Schicksalstage - Liebesnächte (German Edition)
bezahlte den Piloten der zweisitzigen Cessna, die er in Phoenix gechartert hatte, und nahm ein Taxi ins Stadtzentrum. Zum Glück war der Ort nicht groß, sodass er es pünktlich zu seinem Rendezvous schaffte.
Zu seinem Leidwesen waren zahlreiche Touristen unterwegs. Er hatte darauf gehofft, dass die Straßen ohne großes Aufhebens von der Lokalpolizei geräumt werden konnten, bevor die Schießerei losging.
Vor seinem Abflug hatte er den Behörden Hinweise auf den bevorstehenden Showdown gegeben, um ahnungslose Unbeteiligte zu schützen – und weil das FBI wie die Drogenfahndung alte Rechnungen mit Lombard zu begleichen hatten.
Er verstaute seine Habseligkeiten im Waschraum einer Tankstelle, steckte sich die Glock in den Hosenbund, deckte sie mit dem Hemd zu und trat hinaus auf die Straße. Er schlenderte über einen hölzernen Bürgersteig und gab vor, die Sehenswürdigkeiten zu betrachten, während er verstohlen sowohl nach Lombard und dessen Männern wie nach dem FBI und der Drogenfahndung Ausschau hielt.
Sein Handy klingelte. Er holte es aus der Tasche. „Ja?“
„Du hast das FBI eingeschaltet!“, zischte Lombard.
„Richtig. Du bist in der Unterzahl, Freundchen.“
„Ich werde dich erst ganz zum Schluss umlegen. Damit du mit ansehen kannst, wie all die Mommys, Daddys und Kids ins Gras beißen.“
Jack gefror das Blut in den Adern. Er hatte etwas in der Art befürchtet und deswegen Verstärkung gerufen. Aber wider jede Vernunft hatte er gehofft, dass ein Mensch, der selbst Vater war, doch nicht so tief sinken würde.
„Wo bist du?“, fragte er mit einer Gelassenheit, die er keineswegs empfand. Noch schlimmer war, dass sich wieder einmal einer dieser elenden Schwächeanfälle ankündigte.
Lombard stieß ein Lachen aus; es klang spröde und unheimlich. „Gleich hier oben.“
Jack hob den Blick. Auf einem Balkon auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand eine Gestalt in der Aufmachung eines Revolverhelden, komplett mit langem schwarzem Mantel, rundem schwarzem Hut auf dem Kopf und Gewehr in der Hand.
„Achtung, Schusswaffe! Alles runter von der Straße!“
Die Menschenmenge geriet in Panik, stob schreiend in alle Himmelsrichtungen auseinander. Erwachsene liefen aufgescheucht hin und her, um Kinder, alte Ladys und kleine Hunde in Sicherheit zu bringen.
Lombard hob das Gewehr; Jack zog die Glock.
Stille kehrte ein. Die ganze Stadt hielt den Atem an.
Und dann …
Ein Schuss zerriss die trügerische Idylle des sonnigen Januartags.
Doch keiner der Duellanten hatte seine Waffe abgefeuert. Die Kugel kam aus einer ganz anderen Richtung.
Wie in einer Filmszene segelte Lombard über das hölzerne Balkongeländer. Es zersplitterte und folgte ihm zu Boden.
Schrille Schreie gellten durch die Straßen. Für jeden Killer, den Lombard zur Verstärkung mitgebracht hatte, stellten die Umstehenden so wehrlose Zielscheiben wie eine Schar Enten auf einem Teich dar.
FBI-Agenten stürmten die Straße, schoben die Touristen in Restaurants und Hotels und Souvenirläden – äußerst effektiv, wenn auch etwas verspätet.
Jemand schoss eifrig Fotos; Jack nahm aus den Augenwinkeln ein ganzes Blitzlichtgewitter wahr. Langsam überquerte er die Straße.
Lombard lag reglos auf dem Bürgersteig – zumindest bewusstlos, wenn nicht im Sterben oder bereits tot. Aber auf jeden Fall war er blind gegenüber dem Tumult, den er so sehr genossen hätte. Er starrte mit leeren Augen in den blauen Himmel. Ein roter Fleck breitete sich auf seinem weißen Hemd aus.
Die Agenten rückten heran, Jack spürte eine Hand auf der Schulter, weitere Fotos wurden geschossen.
Wie aus weiter Ferne hörte er eine vertraute Stimme sagen: „Danke, McCall.“ Er drehte sich nicht zu dem langjährigen Bekannten um, den er aus Phoenix angerufen hatte. Unverwandt musterte er den Mann, der vor ihm auf dem Bürgersteig lag.
Lombard sah gar nicht wie ein Mörder oder Drogenhändler aus. Er wirkte kindlich-unschuldig wie ein Messdiener; sein Gesicht wies eine starke Ähnlichkeit mit Rachels Zügen auf.
„Wir konnten ihn nicht lokalisieren, bevor er sich auf dem Balkon gezeigt hat“, erklärte Special Agent Fletcher. „Wir vermuten, dass er das Kostüm aus einem der Fotoateliers entwendet hat.“
„Warum habt ihr die Straße nicht früher räumen lassen?“
„Weil wir erst kurz vor dir eingetroffen sind. Ist bei dir alles klar?“
Jack nickte, schüttelte dann den Kopf.
„Was denn nun? Ja oder nein?“
Er schwankte. „Ich glaube,
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