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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Akten zur freien Verfügung zu stellen, und vertraute ihm überaus
freundlich an, daß sie noch froher wäre, ihm noch weitere Freiheiten zu
gestatten. Shandy tat so, als wüßte er nicht, daß sie nicht von den Akten
sprach.
    »Nein, nein, Miss Tibbett, ich darf
Ihre wertvolle Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen. Lassen Sie mich einfach
hier, und machen Sie weiter mit Ihrer Arbeit. Eh — nur eines noch.«
    »Ja?« fragte sie eifrig.
    »Ich vermute, er ist im Lauf der Jahre
weggeworfen worden, aber besteht die geringste Chance, daß Sie noch den Lebenslauf
haben, den Dr. Cadwall eingereicht hat, als er sich um die Stelle des
Finanzchefs bewarb?«
    »Wir werfen nichts weg, Professor.«
    Selbst in der Enttäuschung noch
entgegenkommend, holte Miss Tibbett das Dokument hervor, das über ein
Vierteljahrhundert geruht hatte. Shandy las es gierig und machte sich
sorgfältig Notizen. Dann fragte er nach einem jüngeren Dossier und machte
weitere Memoranden. Schließlich kämpfte er eine Regung nieder, Miss Tibbett zu
küssen, und eilte aus dem Haus. Nun, da die Voruntersuchung eine
vielversprechende Prognose erkennen ließ, lag der nächste Schritt auf der Hand.
Er mußte herausfinden, wo um alles in der Welt Patsville, Ohio, lag, und mußte
so schnell wie möglich dorthin, und dann mußte er einen langjährigen Einwohner
mit einem guten Gedächtnis und einem Hang zum Klatsch auf spüren.
    Als er kurz ins Backsteinhaus
hereinsprang, um seinen Pyjama und die Zahnbürste und den Hundert-Dollar-Schein
mitzunehmen, den er immer in seinem einzigen steifen Hemd versteckt hielt, traf
er auf Mrs. Lomax, die es juckte, ihre Ansichten betreffs klebriger Gläser auf
Walnußtischen kundzutun. Shandy war nicht interessiert.
    »Das ist egal. Wenn Sie hier fertig
sind, möchte ich, daß Sie Miss Marsh diesen Zettel hinüberbringen. Wenn sie
nicht da ist, hinterlassen Sie ihn an einer Stelle, wo sie ihn mit Sicherheit
sieht.«
    »Warum? Wohin fahren Sie?«
    »Weg.«
    Er zog seinen anständigen Mantel an,
der nur noch ein bißchen feucht war, schnappte sich Hut und Schal und flitzte
zu Charles Garage, wo bereits ein Auto aufgetankt bereit stand, um ihn zum
Flughafen zu befördern. Mrs. Lomax gaffte dem Professor nach, ging dann in die
Küche und dampfte seine Nachricht auf. Sie lautete:
    Verehrtester
Watson,
    die
Jagd hat begonnen! Bleiben Sie im Rundhaus, bis ich zurück bin. Dort kann man
Sie nicht in die Ecke treiben.
    Ihr ergebener
    Arsène Lupin
     
    »Na«, bemerkte Mrs. Lomax zum
Teekessel, »sie haben alle gesagt, daß er eine weiche Birne gekriegt hat. Jetzt
wundert mich nichts mehr.«

Fünfundzwanzigstes Kapitel
     
     
     
     
     
     
     
    E rst als Shandy schon wieder auf dem
Rückweg nach Balaclava Junction war, fiel ihm ein, daß er von Mrs. Svenson für
den Donnerstagnachmittag mit Helen zum Tee bestellt war. Er vergewisserte sich
bei einer der Stewardessen im Flugzeug, die seinen Verdacht bestätigte, daß es
tatsächlich Donnerstag war. Es gab keine Möglichkeit, herauszufinden, ob die
Verabredung in Anbetracht von Cadwalls Ableben noch galt, aber er würde, für
alle Fälle, besser mal dort aufkreuzen. Es kostete ihn fast seinen Kopf und
jedenfalls einen teuren Strafzettel wegen Raserei, aber er schaffte es, die
Bibliothek rechtzeitig zu erreichen, wo er Helen dabei fand, wie sie ihre neuen
Stiefel anzog und besorgte Blicke auf die Uhr warf.
    »Der junge Lochinvar ist aus dem Westen
zurück!« rief sie.
    »Sehr komisch. Gilt die Verabredung
noch?«
    »Ja, aber willst du dich nicht eine
Minute hinsetzen und Atem holen?«
    »Ich atme, wenn wir da sind. Komm.«
    Da es schon zehn nach vier war, stellte
Helen die Fragen nicht, die ihr offenbar auf den Lippen brannten. Gemeinsam
keuchten sie den Hügel hinauf, wo das Haus des Präsidenten, weiß gestrichen und
in der von den Akademikern geliebten Tradition mit palladischen Säulen,
majestätisch über den Schneewehen aufragte. Eine der verschiedenen Miss
Svensons, groß und anmutig wie eine junge Birke, ließ sie herein.
    »Guten Tag, Professor Shandy, und das
muß Miss Marsh sein. Wir freuen uns so, daß Sie kommen konnten. Ich bin
Ingeborg. Kommen Sie bitte herein. Mutter ist im Wohnzimmer.«
    An der Schar der Mäntel und Stiefel in
der Diele konnten sie erkennen, daß das eine Party von nicht geringen
Dimensionen war statt des intimen Tees mit der Familie, den sie erwartet
hatten. In gewisser Weise war Shandy froh darüber. Das versprach ein üppiges Smørrebrød
nach den

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