Schicksalstage - Liebesnächte (German Edition)
nein“, murmelte er, kurz bevor er das Bewusstsein verlor.
9. KAPITEL
Das erste Geräusch, das Jack wahrnahm, war ein stetes Piepsen. Er schloss daraus, dass er sich in einem Krankenhaus befand. Der Himmel mochte wissen, wo.
Wahrscheinlich liege ich im Sterben.
„Jack?“
Mühsam schlug er die Augen auf und sah seinen Vater über sich gebeugt. Neben dem alten Mann stand eine hübsche Frau. Wäre sie nicht gewesen, hätte Jack geglaubt, er halluziniere.
Dr. William McKenzie, von Freunden und Angehörigen Bill genannt, lächelte und schaltete die Leselampe über dem Bett ein.
Der Lichtschein ließ Jack zusammenzucken. „Wie ich sehe, hast du immer noch sämtliche Haare“, stellte er sehr langsam und mit trockener rauer Kehle fest. „Oder du trägst eine ausgezeichnete Perücke.“
William lachte, obwohl seine Augen feucht schimmerten. Vielleicht waren es Abschiedstränen. „Du warst schon immer ein frecher Junge. Das ist mein echtes Haar. Und da wir gerade davon sprechen: Deins ist zu lang. Du siehst aus wie ein Hippie.“
Gibt es eigentlich heutzutage noch Hippies? In der Generation seines Vaters gab es zahlreiche. Jack vermutete sogar, dass sein Dad in seiner Jugend der Hippiebewegung angehört hatte. Es gab so vieles, das sie nicht voneinander wussten. „Wie habt ihr mich gefunden?“
„Nach dem Vorfall in Tombstone war es nicht besonders schwer, dich aufzuspüren. Du warst in sämtlichen Medien präsent. Du wurdest ins Krankenhaus von Phoenix eingeliefert, und dann hat sich ein Kongressabgeordneter mit mir in Verbindung gesetzt. Sobald du stark genug warst, habe ich dich nach Hause bringen lassen, wohin du gehörst.“
Nach Hause? Um zu sterben? Jacks Blick glitt zu der Frau. Sie schien sich unwohl zu fühlen. Meine Stiefmutter, dachte er und verspürte dabei einen Stich, weil seine Mom neben seinem Dad hätte stehen sollen, nicht diese Fremde.
„Abigail“, erklärte William. „Meine Frau.“
Sie nickte Jack zu, entschuldigte sich dann leise und eilte aus dem Zimmer.
William seufzte und blickte ihr nach.
Jack sah Zärtlichkeit auf dem Gesicht seines Vaters und dachte: Er scheint seinen Frieden gefunden zu haben. Nach einer Weile fragte er: „Wie lange bin ich schon hier?“
„Erst ein paar Tage.“ William räusperte sich. Einen Moment lang schien er auf den Korridor flüchten zu wollen, wie Abigail es getan hatte. „Dein Zustand ist sehr ernst. Du bist auf jeden Fall noch lange nicht über den Berg.“
„Ich weiß.“ Jack versuchte, sich in das wahrscheinlich Unvermeidliche zu fügen. „Und du bist hier, um Abschied zu nehmen?“
William biss die Zähne zusammen, genau wie früher, wenn er seine Söhne wegen eines Verstoßes zur Rechenschaft gezogen hatte. „Ich bin hier, weil du mein Sohn bist und weil ich dich für tot gehalten habe.“
„So wie Mom.“
„Über deine Mutter reden wir ein andermal. Momentan bist du gesundheitlich sehr angegriffen, und das ist schwer genug zu verkraften, auch ohne all die anderen Probleme.“
„Es geht um das Knochenmark“, rief Jack sich in Erinnerung, doch sofort dachte er an Ashley. Sie interessierte sich nicht sonderlich für die Medien, aber vermutlich hatte sogar sie die Meldungen über ihn verfolgt. „Um irgendein Gift, das speziell für mich zusammengebraut wurde.“
„Du brauchst eine Knochenmarkspende“, eröffnete William ihm. „Es ist deine einzige Chance. Und ehrlich gesagt, steht es selbst dann noch auf der Kippe. Ich bin bereits typisiert worden, ebenso wie deine Brüder. Bryce ist der Einzige, der passt.“
„Das Baby?“
„Ihm würde es nicht gefallen, so genannt zu werden.“ Er schmunzelte. „Dein Bruder ist bereit, sobald du es bist.“
Jack stellte sich Ashley vor, wie sie roch und sich anfühlte, wenn sie warm und nackt bei ihm lag. Im Geist sah er sie dann backen, mit dem Kätzchen spielen, am Computer sitzen – mit gerunzelter Stirn vor Verwirrung, aber auch mit einer Entschlossenheit, die er noch nie zuvor gespürt hatte.
Wenn ich diese Krise überstehe, kann ich zu ihr zurückgehen. Mein altes Leben gegen ein neues tauschen und nie wieder zurückblicken …
Aber wenn ein Kumpel von Lombard auftauchte und das unerledigte Geschäft zu Ende führte?
Er seufzte entmutigt. Es gab zu viele ungewisse Faktoren. Er durfte nicht wieder mit Ashley zusammen sein, selbst wenn er die Vergiftung mit viel Glück überlebte. Nur wenn er sich sicher sein konnte, dass er sie nicht in Gefahr brachte, hätten sie noch
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