Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
halb so alt wie sie und hatte nur einen Bruchteil ihrer
Erfahrung. Worauf wartete ich? Wie viel von meinem Leben wollte ich noch verschwenden?
Ich hatte noch nie Vorsätze fürs neue Jahr gefasst, doch diesmal fasste ich einen. Egal was kommen mochte, Hölle oder Sintflut, dieses Jahr würde anders werden. In ein paar Tagen kam Josh aus Kalifornien zurück, und ich würde für ihn bereit sein.
»Mit wem würdest du eher schlafen, wenn du die Gelegenheit hättest?«, fragte Beverly mich unvermittelt, als könnte sie meine Gedanken lesen. »Mit Tom Cruise oder mit Russell Crowe?« Sie hielt die Zeitschrift hoch und tippte mit künstlichen orangefarbenen Nägeln auf die entsprechenden Fotos.
»Steht George Clooney auch zur Wahl?«
Sie lachte, während ich zunehmend ängstlicher vernahm, wie das Gelächter Kreise um uns zog. »Sag mir nicht, dass du das auch nicht gehört hast.«
»Doch«, sagte Beverly, ließ die Zeitschrift auf den Tresen sinken und stand auf. »Wahrscheinlich Larry Forrester in 415. Der hat so eine seltsame Lache. Ich sehe mal nach ihm.«
»Vielleicht sollten wir den Wachdienst rufen.«
Mit ihren orangefarbenen Kunstnägeln wischte sie meine Bedenken beiseite und machte sich auf den Weg den Flur hinunter.
Ich blätterte das People -Magazin durch, als gäbe es keinen Grund zur Beunruhigung, und lenkte mich ab, indem ich mich auf die Frage konzentrierte, welche Stars sich im ablaufenden Jahr einer Schönheitsoperation unterzogen hatten. »Du auf jeden Fall«, stellte ich fest und wies mit dem Finger auf ein alterndes Starlet, die bis auf die übertriebene blonde Lockenmähne kaum noch an ihr früheres Selbst erinnerte. Ich musste erst ihren Namen in der Bildunterschrift lesen, bis ich erkannte, wer es war.
Dann hörte ich das Geräusch wieder.
Ich ließ die Zeitschrift sinken, die von meinem Schoß zu Boden glitt, als ich aufsprang. »Wer ist da?«, fragte ich, während mein Blick zu dem Notrufknopf an der Wand zuckte.
Eine Gestalt trat hinter einer Säule hervor und schlenderte, ein gemeines Lächeln auf den Lippen, die Finger in die Taschen seiner schwarzen Jeans gehakt, langsam auf mich zu. Sie war groß, schlank, ganz in Schwarz gekleidet, und ihre braunen Augen blitzten mich über einer Habichtnase an. Diesmal brauchte ich keine Bildunterschrift, um sie zu identifizieren.
»K.C.!«
»Frohes neues Jahr, Terry!«
Ich rang nach Luft. »Was machst du denn hier? Wie bist du an dem Wachmann vorbeigekommen?«
»An meinem Freund Sylvester, meinen Sie?«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
Sein Lächeln erstarb. »Nachdem ich ihm die Kehle durchgeschnitten habe, meinst du?«
Meine Stimme sackte in den Keller. »O mein Gott!«
K.C. lachte und klopfte sich ungläubig auf die Schenkel. »Was – glaubst du etwa, das meine ich ernst? Glaubst du wirklich, ich würde meinem Freund Sylvester etwas tun? Mit was für Typen hängst du denn sonst rum, Lady? Natürlich hab ich ihm nichts getan. Ich hab ihm bloß erklärt, wie ungerecht ich es finde, dass du die ganze Party verpasst und dass ich euch deshalb mit einer kleinen Privatfete überraschen wollte. Sylvester war sehr verständnisvoll, vor allem als ich ihm ein nettes Fläschchen zehn Jahre alten Scotch überreicht habe. Was ist los, Terry? Du scheinst ja nicht besonders glücklich, mich zu sehen.«
»Bist du allein?«
»Was denkst du denn?« Er hob seine rechte Hand und zielte damit auf mein Herz, und erst jetzt sah ich die Pistole.
Es gab einen lauten Knall, einen Blitz, und die Welt explodierte.
Ich taumelte nach hinten, schrie auf, blickte auf meine Brust und erwartete, einen größer werdenden Blutfleck auf meiner weißen Uniform zu sehen.
»Mein Gott, was ist denn hier los?«, rief Beverly, und mein Blick verschwamm. »Wer sind Sie?«, wollte sie von K.C. wissen, während sich der Geschmack von Blut in meinem Mund ausbreitete.
»Freunde von Terry«, antwortete K.C. unbekümmert, und ich war zu schwach, um zu widersprechen.
Und dann sprang auf einmal Alison in mein Blickfeld. »Frohes neues Jahr!« rief sie.
»Willkommen am ersten Tag vom Rest deines Lebens«, begrüßte Lance mich aus einer anderen Ecke und lachte, als Sekt aus einer Flasche auf den Boden spritzte. »Das war aber ein verdammt lauter Korken. Hat irgendwer gesehen, wohin er geflogen ist?«
»Was ist hier los?«, fragte Beverly, obwohl ihrem Tonfall bereits ein unterdrücktes Lächeln anzuhören war.
»Kleine Silvesterfeier«, erklärte Lance ihr. »Wir haben uns
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