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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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nicht mehr da.
     
    In der N Street, nicht weit von dem Hause, wo John F. Kennedy gewohnt hatte, duckte sich Theotis Dudley, Unterstaatssekretär im Verteidigungsministerium, hinter einem großen Haufen von nicht abgefahrenem Müll. Er hatte seinen Maßanzug aus der Savile Row mit Jeans und einer Armee-Drillichjacke ohne Rangabzeichen vertauscht. Seine Taschen waren mit Geld und Schmuckstücken vollgestopft, die alle sein Eigentum waren, und ein Revolver Marke Ruger Blackhaw, Kaliber 0.44 stak in seinem Gürtel. Sobald die Armee nach Wisconsin abgerückt war, wollte er nach Osten durchbrechen, sich dann nach Süden wenden und über die Pennsylvania Avenue zum Weißen Haus gelangen.
    Er hatte Paß und Ausweis; sie würden ihn hineinlassen. Das mußten sie ja. Es war eine der wenigen Stellen, die noch sicher waren.
    Selbstverständlich würden sie ihn hineinlassen.
     
    Senator Buford Dunn stand in der Statuary Hall des Capitols. Die Beleuchtung war trübe, die Nischen lagen im Schatten, alle Geräusche klangen hohl verstärkt. Hier konnte man, wie John Quincey Adams [x] seinerzeit entdeckt hatte, jedes Wort hören, das am anderen Ende des Saales geflüstert wurde. Damals, vor 1857, hatte in diesem Saal das Repräsentantenhaus getagt. Jetzt standen dort Statuen auf großen Sockeln, eine für jeden Staat, Darstellungen der großen Männer und Frauen des betreffenden Staates. Dunn hatte sich immer ein bißchen darüber geärgert. Selten nur wurde ein solches Denkmal durch das Abbild eines Mannes ersetzt, der sich vielleicht noch größere Verdienste erworben hatte. Dunn fühlte sich frustriert, weil er nicht erreicht hatte, was ihm seiner Ansicht nach gebührte. Er hatte sich damit abgefunden, daß er nie Präsident werden würde, und an der unfruchtbaren Stellung des Vizepräsidenten lag ihm nichts.
    Aber er war ein guter Senator gewesen, der beste vielleicht, den sein Staat je nach Washington entsandt hatte, in die Stadt, von der Kennedy gesagt hatte, sie besäße die Tüchtigkeit des Nordens und den Charme des Südens. Er hatte gedacht, vielleicht – ach nur vielleicht! – würde er mehr erreichen, als daß nur eine blöde High School nach ihm benannt wurde. Irgendwie hatte er sich in den Kopf gesetzt, eine Statue im Kapitol zu bekommen. Hier drin, zwischen Will Rogers und Ralph Nader. Nichts allzu Modernes, aber im besten Anzug, ein Buch in der Hand, ein altmodisches Buch, nach Norden blickend, zum Sitzungsraum des Senats.
    Seufzend sah er sich nach einer Sitzmöglichkeit um. Es gab keine. Hallend flüsterte der Saal. Es klang wie Papier im Winde, wie ferne Menschenmassen, wie raschelnde Seide. Er wartete, doch nichts geschah. Er wußte auch nicht genau, was geschehen sollte. Schließlich wandte er sich um und schritt auf die Rotunde zu, dann durch die Säulen und hinaus auf die Treppe an der Ostfront. Dort blieb er stehen und prüfte die Luft. Ein schöner Abend, abgesehen von den Bränden im Süden. Ein Duft von Kiefern war im Wind.
    Vielleicht sollte er hinübergehen und sich im Lincoln Memorial hinsetzen. Es war nicht allzu weit. Er war noch nicht so alt, wenn er auch nicht glaubte, daß er viel älter werden würde.
     
    Der russische General löste seine Sitzgurte, richtete sich halb im Sessel auf und zerrte Carl Jagens in den seinen zurück. Die Stirn des amerikanischen Kommandanten war blutig, auch die Innenseite seines Helms war blutverschmiert. Der Luftdruck in der Kabine stimmte wieder, also klinkte Menschow Carls Helm auf und nahm ihn ab.
    Schlaff lag Carl in seinem Liegesitz. Menschow brach das Erste-Hilfe-Päckchen auf und legte ihm einen Stirnverband an. Kopfwunden bluteten immer stark, aber diese sah gar nicht so schlimm aus. Sie waren nach der Detonation ziemlich wüst herumgeschleudert worden, und Jagens’ Kopf war irgendwie an die Innenwand seines Helms geprallt.
    Als der Verband fertig war, fuhr Menschow fort, die Funktion des Schiffes zu kontrollieren. Das Radio war ausgefallen. Die Steuerungsdüse an Steuerbord arbeitete nicht. Die Tür des Verpflegungsdepots war abgerissen, und alle möglichen Packungen schwebten herum. Der Sender zu den zweiundzwanzig 20-Megatonnern war noch intakt, und Menschow dachte kurz darüber nach, ob er es für den Verkehr mit der Erde adaptieren könnte.
    Als er mit der Kontrolle durch war, hielt er Ausschau nach Schiwa. Falls sie ihn beschädigt hatten, konnte er es von dieser Seite aus nicht sehen. Er setzte sich und prüfte die Außenbordcomputer durch. Sie

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