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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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aus den eisernen
Fängen, schrie, ihre Stimme verwehte es ans andere Rohrende, Kamineffekt. Als
es vorbei war, kroch sie nach draußen, zog sich den Slip hoch, Wollschlüpfer,
dicke Strumpfhosen, Wattehosen - und nirgends einer zu sehen. Schnee fiel.
Nicht einmal frische Spuren gab es, nur alte, überpuderte. Es schneite
Riesenflocken, wie Kinderhände so groß. Von wegen goldene Strahlen, goldener Regen,
Schwäne und Tauben, das gibt es nur bei den anderen - bei uns fällt im Winter
Schnee.
    Frage: Augenblick
mal, das geht jetzt in die falsche Richtung. Auf die Art geraten Sie schnell in
graue Vorzeiten: bis zu jenem Urahn, der einmal zu einer Traubenkur am Genfer
See weilte und Paganini kennenlernte, welcher damals schon an allgemeiner
Entkräftung und beginnender Lähmung des Atemapparats litt und sich beim
Sprechen mit zwei Fingern die Nase zuhielt, was einigermaßen komisch wirkte,
während die Vorfahren einer anderen, inzwischen ausgestorbenen Linie zur selben
Zeit Krebse fingen: Sie nahmen eine tote Katze, hackten ihr die Pfoten ab und
steckten die in die Krebshöhlen.
    Antwort: Sie haben
recht. Zeit ist im Winter eine rutschige Angelegenheit. Der Fuß kommt ins
Schlittern, und es ist ungewiss, wo und wann man aufklatscht. Hast du nicht
gesehen, steckst du im Russisch-Türkischen Krieg! Und kannst von Glück reden,
wenn nur in den Schneewehen am Schipkapass. Schiimmerenfalls hockst du in einem
Loch, dessen Namen keiner kennt, wo Zeitungen, wenn überhaupt, im Bündel
eintreffen. Du greifst nach der jüngsten Ausgabe, Mascha!, brüllst du deiner
Alten ins Ohr, General Ganezki hat Plewna eingenommen, hörst du, Mascha? Osman
Pascha hat sich bedingungslos ergeben! Während sie, die wie immer alles der
Reihe nach liest, dich missmutig anzischt: Kannst du nicht abwarten? Da bin ich
noch lange nicht, ich bin erst vor Dolni Dubnik, da belagern sie demnächst die
Festung.
    Frage: Hören Sie,
so kommen wir im Nu auf die alten Griechen! Dann ist Xenophon nur eine Frage
der Zeit. Aber vorher muss es noch eine Schlacht geben, die Hellenen müssen den
Paian anstimmen, das werden Sie doch wohl einsehen? Wir müssen in die andere
Zeitrichtung! Alles schön der Reihe nach! Wir waren im Mlywo. Ja?
    Antwort: Wir sind im Mlywo,
hier hat die Zeit keine zwei Enden, sie ist überhaupt schwer zu begreifen, und
draußen ist Winter.
    Frage: Wie ging
es weiter?
    Antwort: Sie wurden
von Räubern überfallen. Das heißt wir, Chloe und ich. Wir oder ihr, das ist
einerlei. Sind doch sowieso alle vertauscht worden. Du bist gar nicht du. Ich
bin nicht ich. Wir sind nicht wir. Sie sagten ja selbst, wir seien nur
Handschuhe. Fäustlinge, die der Geschichte im Winter übergestülpt werden, als
Schutz gegen den Frost.
    Frage: Hm... Wir
sollten wohl mal eine Pause einlegen.
    Antwort: Was wollen
Sie damit sagen? Glauben Sie mir nicht, dass wir von Räubern überfallen wurden?
    Frage: Ich weiß
nicht. Wer ihr wirklich seid, kriegen wir sowieso nicht raus. Ihr kommt hier
rein in mein Fischkabinett, erzählt etwas, das nicht ist und nie war, stottert,
ächzt, schnieft, greint mir was vor, zeigt ärztliche Bulletins, krempelt Hosen
und Pullover auf, um Narben vorzuweisen - als ließe sich so besser glauben,
dass ihr am Haken gehangen habt. Ihr bittet um Wasser, wischt euch Rotz und
Tränen mit Papiertaschentüchern ab, von denen immer ein Päckchen vor euch auf
dem Tisch liegt, wisst nicht, wohin mit den Händen, knabbert an den Nägeln,
polkt Splitter aus den Fingern, kratzt einen Mückenstich am Knöchel auf, aber
in Wirklichkeit gibt es euch gar nicht. Da lob ich mir die alten Griechen!
Schon von hier oben aus dem zweiten Stock kann man sehen, dass das Heer der
Barbaren wie eine dunkle Kruste die Erde überzieht. Und hier die Reihen der Hellenen,
in gespannter Erwartung verharrend, noch stehen die Krieger Schild bei Fuß. Der
Lakedaimonier Klearchos hält den rechten Heeresflügel am Euphrat, Proxenos, der
Boioter, schließt sich an, Menon mit den Thessaliern hält den linken Heeresteil
der Griechen. Kyros steht mit seinen Barbaren noch weiter links. Durch die
Reihen der Phalanx geht ein Raunen hin wie ein Windstoß, da macht die Parole
zum zweiten Mal die Runde: Zeus, der Retter und Sieg! Die letzten quälenden
Minuten vor der Schlacht dehnen sich ins Unerträgliche. Schon waren die stumm
heraufziehenden Perser kaum mehr zwei Stadien entfernt, als die Griechen den
Paian anstimmten und gegen den Feind vorzurücken begannen. Als beim Vormarsch
der

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