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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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überzogen war. Mit einem stummen Gebet, mit dem sie sich für jeden Schaden entschuldigte, den sie vielleicht versehentlich anrichtete, beugte sie sich über das juwelenbesetzte Ei.
    Innerhalb weniger Augenblicke war Laurel ganz in die Aufgabe versunken, das versteckte Geheimnis des Eis zu lüften. Die Edelsteine selbst kamen nicht in Frage, aber sie untersuchte eingehend die Fassungen, hinter denen vielleicht ein Mechanismus verborgen lag.
    Nichts.
    Unverdrossen wandte sich Laurel der soliden, goldenen Filigranarbeit zu. Sie war wunderschön gewunden und so raffiniert gelötet, dass man keine einzige Bruchstelle sah, keine Abweichung, nichts, das den Weg wies, wie man das Ei ohne Beschädigung öffnete.
    Mit gerunzelter Stirn richtete sie sich auf.
    »Nichts, eh?« fragte Swann, der ihre Miene richtig deutete.
    »Noch nicht«, gab sie zu.
    »Nun, wir können es immer noch auf meine Art versuchen«, sagte er und streckte die Hand aus.
    »Nein!«
    Nachdrücklich schob Laurel die Hand ihres Vaters fort.
    »Gib mir noch ein paar Minuten«, sagte sie. »Soviel Zeit hast du doch sicher übrig, um etwas so Schönes wie dieses Kunstwerk zu erhalten.«
    »Okay. Aber nur ein paar Minuten, Laurie. Jede Sekunde, die dieses Ding in deiner Wohnung ist, erhöht die Gefahr, dass du mit in die Sache hineingezogen wirst.«
    Ohne eine Erwiderung beugte sich Laurel erneut über das Ei.
    Während Swann wartete, beobachtete er sein Kind. Er sah sich selbst in den winzigen Falten zwischen ihren schwarzen Brauen und in ihrer gesammelten Konzentration. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie sein Leben wohl ausgesehen hätte, wäre er beständiger gewesen und die Welt weniger kriegerisch.
    Die Zeit geht immer nur in eine Richtung.
    »Das Wichtigste an dem Ei ist die Überraschung, nicht wahr?« murmelte Laurel zu sich selbst.
    »Kunst war noch nie meine besondere Stärke.«
    »Das letzte, was Fabergé gewollt hätte, wäre Ärger für den Zaren«, sagte Laurel. »Aus diesem Grund muss ein möglicher Öffnungsmechanismus leicht zu handhaben sein. Versteckt, ja, aber trotzdem leicht zu finden.«
    Laurel nahm das Ei in die rechte Hand, als wäre es ein Geschenk, das sie gerade erst ausgepackt hatte. Einer ihrer Finger glitt ganz von selbst über einen komplizierten Filigranknoten. Es gab noch andere solcher Knoten in dem Netz, aber keiner der anderen war an der Stelle platziert, an der ein Rechtshänder das Ei als erstes berühren würde.
    Einer der Filigranfäden hob sich unmerklich ab.
    »Oh, du warst wirklich ein gerissener Höfling«, flüsterte sie einem schon lange verstorbenen Künstler zu. »Versteck es gerade genug, dass man ein Gefühl des Sieges verspürt, wenn man es entdeckt, aber versteck es nicht so gut, dass dein Herr und Meister die Geduld verliert.«
    »Hast du den Mechanismus gefunden?« fragte Swann aufgeregt.
    »Ich glaube, ja.«
    Swann streckte die Hand nach dem Ei aus, aber Laurel trat mit ihrer Person dazwischen.
    »Warte«, sagte sie. »Er ist sehr heikel.«
    Vorsichtig drückte Laurel auf den abgehobenen Faden und versuchte, ihn erst in die eine Richtung zu bewegen und dann in die andere. Es gab ein leises metallisches Klicken, als sich plötzlich ein versteckter Hebel verschob.
    Die juwelenbesetze Schale teilte sich, als hätte man ein weichgekochtes Ei geköpft. Als der Deckel aufsprang, schob ein versteckter innerer Mechanismus einen roten Edelstein in der Größe eines Vogeleis heraus.
    »Mein Gott«, flüsterte Laurel, erschüttert von der Größe des Juwels.
    Der Stein war tiefrot, mit großen, flachen Facetten. Trotzdem verströmte er eine magische, nahezu lebendige rubinfarbene Glut.
    »Darum nennen sie das Ding die Rubin-Überraschung«, sagte Swann.
    Laurel hörte ihren Vater kaum. Sie konzentrierte sich ganz auf den Stein. Die Farbe war zu dunkel, um als Taubenblut beschrieben zu werden, wie es sonst bei Rubinen üblich war. Aber der Edelstein wirkte absolut makellos.
    »Einen solchen Stein habe ich noch nie gesehen«, sagte sie. »Das Licht strömt geradezu durch ihn hindurch. Ich denke, das Porträt des Zaren sollte auf eine der Facetten graviert werden.«
    Swann knurrte.
    »Aber die Farbe weicht selbst vom höchsten Standard ein wenig ab«, erklärte sie. »Der Rubin hätte kaum zu irgendwelchen anderen Steinen gepaßt. Er ist zu dunkel.«
    »Wie Blut, das gerade trocknen will«, sagte Swann.
    Bei dieser Assoziation verzog sie das Gesicht und wandte den Blick von dem hypnotisierenden Stein.
    Die

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