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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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Flechte trug und erinnerte sich, daß er alle vier vorhin schon einmal überholt hatte, ganz leicht. Doch jetzt atmete er schwer, sog die kühle feuchte Luft ein. Schwarz und dick gähnte der Himmel über den Lichtern. Er konnte die Lichtkuppel über Houston unbestimmt schimmern sehen, und die blinkenden Positionslampen der auffliegenden Pendelverkehrsmaschinen. Die Muskelverspannung war weg. Er war wieder im Gleichgewicht, er wußte, wie er sich fühlte. Er konnte wieder arbeiten, unbehindert von Zweifeln.
    »Sir! Captain Jagens! Sir!«
    Carl stoppte ab, blinzelte, kam aus dem Takt. Ein graugekleideter Läufer wich aus und überholte ihn. Vom Eingang zum Umkleideraum winkte ihm ein Unteroffizier. Jagens lief quer über den Innenrasen und hielt keuchend an. »Ja?« krächzte er.
    »Sir, ich dachte… in ein paar Minuten ist der letzte Essensaufruf.«
    »Ach? Na ja.« Er machte eine unbestimmte Handbewegung.
    »Ich habe Ihnen zugesehen, Sir. Äh – Sie waren anderthalb Stunden in der Bahn.«
    »Hm.«
    »Das ist ein ganz schön langer Streifen«, sagte er mit unverhohlener Bewunderung. »Sie tun ja wirklich allerhand für Ihre Form, Sir.«
    »Stimmt.«
    Carl blickte um sich, blinzelte, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es ärgerte ihn, daß der Corporal dazwischengekommen war. Noch einen Blick warf er über die Bahn, dann trabte er zum Garderobengang hinüber, schlug dem Corporal im Vorbeigehen auf die Schulter und ging rasch ins Gebäude. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß sein Atem heftig ging, sein Hals rauh war. Es pfiff beim Ein- und Ausatmen. Erschöpft war er wohl, aber trotzdem nicht eigentlich müde. Im Gegenteil, ihm war, als flösse ein Strom von Energie durch seinen Körper. Er hätte, wenn er wollte, noch länger laufen können, ganz bestimmt, wie die Apachen, die 85 Kilometer liefen, die ein Pferd müde rennen konnten. Er würde dafür sorgen, daß er der Astronaut mit der besten körperlichen Kondition im ganzen Team war. Jawohl! Er war fit für den langen Marsch. Sollten sie nur kommen!

4. August: Kollision minus 9 Monate 22 Tage
     
    »Dreißig Minuten, Mr. Präsident!«
    »Danke, Steve«, erwiderte das Staatsoberhaupt und spendete dem Presse-Sekretär ein rasches Lächeln. Er saß in dem gemütlichen Privat-Büro neben dem viel größeren Oval Office und kam sich ein bißchen blöd vor, wie immer, wenn er Make-up trug. Doch wie jeder andere moderne Politiker beugte er sich den Zwängen und Notwendigkeiten des Fernsehens. Es war immer noch die Hauptinformationsquelle für fast dreihundert Millionen Amerikaner und das beste politische Werkzeug, das zur Verfügung stand.
    Mit ausdruckslosem Gesicht blickte John Caleb Knowles auf das Manuskript seiner Rede. Es war eine Fotokopie, eine von mehreren. Das Original war im Präsidential-Archiv verschwunden, eine Kopie hatte der Teleprompter-Ingenieur, ein weiteres war im Vervielfältigungsbüro zur Ablichtung für die Presse. Er blickte hinein und ärgerte sich, weil er grundsätzlich nicht von dem vorbereiteten Text abweichen konnte. Doch der war endlos von allen möglichen Adjutanten und Abteilungen überprüft worden. Sterilisiert worden, nannte er es im stillen.
    Er lächelte dünn. Sehr wenig von der rollenden, noblen Rhetorik Roosevelts oder der beißenden Direktheit Trumans war noch darin. Oder von den erhebenden Ansprachen Kennedys. Alles poliert, keine rauhen Ecken und Kanten. Heutzutage mußten alle Reden durch feine Filter gehen: ethnische Erwägungen, Sicherheitspolitik, Außenpolitik, Parteipolitik. Noble Phrasen, Gradezu, Herz, Werte – all das war glattgebügelt.
    Nicht daß ich ein Redner wäre, dachte Knowles. Aber ich habe ein paar gute Leute, die für mich schreiben. Und dann die Filterer. Er seufzte – ein großer, breiter, alternder, milder, amerikanischer Stimmensammler mit Magenkrämpfen und leerem Herzen.
    Was hatte Eisenhower zu Kennedy bei dessen Amtseinführung gesagt? »Sie werden merken, daß es der Präsident der USA nie mit leichten Problemen zu tun bekommt. Sind sie leicht zu lösen, hat sie bereits jemand anders gelöst.« Und Truman: »Der Schwarze Peter bleibt beim Präsidenten.«
    Knowles seufzte tief. Als Myron Murray hereinkam, blickte er flüchtig hoch, lächelte automatisch, aber schwach und senkte die Augen gleich wieder.
    »Sie werden wohl sehr viele Zuhörer haben, Mr. Präsident«, sagte Murray. »Allerlei Gerüchte…« Er zuckte die Achseln.
    »Der Kongreß?«
    »Steht fast hundertprozentig hinter

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