Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
Vom Netzwerk:
Moment
mal!
    Antwort: Ja?
    Frage: Sie wurden
alle beide vertauscht, sagten Sie?
    Antwort: Ja. Was
ist daran verwunderlich?
    Frage: Wo gibt's
denn so was!
    Antwort: Mein Gott,
wieso nicht? Sie wurde im Palast vertauscht, er auf der Säuglingsstation.
    Frage: Was denn
für einem Palast?
    Antwort: Warum
fragen Sie nicht: was für einer Säuglingsstation? Da sieht man's mal wieder!
Die Leute wollen immer nur wissen, wie so etwas in Palästen vor sich geht, auf
gebohnertem Parkett, wo die Kriegsveteranen, insbesondere die einbeinigen, auf
dem Empfang ins Rutschen kamen, sich aneinander festhalten mussten, während
der König von Preußen wahnsinnig schnell aß, und immer wenn er mit einem Gang
fertig war, wurden auch bei allen anderen die Teller ausgetauscht. Und keiner
interessiert sich für das Kreiskrankenhaus: Der diensthabende Arzt war abwesend
und die Nachtschwester sturzbetrunken. Zuerst war die Aufnahme überhaupt
verweigert worden; erst als man das Dach der Geburtsklinik zu reparieren
versprach, lenkten sie ein. Medikamente gab es schon lange keine mehr, was
überhaupt geliefert wurde, verkaufte die Chefärztin anderswohin oder - auf dem
Umweg über Verwandte - an ihre Patienten zurück. Alles musste man von zu Hause
mitbringen: Bettwäsche, Kittel und so weiter. Husten wurde mit Hundefett
behandelt, das man von eingefangenen herrenlosen Hunden gewann. Hören Sie?
    Frage: Entschuldigen
Sie, ich war mit den Gedanken woanders. Sehen Sie doch mal, da hinten die
Antenne vor dem Sonnenuntergang, gleicht sie nicht einem in Bernstein
eingeschlossenen Insekt? Ach nein, lassen Sie, ich habe mich einfach verguckt.
Aber was soll dieses Vertauschen für einen Sinn haben?
    Antwort: Was für
einen Sinn, fragen Sie? Der Vater ist zwar Kaiser, aber Äthiopier, und das Kind
ist weiß. Der Vater wird die junge Mutti zur Rede stellen, was soll sie sagen?
Dass sie im Moment der Zeugung eine schneeweiße Andromeda geschaut hat? Die
reinste Aethiopika, Alter!
    Frage: Na schön.
Und in der Klinik?
    Antwort: Dort war
es umgekehrt. Da kam kein Orotsche heraus, sondern ein kleines Negerlein! Was
tun? Ha, auf einmal brennt es! In Zarjowo-Sajmischtsche entglomm ein Feuer, die
halbe Stadt brannte ab dabei. Ist ja auch eine furchtbare Dürre gewesen! In dem
Tohuwabohu hat man sich ein fremdes Kind geschnappt, dessen Mutter gerade in
den Flammen umgekommen war - und ab durchs Fenster. Das eigne Kind dem
Schicksal überlassen. Und alle Urkunden sind verbrannt. Die Ermittlungen
ergaben, dass nachlässiger Umgang mit offenem Feuer zum Brand geführt hat:
Irgend so ein dummes Huhn, das zwar nur einmal pro Monat ein Ei legte, aber
täglich seine Frisur auffrischte, hatte in der Eile vergessen, den
Bunsenbrenner auf dem Tisch abzustellen, mit dem sie die Lockenwickler erhitzt
hatte; Mullgardinen vor dem Fenster, die ein Luftzug bauschte, berührten die
Flamme und entzündeten sich. Nur dass unser Volk, martialisch, wie es nun mal
ist, einen Sündenbock braucht: Die Schauspieler seien an allem schuld gewesen!
Diese nun - verhinderte Künstlertheatergrößen allesamt - kamen schlaftrunken,
in bloßer Unterwäsche aus dem Gasthaus gestolpert. Wie vor den Kopf geschlagen,
rafften sie ihre Koffer zusammen, luden sie auf einen Karren und kämpften sich
durch den brennenden Ort zum Fluss. Feuersturm, eine Helligkeit wie am
helllichten Tag. Gejammer und Geschrei allenthalben, viele Betrunkene. Die
Feuerwehr ging als Erstes daran, die Kneipen und Schnapslager zu löschen, die
Großstädter interessierten sie herzlich wenig. Sehr bald aber wurden die
Schauspieler aufgehalten: Habt ihr auch kein Diebesgut auf euerm Karren? Im Nu
waren sie umzingelt von Weibern, die, erzürnt und verbittert, weil nunmehr ohne
Dach überm Kopf, mit Kleinkindern am Rockzipfel, dem Pferd in die Zügel
fielen, nach ihren Männern riefen: Kommt her, wir haben sie, die Brandstifter,
das sind sie, schlagt zu! Nur feste! Man kann es diesen armen, ausgebrannten
Frauen gar nicht krummnehmen. Die Schnapsnasen kamen gerannt, gingen den
Großstädtern an die Gurgel, rissen sie in den Dreck. Frauen, die gerade Wasser
schleppten, droschen mit den Eimern auf sie ein. Schlugen sie zu Tode. Die
entstellten Leichname wurden zum Fluss gezerrt und versenkt. Eine spuckte einem
Toten in den offenen Mund.
    Frage: Hinterher
stellte sich heraus, dass sie es gar nicht gewesen waren?
    Antwort: Natürlich
nicht. Aber was da einmal vom Zaun gebrochen war, ließ sich schwer aufhalten.
Die Bauern steckten

Weitere Kostenlose Bücher