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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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ignorierte das Getuschel und die blöden Bemerkungen. Sami kam auf sie zu. »Bläst du mir auch einen?«
    »Dafür müsstest du erst mal einen haben.« Diesmal hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Trotzdem hatte sie einen Fehler gemacht. Natürlich dachten nun alle, dass die Geschichte mit dem Polizisten stimmte, dass sie eine Nutte war. Doch es machte ihr nichts aus. Nils’ Worte schützten sie. Ich habe mich in dich verliebt. Ich mich auch in dich, dachte sie. So sehr, wie sie es noch gestern nicht für möglich gehalten hätte.
    Die Stunden vergingen. In der Pause versuchte sie, mit Alina ins Gespräch zu kommen, doch die wandte sich ab, als Sandra auf sie zukam. Deshalb schicke Sandra ihr eine SMS. Freundinnen? Ja! Lass uns reden. Bitte!
    Vierte Stunde: Deutsch. Sandras Herz klopfte wie wild, als Nils das Klassenzimmer betrat. Gott sei Dank saß sie ganz hinten und allein. Sicher konnte man ihr die Verliebtheit ansehen. Er trug einen dicken Stapel Bücher, verschwand und kam kurz darauf mit einem zweiten zurück.
    »Ich habe über Marlenes Anregung nachgedacht, dass ihr lieber zeitgenössische Literatur lesen wollt. Das verstehe ich gut. Ich habe als Schüler Romeo und Julia auf dem Dorfe ätzend langweilig gefunden. Ehrlich gesagt, das tue ich heute noch. Wir weichen jetzt zwar vom Lehrplan ab. Aber wir machen das. Einverstanden?«
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich.
    »Gut. Ich habe euch den Roman eines amerikanischen Autors mitgebracht. Jay Asher.« Er griff nach einem Buch und hob es hoch. Ein rotes Cover. »Es heißt Tote Mädchen lügen nicht.«
    Einen Augenblick sah er in die Klasse. Alle schwiegen. »Die siebzehnjährige Hannah hat sich vor zwei Wochen umgebracht. Ihre Beweggründe für den Suizid hat sie auf sieben Tonbandkassetten gesprochen. Clay, der heimlich in Hannah verliebt war, bekommt die Kassetten eines Tages als Päckchen zugeschickt. Mit Hannahs Stimme im Ohr sucht er die Orte auf, an denen sie war. Klingt interessant, oder?«
    »Mädchenkram«, meinte Sami. Doch er war der Einzige, der sich sperrte.
    »Janina, teilst du mit Marlene die Bücher aus? Übrigens eine edle Spende meiner Mutter. Sie hat einen Buchladen und hat mir das Buch für euch empfohlen. Euer Geldbeutel bleibt also verschont.«
    Ein paar Mitschüler klopften auf die Bank. Janina und Marlene verteilten die Bücher und dann fasste Nils kurz die Ausgangssituation zusammen, ohne das Wort Mobbing zu benutzen. »Bis zur nächsten Stunde lest ihr die ersten drei Kapitel und dann diskutieren wir darüber.«

28
    Am Nachmittag übte Sandra mit Vanessa den Buchstaben H, doch ihre Gedanken waren bei Nils. Ständig sah sie seine Augen vor sich, seinen Mund, hörte seine Stimme. Sie hatten Handynummern ausgetauscht. Ob er anrief? Sie sehnte sich mit jedem Gedanken nach ihm und mit jeder Faser ihres Körpers.
    »Meine Finger tun weh«, jammerte Vanessa und holte Sandra aus ihren Tagträumen. Plötzlich fiel ihr ein, dass ja Donnerstag war. Zwanzig vor drei. Shit! Um drei musste sie bei Ihrigs zum Putzen erscheinen.
    »Ich muss los. Kannst du die Hausaufgaben bei Ayshe fertig machen?«
    »Klaro. Darf ich auch bei Ayshe übernachten? Sie hat ein neues Bett mit zwei Etagen und sie hat gesagt, dass ich oben schlafen darf.«
    »Na klar. Nimm deine Sachen gleich mit.« Sie suchten Zahnbürste, Waschzeug und Schlafanzug zusammen. Dann lieferte Sandra ihre kleine Schwester bei Öczans ab und machte sich mit dem Rad auf den Weg zu ihrer Putzstelle. Die Luft war schneidend kalt und Sandra klapperte beinahe mit den Zähnen, als sie kurz nach drei bei den Ihrigs klingelte.
    Sie putzte gerade die Küche, als ihre Arbeitgeberin mit ihrem Sohn an der Hand hereinkam. Beide trugen Winterjacken und Schals. »Ich hole meine Tochter bei einer Freundin ab und bin zurück, bis du fertig bist. Felix nehme ich mit. Falls das Telefon klingelt: Wir haben einen AB. Bis später.«
    Sandra war das ganz recht. So hatte sie Ruhe beim Arbeiten. Bevor sie jedoch in den Kinderzimmern saugen konnte, musste sie Berge von Legosteinen und Barbiesachen aufräumen. Im Elternschlafzimmer war, seit sie zum letzten Mal da gewesen war, nichts weggeräumt worden. Schmutzige Wäsche lag auf dem Boden und dazwischen tatsächlich ein benutztes Kondom. Igitt! Sandra zog die Putzhandschuhe über und warf es in den Müll. Was dachten die Leute sich dabei? Offenbar gar nichts.
    Die Arbeit lief gut. Sie war glücklich und beschwingt. Das Wohnzimmer hob sie sich bis zum Schluss auf. Da

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