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Schiffbruch Mit Tiger

Schiffbruch Mit Tiger

Titel: Schiffbruch Mit Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yann Martel
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herausgelassen?
    Ich rannte zur Treppe hinauf auf die Brücke. Da oben waren die Offiziere, die Einzigen an Bord, die Englisch sprachen, diejenigen, in deren Hände wir unser Schicksal gelegt hatten, diejenigen, die Hilfe in diesem Unglück wussten. Sie würden alles erklären. Sie würden meine Familie und mich in Sicherheit bringen. Ich stieg hinauf zur mittleren Brücke. Auf der Steuerbordseite war niemand. Ich lief nach Backbord. Ich sah drei Männer, Matrosen. Ich stürzte. Ich stand auf. Sie blickten über die Reling. Ich rief. Sie drehten sich zu mir um. Sie sahen mich an, dann sich gegenseitig. Sie wechselten ein paar Worte. Sie kamen auf mich zugelaufen. Ich spürte, wie Erleichterung und Dankbarkeit in mir aufwallten. »Gott sei Dank, dass ich Sie gefunden habe«, rief ich. »Was geht hier vor? Ich bin zu Tode erschrocken. Unten im Schiff ist Wasser. Ich sorge mich um meine Familie. Ich kann nicht mehr nach unten, auf das Deck, auf dem unsere Kabinen sind. Ist denn so etwas normal? Was wollen Sie -«
    Die Männer ließen mich nicht ausreden. Einer von ihnen warf mir eine Schwimmweste zu und rief etwas auf Chinesisch. Eine orangefarbene Trillerpfeife hing an der Weste. Die Männer blickten in meine Richtung und nickten heftig. Als sie mich packten und mit ihren kräftigen Armen in die Höhe hoben, fand ich überhaupt nichts dabei. Ich dachte, sie helfen mir. Ich war so voller Vertrauen, dass ich noch dankbar war, als sie mich hochhoben. Erst als sie mich über Bord warfen, kamen mir die ersten Zweifel.

Kapitel 39
    Ich landete auf der halb aufgerollten Plane eines Rettungsboots zehn Meter tiefer wie auf einem Trampolin. Es war ein Wunder, dass ich unverletzt blieb. Die Schwimmweste ging verloren, nur die Pfeife hielt ich noch fest in der Hand. Das Boot war halb heruntergelassen und baumelte in der Luft. Ich hing an den Halteleinen, schwang hin und her, fünf oder sechs Meter über dem Wasser. Ich sah nach oben. Zwei Männer blickten zu mir herunter, gestikulierten wild, zeigten auf des Rettungsboot und riefen. Ich sollte etwas tun, aber ich verstand nicht, was sie mir sagen wollten. Ich dachte, sie würden ebenfalls springen. Stattdessen drehten sie sich um, machten entsetzte Gesichter, und plötzlich kam etwas gesprungen, mit der Eleganz eines Rennpferds. Das Zebra verfehlte die Plane. Es war ein Hengst, ein Grantzebra, mindestens vier Zentner schwer. Mit einem lauten Krachen landete er auf der hintersten Bank, zerschmetterte sie, und das ganze Boot bebte unter dem Aufprall. Das Tier brüllte. Man hätte etwas wie das I-a eines Esels oder das Wiehern eines Pferdes erwartet. Aber es war nichts dergleichen. Am ehesten könnte man es als lautes Bellen beschreiben, ein
Kwa-ha-ha, Kwa-ha-ha, Kwa-ha-ha
in höchsten Tönen der Verzweiflung. Das Maul hatte es weit aufgerissen, die Schnauze in die Höhe gereckt, und ich sah das dunkelrosa Zahnfleisch, die gelben Zähne. Das Rettungsboot stürzte in die Tiefe, und wir schlugen auf das schäumende Wasser.

Kapitel 40
    Richard Parker sprang mir nicht nach. Das Ruder, das ich als Knüppel hatte nehmen wollen, schwamm. Ich klammerte mich daran und angelte nach dem Rettungsring, den sein voriger Benutzer zurückgelassen hatte. Es war entsetzlich im Wasser. Es war schwarz und kalt und wütend. Ich kam mir vor wie am Grunde eines einstürzenden Brunnens. Wasser traf mich von oben. Es brannte mir in den Augen. Es zog mich in die Tiefe. Ich bekam kaum noch Luft. Ohne den Rettungsring hätte ich keine Minute durchgehalten.
    Ein Dreieck fuhr durch das Wasser wie ein Messer, fünf Meter von mir. Eine Haifischflosse. Ein abscheuliches Kribbeln, kalt und nass, lief mir das Rückgrat hinunter und wieder hinauf. Ich schwamm, so schnell ich konnte, zum Vorderende des Bootes, dem Ende, das noch mit der Plane bedeckt war. Ich hievte mich mit den Ellbogen auf den Rettungsring hoch. Richard Parker war nirgends zu sehen. Auf der Plane war er nicht und auch nicht auf den Bänken. Er musste unten im Boot sein. Ich stemmte mich noch einmal hoch. Das Einzige, was ich sehen konnte, eine Sekunde lang, war am anderen Ende das Zebra, das den Kopf hin- und herwarf. Als ich wieder ins Wasser zurückfiel, tauchte eine weitere Rückenflosse gleich vor mir auf.
    Die leuchtend orange Plane war mit einem kräftigen Nylonseil fixiert, das sich durch Metallösen in dem Öltuch und stumpfe Haken in der Seitenwand des Bootes wand. Die Strömung hatte mich an den Bug getrieben. Am Vordersteven - der Bug war

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