Schenk mir diese Nacht
gemacht."
"Nein, das hast du nicht", bestätigte sie traurig. "Ich finde, du solltest jetzt gehen", fügte sie leise hinzu.
Einen Moment lang, einen kurzen verwirrenden Moment
lang, schwankte er. Wenn er jetzt ging, würde er Gaye nie wieder halten, nie wieder ihre Lippen kosten, nie ihren makellosen Körper erkunden können. Dann kehrte die Vernunft zurück. Seine Freiheit war ihm wichtiger als alles andere. Oder?
"Ja, ich sollte jetzt gehen. Ich ... Leb wohl, Gaye." Dabei waren dies die letzten Worte, die er zu ihr sagen wollte!
Er musste ihr Lebewohl sagen.
Oder etwa nicht?
"Leb wohl, Jonathan." Sie schaute über seine Schulter hinweg auf einen Punkt an der Wand.
Er musste gehen.
Er wollte nicht gehen.
Aber er würde gehen.
Nach einem letzten sehnsüchtigen Blick auf ihr schönes blasses Gesicht wandte er sich um und verließ die Küche.
Und als hinter ihm die Haustür geschlossen wurde, hatte er das Gefühl, als würde sich auch eine Tür in seinem Herzen für immer schließen ...
15. KAPITEL
"Ich möchte mich nicht einmischen, Liebes ..."
"Dann lass es bitte, Mummy." Gaye versuchte, ihren Worten mit einem Lächeln die Schärfe zu nehmen. Die beiden Frauen räumten nach dem Abendessen die Küche auf.
"Du hast in den letzten beiden Wochen sehr viel gearbeitet", stellte Marilyn missbilligend fest.
"Wir sind in der Klinik unterbesetzt", entschuldigte Gaye sich. "Jahresurlaub, Krankmeldungen und dergleichen." Und sie hatte sich für so viele Schichten wie möglich gemeldet. Solange sie arbeitete, hatte sie keine Zeit, an Jonathan zu denken. "Und da Ben dich regelmäßig besucht, warst du auch nicht so oft allein" , neckte sie die Mutter.
Marilyn errötete. "Ben war sehr aufmerksam", räumte sie ein.
"Aber wir haben jetzt nicht von mir gesprochen ..."
"Nun, von mir werden wir auch nicht sprechen, Mummy."
"Gaye..."
"Mummy!"
Gaye hatte die qualvollen Wochen seit der Trennung von Jonathan nur durchgestanden, weil sie jeden Gedanken an ihn verbannt hatte. Vor der Begegnung mit ihm hatte sie ihr Leben für trist und inhaltslos gehalten, aber sie hätte sich nie träumen lassen, dass es eine solche Einsamkeit gab, eine Trostlosigkeit, die ihr fast das Herz zerriss.
"Was immer du sagen willst, Mummy - vergiss es."
"Ich kann doch nicht tatenlos mit ansehen, wie du leidest."
"Ich ... kann ... wirklich ... nicht ... darüber ... reden!" Der Kummer drohte, sie zu überwältigen. Zwei endlos lange Wochen hatte sie dagegen angekämpft. "Ich kann nicht, Mummy", fügte sie flehend hinzu.
Jonathan hatte sie verlassen, weil er sie nicht lieben konnte, weil er sich nicht überwinden konnte, irgendeine Frau zu lieben.
Und sie liebte ihn so sehr ...
Als ihre Mutter nichts darauf erwiderte, hob sie den Kopf.
Der Schmerz, der sich auf dem alterslos schönen Gesicht widerspiegelte, raubte Gaye den Atem. Schmerz? Diese Gefühlsregung hatte ihre Mutter in den letzten Jahren erfolgreich verdrängt.
Marilyn atmete tief durch und fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die sorgfältig geschminkten Lippen. "Ich bin in den vergangenen Jahren sehr unfair zu dir gewesen, Gaye.
Nein, lass mich ausreden", beharrte sie, als Gaye protestieren wollte. "Erst jetzt begreife ich dank Benjamins Hilfe, welche Last du allein tragen musstest, seit ..." Ihr Gesicht war blass.
"Liebst du Jonathan, Gaye?"
Gaye öffnete den Mund, um heftig zu widersprechen. Aber die Worte wollten ihr nicht über die Lippen. Stattdessen konnte sie ihre Mutter nur stumm ansehen.
Marilyn legte die Hand auf den Arm ihrer Tochter. "Er ist ein guter Mann, Gaye. Ich könnte mir keinen Besseren für dich wünschen. Und ich weiß ..." Sie schluckte. "Ich weiß, dein Vater hätte ihn auch gemocht."
Hätte. Nicht "wird", sondern die Vergangenheitsform!
"Mummy ..." Sie verstummte verärgert, als es an der Tür läutete. Sie erwarteten keine Besucher, da Ben anderweitig verabredet war. Das Gespräch mit ihrer Mutter war ihr zu wichtig, als dass sie es jetzt beenden wollte. "Mummy!" Sie hielt Marilyn zurück, die in die Halle eilen wollte. "Wir müssen miteinander reden." Sie hatten gerade einen gewaltigen Fortschritt erzielt, was die Genesung ihrer Mutter betraf!
Marilyn lächelte sie beruhigend an. "Keine Sorge, Gaye. Ich werde nicht vergessen, dass wir dieses Gespräch begonnen haben." Dann ging sie zur Haustür.
Gaye war völlig verwirrt. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was in den letzten vierzehn Tagen passiert war, weil sie sich in ihre
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