Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Magen um, und ich sorgte für eine neue Schicht Kompost auf dem Urwaldboden.
Am fünften Tag hatte unsere Motivation einen Tiefpunkt erreicht. Es kam mir so vor, als wären wir die ersten Menschen, die sich auf diesem Planeten vergeblich zurechtzufinden versuchten. So ähnlich hatten sich Adam und Eva fühlen müssen.
Von wegen Paradies!
Wir alle waren mit Moskitostichen übersät, und Barbara hatte am Morgen beim Anblick eines Blutegels auf ihrem Schienbein einen hysterischen Schreikrampf erlitten.
Beherzt versengte Karin dem Blutegel mit dem Feuerzeug das Hinterteil, bis er losließ. Sofort suchten wir uns erneut von oben bis unten ab. Anette klebte ein fettes Exemplar an der linken Wade, und Karin wiederholte die Prozedur mit dem Feuerzeug. Erstaunlicherweise schafften wir es, Barbara doch noch zum Weitergehen zu ermutigen. Nur die Aussicht auf weitere Tierattacken, während sie bewegungslos auf dem Boden saß, überzeugte sie schließlich.
Wir folgten dem Seeablauf, um einerseits immer Wasser zu haben, und andererseits wussten wir, alle Flüsse münden ins Meer, und demnach musste es die richtige Richtung sein.
Vom trottenden Dahinwandern unaufmerksam geworden, stolperte ich jäh über etwas Hartes und schlug der Länge nach auf den Boden, wobei ich Anette, die vor mir ging, unsanft mit riss. Mein Handgelenk vermochte mich nicht genügend abzufangen, und ich schlug mit dem Gesicht auf dem Waldboden auf. Der modrige Geruch des Bodens dampfte mir entgegen, und ich spuckte hastig und angeekelt die Blätter aus.
„Verdammt. Was war das?“, rief Anette aus und rappelte sich, mühsam mit einigen Zweigen kämpfend, hoch.
Ich stöhnte und rieb mir das pochende Handgelenk.
„Sieht wie ein quadratischer Stein aus“, sagte Karin und suchte den Boden ab.
Ich hatte mir den rechten Ellbogen geprellt und den großen Zeh mächtig angestoßen.
„Das sieht aus wie eine alte Treppe“, sagte ich.
Langsam ließ der Schmerz in meinem Zeh nach, aber mein Rücken fühlte sich an, als würde ich jeden Augenblick in der Mitte durchbrechen.
„Die alten Mayas haben hier eine Menge Ruinen zurückgelassen“, bemerkte Karin.
Sicher suchte so mancher Archäologe sein ganzes Leben danach, aber ich musste prompt darüber stolpern. Typisch!
„Lasst uns mal sehen wo sie hinführt“, schlug Anette vor und zerteilte mit ihrem Stock das wuchernde Gestrüpp. „Sie führt hier den leichten Hang hoch“, hörten wir sie murmeln. „Vielleicht stoßen wir auf einen lange verborgenen Tempel mit einem Schatz drin ... Oh!“
Sie verstummte. Wir konnten ihr nur langsam folgen, weil das Dickicht hinter ihr wieder zufiel, als wäre nie ein Mensch zuvor hindurchgegangen. Ein alles verschlingender Urwald. Mir wurde flau. Leicht konnte man für immer abhanden kommen.
Wir rissen an den Ästen und schlugen eine schmale Schneise. Oben angekommen, standen wir staunend vor einer Ruine. Ein alter Tempel, der auf der Vorderseite mit Symbolen der Mayas oder der Inkas versehen war, die uns leider gar nichts sagten. Der Verdacht drängte sich auf, es könne bedeuten „Verschwindet, fremde Eindringlinge“ oder so etwas, und ich sprach es aus.
„Ach nein“, meinte Anette. „Woher hätten die Erbauer wissen sollen, dass der Tempel einmal versteckt im Urwald liegen würde. Es führt doch eine Treppe hinauf, das ist wie eine Einladung.“
Wir hatten keine Mühe, ein paar Schlingpflanzen vom Eingang zu entfernen. Sehr merkwürdig, denn ansonsten lag das Gebäude völlig frei vor uns.
„Warum hat der Urwald vergessen diesen Tempel zu überwuchern?“, sprach Karin meine Überlegung aus.
„Ist ja unheimlich“, sagte Barbara. „Kommt wir gehen wieder“, sagte sie und drehte sich um.
„Nein.“ Anette hatte der Forscherdrang gepackt. „Vielleicht bekommen wir den Eingang auf.“
Trotz der Hitze kroch eisige Kälte meinen Rücken hinunter. Meinte sie das ernst?
„Ich weiß nicht, Anette. Wie sollen wir das tonnenschwere Tor aufkriegen? Und selbst wenn, ich habe keine Lust jahrtausendealte miefige Luft einzuatmen und Skelette oder Ähnliches zu finden“, gab ich zu bedenken.
„Wenn man so eine alte Kultstätte findet, wird man berühmt, wisst ihr das nicht? Archäologen geben ein Vermögen für die Suche nach so einem Fund aus. Ich finde, wir sollten es wenigstens versuchen“, meinte sie und blickte enthusiastisch in die Runde.
„Ich will aber lieber weitergehen“, maulte Barbara und verscheuchte mit der Hand ein lästiges
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