Schiffbruch Mit Tiger
Priester biss die Zähne zusammen -, »ob er eine echte Religion will oder Ammenmärchen.«
»Ob er Gott verehren will oder Götzen«, sagte der Imam mit Grabesstimme.
»Unsere Götter«, zischte der Pandit, »oder Kolonialgötter.«
Schwer zu sagen, wessen Gesicht das roteste war. Es fehlte nicht viel, und sie wären mit Fäusten aufeinander losgegangen.
Vater hob die Hände. »Bitte, meine Herren, bitte!«, rief er. »Darf ich Sie daran erinnern, dass in unserem Lande Freiheit der Religion herrscht!«
Drei empörte Gesichter starrten ihn an.
»Der Religion!«, riefen die drei Weisen im Chor. Drei Zeigefinger hoben sich wie Ausrufezeichen, um zu betonen, dass es ein Singular war.
Die unbeabsichtigte Choreographie machte sie verlegen. Die Finger verschwanden eilig, und jeder seufzte und brummte für sich. Vater und Mutter blickten starr vor sich hin und wussten nicht, was sie sagen sollten.
Der Pandit brach den Bann. »MrPatel, Piscines Frömmigkeit ist bewundernswert. In diesen schlimmen Zeiten ist es eine Wohltat, einen Jungen zu sehen, dem Gott so sehr am Herzen liegt. Da sind wir uns alle einig.« Der Imam und der Priester nickten. »Aber er kann nicht Hindu, Christ und Moslem zugleich sein. Das ist unmöglich. Er muss sich entscheiden.«
»Ich finde nicht, dass es ein Verbrechen wäre«, antwortete Vater, »aber Sie haben wohl Recht.«
Die drei murmelten Beifälliges und hoben, genau wie Vater, den Blick himmelwärts, weil sie anscheinend erwarteten, dass die Entscheidung von dort kommen müsse. Mutter sah mich an.
Das Schweigen lastete schwer auf meinen Schultern.
»Hmm, Piscine?« Mutter gab mir einen Stups. »Wie stehst du dazu?«
»Bapu Gandhi sagt, alle Religionen sind wahr«, plapperte ich los. »Ich will doch nur Gott lieben.« Ich blickte zu Boden, rot im Gesicht.
Meine Verlegenheit war ansteckend. Keiner sagte mehr etwas. Der Vorfall ereignete sich nicht weit von der Gandhi-Statue an der Esplanade. Der Mahatma schritt einher, Stock in der Hand, ein Koboldlächeln auf den Lippen, den Schalk in den Augen. Wahrscheinlich hatte er unsere Unterhaltung mit angehört, aber noch aufmerksamer, stellte ich mir vor, horchte er auf mein Herz. Vater räusperte sich und sagte ein wenig kleinlaut: »Das versuchen wir ja wohl alle - Gott zu lieben.«
Ich fand es zum Piepen, dass er das sagte, er, der, soweit meine Erinnerung zurückreichte, kein einziges Mal mit ernsthafter Absicht einen Tempel betreten hatte. Aber anscheinend waren es genau die Worte, die gebraucht wurden. Man kann doch einen Jungen nicht dafür tadeln, dass er Gott lieben will. Mit gequältem, eifersüchtigem Lächeln gingen die drei Weisen ihres Weges.
Vater sah mich kurz an, als wolle er etwas sagen, dann überlegte er es sich anders, fragte: »Will jemand ein Eis?«, und war schon zum nächstbesten Stand unterwegs, bevor wir etwas sagen konnten. Mutters Blick ruhte ein wenig länger auf mir, und ihr Ausdruck war zärtlich, doch auch perplex.
Das war meine erste Erfahrung mit dem Dialog der Weltreligionen. Vater kam mit drei Eiswaffeln zurück. Wir aßen sie, wie üblich, schweigend und setzten unseren Sonntagsspaziergang fort.
Kapitel 24
Ravi jubilierte, als er es erfuhr.
»Na, Swami Jesus, wann machst du deine Wallfahrt nach Mekka?«, fragte er und legte andächtig die Handflächen aneinander. »Du gehst doch auf den Hadsch, oder?« Er bekreuzigte sich. »Oder lieber nach Rom, Papst Pius?« Damit ich den Witz auch ja verstand, malte er den griechischen Buchstaben in die Luft. »Nur noch eine Frage der Zeit, bis du dir ein Stück von deinem Pimmel abschneiden lässt und bei den Juden eintrittst, hm? Wart's nur ab, bald rennst du am Donnerstag in den Tempel, am Freitag in die Moschee, am Samstag in die Synagoge und am Sonntag in die Kirche. Noch drei Religionen, dann hast du für den Rest deines Lebens frei.«
Und mehr in dieser Art.
Kapitel 25
Aber damit war die Sache noch nicht zu Ende. Es gibt ja immer diejenigen, die es sich zur Aufgabe machen, Gott zu verteidigen, als ob der Urgrund des Seins, dasjenige, das alles zusammenhält, schwach sei und ihre Hilfe bräuchte. Solche Leute gehen achtlos an einer von der Lepra entstellten Witwe vorbei, die um ein paar Münzen bettelt, sie lassen die zerlumpten Kinder am Straßenrand stehen und denken: »Was geht mich das an?« Aber wehe, sie glauben, jemand hätte ihren Gott gelästert. Dann schießt ihnen das Blut ins Gesicht, die Brust schwillt, sie schreien Zeter und Mordio. Man
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