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Scheidung auf Griechisch

Scheidung auf Griechisch

Titel: Scheidung auf Griechisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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wissen, dass er die ungeheuerliche Frage ernst meinte. Und dass er sie für so schamlos hielt, brachte sie sofort zur Besinnung.
    “Ich fürchte, das wirst du selbst übernehmen müssen”, erwiderte sie und stand auf, um das Restaurant auf schnellstem Weg zu verlassen. “Und in Zukunft fragst du vielleicht lieber Diantha”, fügte sie hämisch hinzu.
    Doch zum zweiten Mal an diesem Tag musste Isobel erleben, wie das Raubtier in Leandros erwachte. Kaum hatte sie den ersten Schritt gemacht, packte er sie und zog sie auf seinen Schoß.
    Das alles war so schnell und lautlos vor sich gegangen, dass sie nicht einmal protestieren konnte. Es gelang ihr erst, als sie Leandros ansah und in seinen Augen las, was als Nächstes folgen würde.
    “Untersteh dich!”, warnte sie ihn, obwohl sie wusste, dass es bereits zu spät war. Denn im selben Moment presste er den Mund auf ihren und unterband jeden weiteren Protest, indem er die Zunge zwischen ihre bebenden Lippen schob.
    Ehe sie wusste, wie ihr geschah, endete der Kuss auch schon wieder. Als Leandros auch noch die Hände zurückzog, stand Isobel benommen auf und trat einige Schritte zurück. Jetzt erst merkte sie, dass sämtliche Gäste die Szene beobachtet hatten, und vor Scham wäre sie am liebsten im Boden versunken. Doch dass ihr der eigentliche Schock noch bevorstand, wurde ihr schmerzlich klar, als Leandros sich von seinem Platz erhob.
    Im selben Augenblick befiel sie der schreckliche Verdacht, dass er sich schweigend umdrehen und sie dem Gespött seiner Landsleute aussetzen würde. War er ihr deshalb gefolgt? Hatte er es darauf angelegt, sie in aller Öffentlichkeit zu demütigen und dann ebenso kommentarlos zu gehen, wie sie es am Vormittag getan hatte?
    Ein metallenes Geräusch riss Isobel aus ihren Gedanken. Zunächst glaubte sie, Leandros hätte einige Münzen auf den Tisch geworfen – nicht um ihren Kaffee zu bezahlen, sondern um sie vollends zu erniedrigen. Erst als er sich unvermittelt setzte, überwand sie sich und sah auf den Tisch. Doch was sie erblickte, besänftigte sie nicht.
    “Willst du ihn nicht wieder aufsetzen?”, fragte Leandros mit sichtlicher Genugtuung.
    “Ich glaube nicht …”
    “Tu, was ich dir sage”, unterbrach er sie schroff. “Solange wir verheiratet sind, muss ich darauf bestehen, dass du deinen Ehering trägst.”
    “Das dürfte sich kaum lohnen”, erwiderte Isobel trotzig und nahm wieder Platz. “Schließlich steht unsere Scheidung unmittelbar bevor.”
    “Irrtum”, entgegnete er triumphierend. “Ich habe doch klipp und klar gesagt, dass ich mich nicht mehr scheiden lassen will.”
    “Ich aber!”, behauptete sie nachdrücklich, um wenigstens sich selbst zu überzeugen. Denn dass Leandros ihr nicht glaubte, stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben. Und je länger er sie ansah, desto mehr lief sie Gefahr …
    “Wie du meinst”, sagte er in diesem Moment, beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass ihr Blick auf seine Hände gerichtet war, nahm er seinen Ehering vom Finger und legte ihn neben ihren.
    Isobel wusste sofort, was Leandros mit dieser Geste bezweckte, und hielt unwillkürlich den Atem an. Mit klopfendem Herzen sah sie auf die beiden goldenen Ringe, die, von der Größe abgesehen, identisch waren. Und in beide waren dieselben Worte eingraviert.
    Der Juwelier hatte sich zunächst über ihren Wunsch gewundert. Schließlich hatte er ihrem Drängen nachgegeben und den hoffnungslos romantischen Text in die Innenseiten der Ringe graviert. Denn da sie überstürzt und deshalb nur standesamtlich geheiratet hatten, wollten sie den Treueschwur, der für gute wie für schlechte Zeiten galt, auf andere Weise abgeben. Und die Worte
Nichts soll uns trennen
waren ihnen besonders geeignet erschienen, weil sich in ihnen außer dem symbolischen Versprechen der Wunsch nach körperlicher Nähe ausdrückte.
    Je blasser Isobel wurde, desto sicherer wurde sich Leandros, dass er es wagen konnte, aufs Ganze zu gehen. “Es gibt genau zwei Möglichkeiten”, sagte er, wohl wissend, für welche sie sich entscheiden würde. “Entweder gehen wir jetzt auseinander und lassen die Ringe hier liegen, oder wir stecken sie wieder an und überlegen gemeinsam, wie wir mit der Situation umgehen.”
    Nervös befeuchtete sie sich die Lippen. Früher hatte sie das häufig gemacht, um ihn zu provozieren, und so musste Leandros sich beherrschen, um nicht aufzuspringen und sie zu

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