tage nach Gründung der Wache. Veltrick II. teilte nicht das Interesse seines Vaters an einer guten Polizei, und die Wache geriet in Vergessenheit. Im Verlauf der nächsten Jahre ging ein großer Teil der ursprünglichen Ausrüstung verloren – sie wurde bei gefährlichen Rückzügen beschädigt oder benutzt, um einen Wächter zum Schweigen zu bringen, indem man ihn beschwerte und im Ankh verschwinden ließ. Manchmal verkaufte man sie, um Geld für wichtigere Dinge zu bekommen, zum Beispiel für Bier.
Als Veltrick III. 1572 den Thron bestieg, traten die Geschäftsleute der Stadt an ihn heran und baten ihn um einen Zuschuss, der die weitere Existenz der Stadtwache sicherte. Er gab die erste Dienstmarke heraus: einen kleinen Kupferschild, jenem größeren Schild nachempfunden, mit dem die Wächter einst ausgerüstet gewesen waren. Darauf stand AMCW und die Nummer des Wächters. Solche Dienstmarken wurden von der Nachtwache verwendet, doch inzwischen gibt es nur noch wenige der ursprünglichen Exemplare.
Als die Wache dabei half, Ankh-Morpork vor einem zwanzig Meter großen feuerspeienden Drachen zu retten, gab der Patrizier eine neue Dienstmarke heraus, um die größere Bedeutung der Wache für die Stadt hervorzuheben. Gleichzeitig gestattete er die Rekrutierung neuer Wächter. Lord Mumm hat noch immer seine alte Dienstmarke, die einzige außerhalb von Vetinaris Museum im Palast.
Es sollte darauf hingewiesen werden, dass mit »Wache« zunächst nur die Nachtwache gemeint war. Erst in letzter Zeit verwendet man diese Bezeichnung auch für die Tagwache. Bevor beide Abteilungen zu einer Wache unter dem Befehl von Kommandeur Mumm zusammengefasst wurden, kam es häufig zu Reibereien zwischen Tag- und Nachtwächtern, insbesondere bei Sonnenauf- und -untergang sowie bei einer gelegentlichen Sonnenfinsternis.
Im vergangenen Jahr wurde die Dienstmarke neu gestaltet, um die Veränderung der Stadtwache von Ankh-Morpork widerzuspiegeln und auf ihre neue Rolle hinzuweisen. Vielleicht handelt es sich dabei um den Beginn eines Imagewandels der Wache, was letztendlich von sehr hitzigen Diskussionen zwischen Lord Vetinari, Lord Mumm und Hauptmann Karotte Eisengießersohn abhängen dürfte.
Die neue Dienstmarke sollte ein moderneres Motto präsentieren: Innocentes Non Timebunt Quodquam. Eine grobe Übersetzung lautet: Die Unschuldigen haben nichts zu befürchten. Doch Kommandeur Mumm sprach sich gegen ein solches Motto aus, weil seiner Meinung nach Unschuldige eine ganze Menge zu befürchten haben, vor allem von Schuldigen, aber auch von jenen Leuten, die
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