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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Schaewen
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Italienliebha­ ber einen strammen germanischen Erdknollenfaschis­ ten machen.
      Auf keinen Fall würde er in diesem Jahr in einem Land Urlaub machen, in dem es immer nur Nudeln gab. Heute beim Frühstück hatte Marie wieder von Mexiko geschwärmt. Sie hatte etwas von lecke­ ren Nachos und Burritos erzählt, um ihm die Reise schmackhaft zu machen. Dabei kam es ihm doch gar nicht darauf an, irgendwelche exotischen Gerichte aus­ zuprobieren, die ihm am Ende doch wieder nur den Schweiß auf die Stirn treiben und ihn durstig machen würden. Mit Schrecken erinnerte er sich an die nächte­ langen Sitzungen in den ägyptischen Hotels, nachdem sie beim Fünf­Gänge­Menü an ranzige Kräuterbutter geraten waren.
      Zufrieden betrachtete Struve den Topf mit den Kartoffeln und stellte ihn auf den Herd. Er vergewis­ serte sich, dass sich die Matjesheringe in Sahnesoße noch im Kühlschrank befanden. Die Packung hatte er sich gestern nach Feierabend aus der Markthalle geholt, einem Großmarkt, in dem das halbe Bottwar­ tal zu Billigpreisen einkaufte. Struve mochte sonst eher kleine Geschäfte. Das entscheidende Kriterium waren für ihn Frische und kurze Wege vom Erzeuger zum Abnehmer. In die Markthalle fuhr er vor allem, wenn es schnell gehen musste. Dort gab es eine Expresskasse für Leute mit weniger als zehn Waren. Für Struve, den viel beschäftigten Kommissar, an manchen Tagen genau das Richtige.
      Das Klingeln seines Handys durchbrach die Stille. Es war Karl Littmann, sein ständig nörgelnder Kol­ lege aus dem Stuttgarter Polizeirevier, und deshalb sein Lieblingsfeind.
      »Na, Struve, wie gehts so am freien Tag?«
      Littmanns Stimme klang seltsam vergnügt. Bestimmt hatte er sich wieder eine Gemeinheit ausgedacht. Struve beschloss, ihm neutral zu begegnen.
      »Och, Sie wissen ja, werter Littmann, der Schwabe kommt ins Hudeln, wenn er mal nicht arbeiten darf – der Westfale hat dagegen seine eigene Philosophie: Er schweigt und genießt.«
      Karl Littmann lachte laut und ungehemmt in den Hörer. Es klang wie das Röcheln eines Tuberkulose­ kranken.
      »Tja, mit dem Genießen hat es sich wohl für heute. Mord in Marbach, mein lieber Kollege, Sie sollten zum Deutschen Literaturarchiv kommen. Dort liegt ein Mann tot im Keller der Handschriftenabtei­ lung.«
      Das war es dann wohl gewesen. Peter Struve blickte traurig auf seine Kartoffeln. Er schob den Topf mit einer Hand vom Herd und stellte den Drehschalter auf null.
      »Wer ist der Tote?«
      »Dietmar Scharf, der Mann der bekannten Schrift­ stellerin. Sie hat ihn heute Morgen als vermisst gemel­ det, weil er wohl gestern von einem nächtlichen Spa­ ziergang nicht zurückkam.«
      »Und wann war das genau?«
      »Sie sagt, er ist gegen 23.30 Uhr losgegangen. Sie haben beide im Parkhotel auf der Schillerhöhe gewohnt.«
      »Ah ja, im Parkhotel. Und im Schlosskeller hat die Lesung stattgefunden«, erinnerte sich Struve. Fast wären Marie und er hingefahren, aber sie wollte ihre wöchentliche Canasta­Runde mit den Nachbarn nicht opfern. Ihn interessierte die Lesung mehr, aber er hatte dann doch lieber Karten gespielt und seinen geliebten Lemberger vom Kleinbottwarer Götzenberg getrun­ ken. Jetzt ärgerte er sich, denn es wäre für die Lösung des Falls sicherlich von Vorteil gewesen, die Atmo­ sphäre des Abends auf sich wirken zu lassen.
      »Steht die Todeszeit schon fest?«
      Littmann lachte wieder laut, er bekam dabei fast einen Hustenanfall.
      »Guter Kollege, so schnell schießen die Preußen bei uns im Schwabenländle nicht. Das sollten Sie doch lang­ sam wissen. Die Leiche ist erst vor einer Viertelstunde entdeckt worden. Ziehen Sie sich warm an, es ist kühl da unten im Keller.«
      Peter Struve nahm tatsächlich einen Pullover mit. Er verließ das Haus. Die Sommerhitze drückte, es mochte schon fast 30 Grad warm sein. Wegen der ständigen Hitze hatte er seinen schwarzen VW Passat, einen soli­ den Jahreswagen zum Schnäppchenpreis, am Vortag unter einer Kastanie geparkt. In die Garage hätte er das Auto sowieso nicht stellen können. Der Raum war seit einem Jahr mit Sperrmüll vollgestellt. Marie weigerte sich hartnäckig, ihn zu betreten. ›Das ist dein Ding‹, hatte sie vor drei Monaten gesagt, kurz nachdem er im Garten mit einigen Freunden seinen 48. Geburts­ tag gefeiert hatte. Recht hatte sie, getan hatte sich seit­ dem aber nichts.
      Während er im Auto Platz nahm, kam ihm Littmann in den

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