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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Innenseite des Unterteils wies ein kompliziertes, asymmetrisches Muster auf, ein geschwungenes Gitter aus Silber und Gold und Splittern, die aussahen wie klarer Kristall. Wenn es noch andere Juwelen in dem Ei gab, so waren sie auf den ersten Blick nicht zu sehen.
    Ein rhythmisches Piepsen riß Laurel aus ihrem Gedankengang.
    Swann zog das Ende seines losen Hemdes hoch und griff nach dem Piepser, der an seinem Gürtel hing. Die Bewegung enthüllte abermals den Pistolenknauf. Schwarz, tödlich, aber eigenartig schön wie ein Stealth-Bomber: ein praktischer Kunstgegenstand für einen praktischen Mann.
    Als Swann auf den Monitor des Piepsers sah, nickte er, als hätte er erwartet, genau die dort angezeigte Nummer zu sehen.
    »Da drüben«, sagte Laurel und zeigte auf das Telephon am anderen Ende des Raums.
    Swann ging hinüber, drückte ein paar Zahlen und wartete ab. Seine Miene verriet nicht, ob er erfreut, verärgert oder gleichgültig angesichts dieser Unterbrechung war.
    »Ich bin’s«, sagte er, als jemand abnahm. »Was gibt’s?«
    Er hörte kurz zu.
    »Was hat er gesagt?« fragte er dann.
    Während er weiter in die Leitung lauschte, spürte Laurel, wie sich der Graben zwischen ihr und ihrem Vater mit jeder Sekunde verbreiterte. Den zärtlichen Vater oder gar den Liebhaber, der immer noch um eine Frau trauerte, die vor sieben Jahren gestorben war, gab es nicht mehr.
    Jetzt war Swann das, was das Leben aus ihm gemacht hatte, was er freiwillig geworden war - ein Vertragskrieger. Ein angemietetes Muskelpaket. Vielleicht sogar ein Mörder.
    Ich selbst habe genügend Hälse aufgeschlitzt.
    »Dann drück seine Eier ein bißchen fester zusammen«, sagte er entschieden. »Drück sie zusammen, bis sie rausquellen. Dann zeigt er sich schon kooperationsbereit.«
    Swanns Augen verschwanden fast hinter einem kalten Grinsen.
    »Drück fester«, wiederholte er knapp. »Ich mach mich auf nach Süden. In ein paar Stunden bin ich da.«
    Nachdem er eingehängt hatte, starrte er das Telephon einen langen Moment an, als suche er dort nach einer Entscheidung. Schließlich blickte er sich um. Als er Laurel sah, riß er die Augen auf, als hätte er ganz vergessen, dass er nicht allein war.
    »Brauchst du sonst noch was von mir?« fragte Laurel.
    Ihre Kehle war so zugeschnürt, dass ihr die Stimme versagte.
    Swann starrte sie reglos an, doch langsam wich sein finster entschlossener Gesichtsausdruck einer Art trüber, grauer Melancholie.
    »Ich brauche ein paar Minuten für mich«, sagte er ruhig. »Ich - also, ich muss ein Telephongespräch führen. Danach nehme ich das Ei und verschwinde. Und du vergißt alles, was passiert ist. Alles. Verstanden?«
    »Das Paket kam niemals hier an. Ich habe es niemals aufgemacht. Du warst niemals hier.«
    Einen Augenblick sah Swann seine Tochter überrascht an. Dann blinzelte er, grinste und war wieder ganz der alte, fröhliche Pirat.
    »Wenn du dich daran hältst, wird alles gut werden«, sagte er beifällig.
    »Bist du in Gefahr?« fragte Laurel ausdruckslos.
    »Lauf nach oben. Wenn du in zehn Minuten runterkommst, bin ich weg.«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Mach dir um mich keine Sorgen. Ich kann auf mich aufpassen.«
    Sicher, dachte Laurel. Darum bist du auch in diesen Schwierigkeiten.
    »Ich lasse dir die Nummer meines Piepsers da«, sagte Swann.
    Er ging zu dem Notizbrett, auf dem Laurel mit verschiedenfarbigen Stiften ihre nächsten drei Projekte und mit Rot die Telephonnummern verschiedener amerikanischer Edelsteinlieferanten aufgeschrieben hatte. Der roten Liste fügte Swann eine 800er Nummer und einen Piepsercode hinzu.
    »Aber ruf nicht an, um mich zu fragen, wie es mir geht«, sagte er.
    »Habe ich das jemals getan?«
    »Ich habe dir auch noch nie die Gelegenheit dazu gegeben.«
    Dann wandte er sich ab. Laurel stand dicht neben ihm, das Gesicht vor Anspannung in tiefe Falten gelegt.
    »Laß deinen Anrufbeantworter an, Baby«, sagte er und küßte sie auf die Stirn. »Ich melde mich.«
    »Dad, was...«
    »Geh nach oben«, unterbrach er sie, aber seine Stimme klang sanft. »Es ist alles in Ordnung. Und du hast nichts mehr mit der Sache zu tun, du bist wieder in der Welt deiner netten Moral.«
    Er legte die Hände auf ihre Schultern, drehte sie um und zeigte auf die Treppe. Widerstrebend ging sie ein paar Stufen hinauf, während sie verzweifelt nach Worten suchte, die alles ändern könnten.
    Aber etwas anderes als die Worte, die auch in der Vergangenheit nie etwas geändert

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