Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
erleichterte.
Zwei weitere Tage waren vergangen. Auf den Spuren der Frauen kämpfte Jack gegen den Urwald, seine Bewohner und die Schmerzen, bis er an eine schmale Steintreppe kam.
Inzwischen war er sicher, sie lebten. Alle vier. Hoffentlich unverletzt. Es hatte ihn unglaublich erleichtert, wenigstens nicht mit dieser Schuld leben zu müssen. Der enorme Druck in seiner Brust, den er anfangs für die Folgen der Notlandung gehalten hatte, hatte sich deutlich verringert.
Er hatte ihre Lagerstätten gefunden und war ein guter Spurenleser. Das sind wirklich clevere Frauen, hatte er anerkennend zugeben müssen. Sie hatten es geschafft, die richtige Richtung zu bestimmen. Die Idee mit der Asche fand er genial, das hätte er einer Gruppe europäischer Stadtfrauen niemals zugetraut. Er hatte ihre Feuerstellen benutzt und am Wasserfall ihren Grill bewundert. Wie sie wohl die Fische gefangen hatten? Ihm war das nicht gelungen, sein Bein behinderte ihn zu sehr. Bisher hatte er sich von den streng rationierten Keksen ernährt und den gesamten Vorrat an Aspirin geschluckt.
An den Spuren erkannte er, dass sie sich hier eine Zeit lang aufgehalten hatten. Anscheinend waren sie die Treppe hochgegangen. Das Dickicht war niedergedrückt, so dass er oben eine Mauer sehen konnte. Sie waren also auf eine Ruine gestoßen. Klar, dachte er, so etwas fasziniert Touristen.
Stirnrunzelnd sah er sich nach Spuren um, um zu sehen, in welche Richtung sie weitergegangen waren. Es war jedoch nichts zu entdecken, also musste er dort hoch. Er besorgte sich mit Hilfe seines Messers einen weiteren Stock, damit er wenigstens behelfsmäßige Krücken hatte. Mühsam bewegte er sich die Stufen hinauf.
Auf der obersten Stufe hielt er schwer atmend inne und schaute sich um.
Die plötzliche Stille traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht, doch die Überlegung der möglichen Gründe dafür wurde von anderen Eindrücken überlagert. Ein großes Gebäude stand wie isoliert vom Urwald mit geöffnetem Tor vor ihm. Er unterdrückte die erneut aufkommende Übelkeit und ging darauf zu. Waren sie im Gebäude? „Hallo? Ist da jemand? Isabel?“
Eigentlich hatte er nicht ernsthaft mit einer Antwort gerechnet. Dieser Ort strahlte Verlassenheit aus. Langsam betrat er die Ruine, und seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Er kannte die Touristenplätze alle und hatte auch viel über Ausgrabungen gelesen. In dieser Gegend wurde seines Wissens nach nichts gefunden.
War hier wirklich seit Tausenden von Jahren kein Mensch mehr gewesen? Gespenstisch. Er kramte in seiner Hosentasche nach seinem alten Benzinfeuerzeug und entdeckte im flackernden Lichtschein einen Durchgang zum zweiten Raum. Verdammt, die Frauen konnten sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Im zweiten Raum leuchtete er die Wände ab und staunte über die Reliefs. Was für eine faszinierende Kultur. Das Licht fiel auf einen Steinquader in der Mitte des Raumes. Er trat näher und hörte ein Geräusch, ein Summen, ein Vibrieren, unheimlich.
„Was zum ...? Sieht aus wie ...“
Fasziniert blickte er in das verschiedenfarbig leuchtende, wunderschön geschliffene Kunstwerk aus längst vergangener Zeit. Ein unwiderstehlicher Drang, es zu berühren, erfasste ihn, und er legte langsam und zögernd eine Hand auf den Kristall. Das Summen wurde lauter, es verwandelte sich in ein Dröhnen, ihm wurde schwindelig, er dachte an die Kreislauftropfen in seinem Rucksack, dann fühlte er, wie seine Beine versagten, doch noch bevor er auf dem Boden aufschlug, hüllten ihn Dunkelheit und Vergessen ein. Dort, wo er gestanden hatte, lag sein Feuerzeug auf dem Boden und brannte, bis das Benzin zu Ende ging.
2
Ich spürte die sengende Sonne auf meinem Gesicht. Was war geschehen? Zwar konnte ich denken, aber mein Körper schien wie abhanden gekommen. Vögel zwitscherten. Ein Spatz schimpfte.
Ein Spatz?
Spatzen im Urwald, wo gibt es denn so etwas? Da waren noch andere vertraute Geräusche. Ich vernahm das fröhliche Gezwitscher von Vögeln aus meiner Heimat, wo man doch eigentlich allerhöchstens Urwaldgeräusche erwarten durfte.
Wo war ich bloß? War ich vielleicht tot?
Ich hatte keine Angst, ich war nur furchtbar müde und wollte am liebsten schlafen. Ein ungutes Gefühl verriet mir, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war nur eine Ahnung, doch sie arbeitete sich langsam in mein Bewusstsein vor. Ich zwang mich zur Konzentration auf meine Augen, und ein Lid regte sich. Von gleißenden Sonnenstrahlen
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