Scheidung auf Griechisch
hatte.
“Woher solltest du das auch wissen?” Um sich ihre Verunsicherung nicht anmerken zu lassen, ging Isobel in die Offensive. “Du hast ja nicht einmal versucht, es mir beizubringen – wahrscheinlich weil du mich für zu dumm gehalten hast.”
“Für dumm habe ich dich nie gehalten”, wandte er ein.
“Umso besser”, ignorierte Isobel die kaum verhohlene Beleidigung. “Glücklicherweise dachten deine Landsleute genauso. Vielleicht entspricht mein Wortschatz nicht ganz deiner Vorstellung, aber schließlich waren meine Lehrer einfache Leute, mit denen du dich niemals abgeben …”
“Tu nicht so scheinheilig!”, fiel Leandros ihr schroff ins Wort. “Oder findest du es etwa fair, wenn jemand der eigenen Familie vorgaukelt, die Landessprache nicht zu beherrschen, obwohl er jedes Wort versteht?”
“Ganz fair ist es vielleicht nicht”, gab sie zu. “Aber so habe ich manches erfahren, was mir sonst sicher verborgen geblieben wäre.”
“Zum Beispiel?”
“Zum Beispiel, wie sehr mich deine Familie verachtet und den Tag herbeigesehnt hat, an dem du deinen Fehler wiedergutmachst und mich zum Teufel jagst.”
“Du wolltest doch gar nicht, dass sie dich mögen”, wandte Leandros ein. “Vom ersten Tag an hast du die Menschen abgelehnt, die mir etwas bedeuten – vermutlich
weil
sie mir etwas bedeuten.”
“Meine Erinnerung sagt mir etwas völlig anderes”, erwiderte Isobel entschieden. “Keiner der Menschen, die dir etwas bedeuten, hat mir den Hauch einer Chance gegeben. Vom ersten Tag an haben sie mich wie eine Aussätzige …”
“Dazu hast du dich doch selbst gemacht”, unterbrach er sie nun erneut.
Der Vorwurf war so lächerlich, dass sie nicht anders konnte, als laut aufzulachen. Doch das brachte Leandros erst richtig in Rage. “Alles, was meiner Familie und meinen Freunden heilig ist, hast du mit Füßen getreten”, warf er ihr wutentbrannt vor. “Sämtliche Traditionen hast du ignoriert und nie begriffen, dass in Griechenland andere Regeln gelten als in England – erst recht für eine Frau”, fügte er verächtlich hinzu. “Der einzige Ort, an dem du dich halbwegs normal aufgeführt hast, war unser Ehebett.”
Mit jeder Anschuldigung, die auf sie niederprasselte, war Isobel tiefer in ihren Stuhl gesunken, und der letzte Vorwurf traf sie besonders. Meinte Leandros wirklich die Frau, die er geheiratet und zu lieben behauptet hatte? Meinte er jedes Wort so, wie er es gesagt hatte?
“Allmählich frage ich mich, warum ich dich nicht schon viel eher verlassen habe”, sagte sie benommen. “Offenbar hast du mich genauso verachtet wie deine Familie.”
“Ich habe dich geliebt”, widersprach er bestimmt.
“Vielleicht sollte dir mal jemand den Unterschied zwischen Liebe und Sex erklären”, erwiderte sie verbittert.
Dass Leandros es wagte, das Wort Liebe in den Mund zu nehmen, schlug dem Fass den Boden aus. Wenn er sich überhaupt je für seine Frau interessiert hatte, dann in besagtem Ehebett. Ansonsten hatte er sich möglichst von ihr fern gehalten und ihr stets das Gefühl gegeben, dass sie ihm kostbare Zeit stahl.
Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin? Muss das ausgerechnet jetzt sein? Das passt mir im Moment gar nicht.
So und ähnlich hatten die Formulierungen gelautet, mit denen er sie abgespeist hatte.
Zugehört hatte er ihr erst, als sie irgendwann den Spieß umgedreht und ihm im Bett die kalte Schulter gezeigt hatte. Dann hatte er ihr plötzlich zuhören können – wenn auch sehr ungeduldig und nicht aus Interesse an ihren Sorgen und Nöten, sondern an ihrem Körper. Und wie der Vormittag bewiesen hatte, waren ihm echte Gefühle heute so fremd wie damals.
“Warum bist du mir gefolgt, Leandros?” Die Frage drängte sich ihr förmlich auf, und entsprechend scharf stellte Isobel sie.
“Eigentlich wollte ich mich für mein Benehmen vorhin entschuldigen”, lautete die überraschende Antwort.
“Entschuldigung angenommen”, erwiderte sie, doch zu weiteren Zugeständnissen war sie nicht bereit. “Und wenn das alles war, was du von mir wolltest, kannst du jetzt ja gehen.” Und zwar für immer, fügte sie in Gedanken hinzu.
Doch erneut musste sie erleben, wie schwer es war, Leandros aus der Ruhe zu bringen. Anstatt ihrer unmissverständlichen Aufforderung nachzukommen, lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und lächelte herausfordernd.
“Hast du es so eilig, zu deinem Liebhaber zu kommen?”, erkundigte er sich dann.
“Was?” Isobel war fassungslos und
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