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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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er mußte sicher sein, daß er jeden Flansch und jede Klemme genau kannte.
    Jagens hielt bei der aufgesetzten Strangpresse aus Aluminiumlegierung inne, die das Sprengkopf-Subsystem abgrenzte. Er hob den äußeren Kontroll-Sichtdeckel ab und studierte das Innere. Das Gewebe der Elektronik, das mit aller Eile in die manuellen Komponenten hineinmontiert worden war, glitzerte im einfallenden Sonnenlicht, das sich bei der Drehung des Bombenkörpers brach.
    Er runzelte die Stirn. Ein dutzendmal hatte er es schon gesehen, doch es irritierte ihn jedesmal aufs neue. Die Schaltung war umständlich und unübersichtlich. Hier und da waren sogar Stränge richtiger Drähte, keine aufgedruckten Stromleiter, wie es sich gehörte. Doch eine Systemintegration mit gedruckten Leitern war so kurze Zeit vor dem Start nicht mehr möglich gewesen; also hatten die Techniker von Station I eine praktische Lösung finden müssen – und das war das Resultat. Jagens hatte immer nur in erstklassig durchkonstruierten Raumfahrzeugen Dienst getan, an der vordersten Front der Welt-Technologie, war gewohnt, nach gründlichen, weit vorausgeplanten, wieder und wieder durchgetesteten Vorschriften zu arbeiten.
    Dieses Flickwerk in letzter Minute war scheußlich, doch er sah ein, daß es nicht anders ging. Die Zeit war zu knapp. Sie hatte kaum ausgereicht, um die wichtigsten Instruktionen auf Russisch und Englisch auszudrucken, so daß alle Beteiligten einwandfrei danach arbeiten konnten.
    »Zweitprüfung Sequenz A 48«, murmelte er und führte sein Testgerät an einer bestimmten Stelle des vor ihm liegenden elektronischen Gewirrs ein. Das war der letzte Punkt auf der Checkliste des Bolschoi- Subsystems, und er würde verdammt froh sein, wenn er damit fertig war. Diese letzten drei Wochen im Orbit waren verheerender gewesen als alles, woran er sich erinnern konnte. Gewiß, es gab eine Menge Techniker, die dabei assistierten; doch die Hauptlast hatten er, Calderon und Issindo zu tragen. Sie mußten diese multipel-integrierten Systeme so vollständig beherrschen, daß sie bei Fehlern und Ausfällen instinktiv, ohne das geringste Zögern reagieren würden. Und obendrein mußten sie vor der Welt die Fassade der Sicherheit, der Sachbeherrschung, der Entschlossenheit aufrechterhalten. Sie hatten mit Erfolg darum gekämpft, daß ihnen die Video-Kameras nicht grade über die Schulter schauten; aber sogar in Gesellschaft der ausgebildeten NASA-Techniker spürten sie den Druck: Astronauten und Kosmonauten mußten einfach als Übermenschen erscheinen; sonst würden alle, die mit ihnen zu tun hatten, wahrscheinlich den Kopf verlieren.
    Und selbst Carl Jagens wußte, daß er kein Übermensch war.
    Mechanisch gab er Koordinaten und Systemparameter durch. Die beiden Techniker in Station I antworteten kurz und knapp. Sie waren Spitzenkräfte. Jedem Astronauten und Kosmonauten des Alpha-Teams waren acht Techniker als Spezialassistenten für die einzelnen Sondergebiete zugeteilt. Aber was sie tun konnten, war begrenzt. Zum Beispiel dieses multiple System, das er eben kontrollierte – das Zielansprachegerät Bolschois arbeitete mit konventionellem Radar. Dessen Stromerzeugung und Sendeantennen befanden sich im Kommando-Modul I, wo er und Menschow sitzen würden. Selbst das war eine Entscheidung in letzter Minute gewesen. Ursprünglich war geplant gewesen, die Radar-Stromerzeugung völlig auszubauen, um Gewicht zu sparen. Statt dessen sollten die Radarwellen direkt von der Erde ausgestrahlt werden. Dann brauchten sowohl Alpha als auch Omega nur die von der aufkommenden Masse Schiwas reflektierten Signale im Monitor zu haben. Drei Monate lang, bis die endgültige Errechnung des Schiwa-Orbit vorlag, war das ganze verdammte Projekt nach diesem Plan gelaufen. Dann hatten die Genies bei der Planungszentrale herausgefunden, daß die Systeme der Erd-Basis mit etwa 14% Wahrscheinlichkeit in den kritischen letzten zehn Minuten vor dem Abschuß ungenau arbeiten würden, denn während der letzten Stunde vor dem Auftreffen würde der Winkel zwischen dem Erd-Radarsystem und Schiwa zu ungünstig sein. Ein Teil der Radarscheiben würden nicht mehr voll senden können. Die Radarscheiben auf dem Mond waren bei den ersten Einschlägen stark beschädigt worden und standen sowieso nicht in der richtigen Position. Dazu kam noch etwas anderes: Ein Teil der Trümmerwolke Schiwas würde die einkommenden Radarwellen blockieren und die reflektierten Signale abschwächen. Also schwenkte die

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