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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Vaters.
    Kolopak strahlte. »Es war unglaublich. Mit eigenen Augen zu beobachten, was einst auch unsere Ahnen gesehen haben…
    Das hat mich zutiefst beeindruckt. Wir müssen am fünften Februar hierher kommen und das Heben des Himmels
    beobachten.«
    Chakotay streckte die steifen Glieder und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Er fühlte sich schrecklich, kalt und klamm, der Magen leer und die Blase voll. Die Vorstellung, dies alles noch einmal durchmachen zu müssen, ließ ihn schaudern. Er musste irgendeinen Ausweg finden.
    Mit geradezu erbarmungsloser Fröhlichkeit streckte sein Vater die Hand aus, half Chakotay auf die Beine und erzählte dabei von der Nachhaltigkeit des nächtlichen Erlebnisses, von den Reaktionen seiner Seele auf die Teilnahme an einem so alten und wichtigen Ritual. Wenn er Chakotays Zurückhaltung spürte, so ließ er sich davon nichts anmerken. Er sprach so, als hätten sie die Nacht und das seelische Abenteuer geteilt, aber in Wirklichkeit war er allein gewesen.
    »Lass uns gehen«, sagte Kolopak so kraftvoll, als hätte er die ganze Nacht tief und fest geschlafen. »Wir begegnen bald den Führern. Sie werden uns in die Wildnis bringen.«
    Ein Juckreiz veranlasste Chakotay, nach seinem Hals zu tasten. Dort fand er eine angeschwollene Stelle und presste den Finger so fest darauf, dass es schmerzte. Zumindest für den Moskito war die Nacht erfolgreich gewesen.
    Die Nacht mochte lang und unbequem gewesen sein, aber im Vergleich mit dem Marsch durch den Regenwald kam sie
    reinem Luxus gleich. Chakotay konnte einfach nicht glauben, dass sein Vater in den stinkenden Dschungel vorstoßen wollte, in dem es von Insekten und giftigen Reptilien wimmelte, nur um das Dorf ihrer Vorfahren zu finden. Vielleicht existierte es überhaupt nicht mehr. Vor über zweihundert Jahren hatte in diesem Gebiet ein Exodus stattgefunden. Wer wusste schon, was mit jenen geschehen war, die damals zurückgeblieben waren? Vermutlich hatten sie sich längst in die moderne Gesellschaft integriert und ihre alten Traditionen verloren.
    Genau diese Sorge hatte Kolopaks Stamm veranlasst, der Erde den Rücken zu kehren und sich auf einem mehrere tausend Lichtjahre entfernten Planeten niederzulassen, in der Hoffnung, dort ihre alte Kultur bewahren zu können.
    Chakotays Ansicht nach dienten solche Maßnahmen dazu, dass der Stamm in der Vergangenheit gefangen blieb und sich verzweifelt an jahrhundertealten Traditionen festklammerte, anstatt das Neue und eine aufregende Zukunft willkommen zu heißen. Was ihn betraf: Er war entschlossen, für sich einen Platz im vierundzwanzigsten Jahrhundert zu finden. Aber das musste er seinem Vater erst noch mitteilen.
    Sie stapften durch einen drückend heißen und unglaublich feuchten Dschungel. Chakotay glaubte, die Luftfeuchtigkeit als einen dunstigen Schleier wahrnehmen zu können. Grotesk große Insekten hingen in Schwärmen unter dem Baldachin der Bäume und summten laut, als ärgerten sie sich über die menschlichen Störenfriede. Die Gruppe bestand aus fünfzehn Personen: Chakotay, Kolopak sowie einheimische Führer und Träger. Der Junge fragte sich, was falsch daran gewesen wäre, sich einfach zum Ziel zu beamen. Warum mussten sie sich unbedingt wie bei einer alten Safari verhalten?
    Chakotay lenkte sich ab, indem er darüber nachdachte, wie er Kolopak von seinen Absichten erzählen sollte. Es war
    bestimmt nicht einfach. Er rechnete mit allen möglichen Reaktionen – Zorn, Enttäuschung, Kummer, Verbitterung –, hielt jedoch an seiner Entschlossenheit fest, dieses Thema so schnell wie möglich zur Sprache zu bringen.
    Aber wie? Indem er zunächst darauf hinwies, dass ihm die Lebensweise seines Vaters nicht gefiel und er seine eigene Wahl treffen wollte? Oder sollte er besser um Verständnis und Erlaubnis bitten? In Gedanken probierte er mehrere Versionen des Gesprächs aus, aber wie auch immer er begann: Das Resultat war enttäuschend.
    Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr, drehte den Kopf und sah genauer hin. Eine orangefarbene und grüne Eidechse huschte über einen Baumstumpf. Chakotay näherte sich ihr und hörte die mahnende Stimme seines Vaters: »Du solltest dich nicht von uns entfernen…«
    »Das wollte ich auch nicht«, erwiderte Chakotay. »Ich habe nur etwas gesehen.«
    Kolopak trat hinter ihn und bemerkte ein ins Holz des Baumstumpfes geritztes Symbol.
    »Antonio!«, rief er. »Sehen Sie sich an, was mein Sohn gefunden hat.«
    Antonio, ein heiterer, gut

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