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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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vielleicht dürr, denke ich, aber du hast ein Gesicht wie ein Schwein.
    Seine Augen sind schon weitergewandert, zu den anderen Mädchen neben mir. »Okay«, sagt er und grinst plötzlich übers ganze Gesicht. »Wollen mal sehen, was sie so zu bieten haben.«
    Unser Fahrer sieht uns an. »Zieht euch aus!«, befiehlt er auf Russisch.
    Wir starren ihn schockiert an. Bis zu diesem Moment hatte ich mir noch einen Funken Hoffnung bewahrt, dass die Frau in Minsk uns die Wahrheit gesagt hat, dass sie uns tatsächlich Jobs in Amerika besorgt hat. Dass Anja als Babysitterin für drei kleine Mädchen arbeiten wird, dass ich selbst in einem Geschäft für Brautmoden Kleider nähen werde. Selbst nachdem der Fahrer uns unsere Pässe abgenommen hatte, selbst als wir diesen steinigen Pfad entlangstolperten, dachte ich stets: Es kann immer noch alles gut werden. Es kann sich immer noch als wahr herausstellen.
    Keine von uns rührt einen Finger. Wir können immer noch nicht glauben, was er da von uns verlangt hat.
    »Habt ihr nicht gehört?«, sagt unser Fahrer. »Wollt ihr vielleicht alle so aussehen wie
sie?
« Er deutet auf mein verschwollenes Gesicht, das von seinem Schlag noch schmerzhaft pocht. »Los, macht schon!«
    Eines der Mädchen schüttelt den Kopf und beginnt zu weinen. Das macht ihn nur noch wütender. Sein Schlag lässt ihren Kopf herumwirbeln, und sie taumelt seitwärts. Er packt sie am Arm und zerrt sie hoch, greift in ihre Bluse und reißt sie auf. Schreiend versucht sie, ihn wegzustoßen. Der zweite Schlag streckt sie zu Boden. Als ob das noch nicht genug wäre, geht er auf sie zu und versetzt ihr einen brutalen Tritt in die Rippen.
    »So«, sagt er und dreht sich zu uns Übrigen um. »Wer will die Nächste sein?«
    Eines der Mädchen beginnt hastig, an den Knöpfen ihrer Bluse zu nesteln. Jetzt folgen wir alle dem Befehl, streifen unsere Blusen ab, öffnen die Reißverschlüsse unserer Röcke und Hosen. Sogar Anja, die schüchterne kleine Anja, zieht folgsam ihr Top über den Kopf.
    »Alles«, befiehlt unser Fahrer. »Alles ausziehen. Wieso seid ihr Schlampen bloß so lahm? Na ja, ihr werdet bald lernen, euch dabei ein bisschen mehr zu sputen.« Er geht auf ein Mädchen zu, das mit vor der Brust verschränkten Armen dasteht. Sie hat ihre Unterwäsche nicht ausgezogen. Er greift in den Bund der Unterhose, und sie zuckt zusammen, als er sie ihr vom Leib reißt.
    Die vier Amerikaner beginnen, uns zu umkreisen wie Wölfe, und lassen ihre Blicke über unsere nackten Leiber wandern. Anja zittert so heftig, dass ich ihre Zähne klappern höre.
    »Mit der hier werd ich mal ’ne Probefahrt machen.« Eines der Mädchen schluchzt, als sie aus der Reihe gezerrt wird. Der Mann macht sich nicht einmal die Mühe, die Vergewaltigung vor unseren Blicken zu verbergen. Er stößt das Mädchen einfach mit dem Gesicht gegen einen der Transporter, öffnet den Reißverschluss seiner Hose und dringt in sie ein. Sie stößt einen schrillen Schrei aus.
    Die anderen Männer treten näher und treffen ihre Wahl. Plötzlich wird Anja von meiner Seite weggerissen. Ich will sie nicht gehen lassen, doch der Fahrer windet meine Hand von ihrer los.
    »Dich will niemand haben«, sagt er. Er stößt mich in den Wagen und sperrt mich darin ein.
    Durch das Fenster kann ich alles sehen und hören. Ich höre das Lachen der Männer, die Schreie der sich sträubenden Mädchen. Ich kann den Anblick nicht ertragen, aber ich kann die Augen auch nicht abwenden.
    »Mila!«, schreit Anja. »Mila, hilf mir!«
    Ich hämmere gegen die verschlossene Tür, versuche verzweifelt, zu ihr zu gelangen. Der Mann hat sie zu Boden gestoßen und ihre Schenkel auseinander gezwungen. Sie liegt da, die Handgelenke in den Staub gedrückt, die Augen vor Schmerzen fest zugekniffen. Auch ich schreie, meine Fäuste trommeln an die Fensterscheibe, aber es gelingt mir nicht, aus meinem Gefängnis auszubrechen.
    Als der Mann endlich von ihr ablässt, ist er mit ihrem Blut verschmiert. Er zieht seinen Reißverschluss hoch und erklärt mit lauter Stimme: »Gut. Sehr gut.«
    Ich starre Anja an. Zuerst glaube ich, sie müsse tot sein, denn sie rührt sich nicht mehr. Der Mann blickt sich nicht einmal zu ihr um; stattdessen greift er in einen Rucksack und zieht eine Wasserflasche heraus. Er nimmt einen langen Schluck. Dabei sieht er nicht, wie Anja wieder zu sich kommt.
    Plötzlich springt sie auf und beginnt zu laufen.
    Während sie in die Wüste flieht, presse ich die Handflächen gegen

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