Schicksalstage - Liebesnächte (German Edition)
belaubten Bäumen, prächtig blühenden Blumen und gepflegten saftigen Rasenflächen. Beinahe konnte sie die Blüten und das taufrische Gras riechen.
„Woher hast du das Foto?“
„Von der Website der Handelskammer runtergeladen.“
Sie atmete tief durch.
„Warum der Stoßseufzer?“
„Ich muss noch so viel über Computer lernen.“ Das war natürlich nur ein kleiner Teil dessen, was sie bedrückte. Sie liebte diesen Mann, und er behauptete, ihre Gefühle zu erwidern, und doch wusste sie nicht einmal, wer er war.
„Es ist gar nicht so schwer. Ich zeige es dir.“
„Wie heißt du?“
Jack schmunzelte. „Rumpelstilzchen.“
„Sehr witzig! Weißt du eigentlich selbst, wer du wirklich bist?“
Er drehte sich zu ihr um und sah ihr direkt in die Augen.
„Jacob McKenzie“, sagte er ernst. „Aber das ist nicht weiter wichtig.“
„Warum sollte es nicht wichtig sein?“
„Weil Jacob McKenzie tot ist. Begraben in Arlington, mit allen militärischen Ehren.“
Fassungslos, sprachlos starrte sie ihn an.
„Geh jetzt schlafen“, meinte er nur.
Sie war zu stolz, um ihn zu fragen, ob er ihr Bett zu teilen beabsichtigte. Sie war nicht einmal sicher, ob sie es überhaupt wollte. Sie liebte ihn von ganzem Herzen, daran bestand kein Zweifel. Aber sie hätten in verschiedenen Universen leben können, so anders waren ihre Welten. Sie war keine internationale Spionin, sondern ein Kleinstadtmädchen. Mysteriöse Machenschaften zählten nicht zu ihrem Repertoire als Betreiberin einer bescheidenen Pension.
Wortlos verließ sie den Raum. Sie ging zum Rezeptionspult in der Lobby, belastete Jacks Kreditkarte und brachte sie ihm zurück. Tonlos sagte sie: „Du musst eine Quittung unterschreiben, aber das kann bis morgen warten.“
Er nickte.
Ashley schloss die Tür des Arbeitszimmers hinter sich und stieg die Treppe hinauf.
Jack lauschte, bis er im oberen Stockwerk eine Zimmertür ins Schloss fallen hörte. Dann richtete er eine neue E-Mail-Adresse ein und begann zu tippen:
Hi, Mom,
nur eine kurze Nachricht, dass ich nicht wirklich tot bin …
Er klickte auf Löschen , gab den Namen seines Vaters in die Suchmaschine ein und öffnete die Homepage der Zahnarztpraxis.
Ein Bild von Dr. McKenzie erschien auf dem Monitor. In seinem weißen Kittel wirkte der alte Mann sehr vertrauenerweckend. Er hatte breite Schultern, dichtes silbergraues Haar und ein zuversichtliches Lächeln.
Wahrscheinlich sehe ich ihm eines Tages sehr ähnlich. Falls ich lange genug lebe …
Jack erkannte eine Traurigkeit in den Augen seines Vaters, die bestimmt nicht jeder Besucher der Seite wahrgenommen hätte. „Es tut mir leid, Dad“, murmelte er vor sich hin.
Aus den Tiefen des Lederbeutels ertönten die ersten Klänge des Countrysongs Folsom Prison Blues von Johnny Cash.
Alarmiert wühlte Jack zwischen T-Shirts und Unterwäsche nach dem Handy. Er prüfte das Display. Die Anrufernummer war unterdrückt. Deshalb nahm er das Gespräch nicht an, sondern wartete ab, ob eine Nachricht hinterlassen wurde.
Er benutzte dieses Wegwerfhandy unter dem Namen Neal Mercer; nur wenige Personen kannten die Nummer. Ardith. Rachel. Ein paar FBI-Agenten. Niemand sonst.
Es sei denn, Ardith oder Rachel haben sie jemandem verraten. Unter Zwang.
Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken.
Ein kleiner Umschlag flatterte über das Display.
Jack atmete tief durch und hörte die Mailbox ab.
„Hallo? Hier ist Ardith.“
Ihre Stimme klang verängstigt. Sie hatte ihren und Rachels Namen geändert, eine Eigentumswohnung in einer Stadt weit entfernt von Phoenix gekauft und ein neues Leben begonnen – in der Hoffnung, dass Lombard sie nicht aufspürte.
In aufgewühltem Ton fuhr sie fort: „Ich glaube, er weiß, wo wir sind. Rachel ist überzeugt, dass sie ihn heute Nachmittag gesehen hat, wie er am Spielplatz vorbeigefahren ist. Oh Gott, ich hoffe, dass Sie diese Nachricht erhalten. Bitte rufen Sie mich an.“
Er drückte die Rückruftaste. Handys waren mit der richtigen Ausrüstung und Fachkenntnis leicht abzuhören, und Lombard verfügte angesichts seiner illegalen Geschäfte vermutlich über beides. Womöglich holte er bereits zum entscheidenden Schlag aus – wenn Rachel wirklich ihn gesehen hatte und nicht nur jemanden, der ihm ähnelte.
„Hallo?“, meldete sich Ardith mit ängstlicher Stimme.
„Hier ist Jack. Sie müssen verschwinden. Sofort. Es muss schnell gehen.“
„Aber womöglich wartet er schon vor meiner Tür!“
„Ich schicke
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