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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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ich, als ich meine Stimme
wieder gefunden hatte. Mein Mund war trocken. Gedanken schwirrten wie in einem unvermuteten Strudel gefangen hilflos in meinem Kopf herum. Ich stützte mich auf Eliot Winchells Bett ab.
    »Ja, genau«, stimmte Alison mir von der Tür aus zu. »Los, Doctores. Wir müssen gehen und Terry ihre Arbeit machen lassen.«
    »Scheint so, als könnte Terry selbst ein bisschen Hilfe gebrauchen«, sagte K.C. »Sie ist ein bisschen blass um die Kiemen.«
    »Tut mir Leid, Terry«, sagte Alison. »Ich wusste nicht, dass sie sich so aufführen würden.«
    »Was redest du denn da?«, gab Lance wütend zurück. »Das Ganze war schließlich deine Idee.«
    Und dann waren sie weg. In der folgenden, gnädigen Stille zog ich Eliot einen frischen Schlafanzug an und brachte ihn wieder ins Bett. All das tat ich automatisch, während sich in meinem Kopf alles drehte und vor meinen Augen grell neonfarbene Bläschen explodierten. Hatte mein Glas womöglich etwas Kräftigeres enthalten als bloß Sekt?
    Auf dem Weg zurück zum Schwesterntresen hangelte ich mich an der Wand entlang, bis meine Sorgen sich in einem unvermittelten teenagerhaften Kicheranfall auflösten, der plötzlich aus mir herausplatzte wie Maiskörner aus einer Popcornmaschine. Wenig später ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen und fragte mich, wann genau ich die Kontrolle über mein Leben verloren hatte. Dabei wusste ich längst, dass es exakt der Moment gewesen war, in dem Alison vor meiner Tür aufgetaucht war.

20
     
     
    Nach meinem Dienst erwarteten sie mich auf dem Parkplatz.
    Denise sah ich als Erste. Sie saß auf dem Kofferraum eines Autos, trank Wein aus der Flasche und strampelte mit den Beinen in der Luft, als würde sie sich an einem Steg an der Intracoastal aalen. Auf der rechten Seite ihrer Nase blitzte ein kleiner goldener Ring, der mir vorher noch nie aufgefallen war.
    K.C. stand neben ihr, die Hände in den Taschen seiner engen Jeans, den Blick zu Boden gerichtet. Er sah aus, als hätte er sich gerade oder würde sich demnächst übergeben, doch als er den Kopf hob und in meine Richtung blickte, sah ich, dass er lächelte. Ich lächelte überraschenderweise zurück, als hätte ich meine eigenen Reflexe nicht mehr unter Kontrolle und wäre in den Zustand einer Marionette versetzt, die jedem folgte, der an den Fäden zog. Ich hatte erwartet, dass die Wirkung des Sekts mittlerweile abgeflaut wäre, aber ich fühlte mich eher noch unkoordinierter als zuvor. Seltsame Bilder tanzten um meinen Kopf, ohne lange genug stillzustehen, um sie zu erkennen. Bunte Farbkleckse kreuzten mein Blickfeld wie schwebende Ballons, und es bedurfte all meiner Konzentration, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Alison und Lance saßen halb in, halb neben dem weißen Lincoln, der, die Türen geöffnet, um die frische Luft des frühen Morgens hereinzulassen, ein paar Parkbuchten entfernt stand. Lance saß auf dem Fahrersitz, Alison auf der Rückbank, und als sie sich, die Ellbogen auf die Knie gestützt,
vorbeugte, erkannte ich, dass ihre Augen aufgequollen und feucht waren, als hätte sie geweint. Vielleicht war sie aber bloß bekifft, dachte ich, als mir das unverkennbare Aroma von Marihuana in die Nase stieg und ich die breite orangefarbene Glut einer selbst gedrehten Zigarette sah, die lässig zwischen Lance’ Fingern baumelte.
    »Sieh mal an, wen haben wir denn da«, sagte Denise.
    »Wurde auch langsam Zeit.« K.C. richtete sich auf und streckte die Arme wie eine Katze auf dem Sprung.
    »Was macht ihr denn noch hier?« Ich sah mich um, und die Szenerie verschwamm. Der Parkplatz war menschenleer. Wirklich toller Sicherheitsdienst, dachte ich und fragte mich, ob mich jemand hören würde, wenn ich schrie.
    Alison stieg aus dem gemieteten Lincoln und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich wollte nicht, dass du in der Silvesternacht alleine nach Hause fährst.«
    Lance zog intensiv an seiner Zigarette. »Die Party fängt gerade erst an.«
    »Die Party ist vorbei«, erklärte ich ihnen und versuchte, mich zu erinnern, wo ich meinen Wagen geparkt hatte. »Ich bin völlig groggy. Ich will nur noch nach Hause und ins Bett.«
    »Klingt verlockend«, sagte Lance wie schon einmal an diesem Abend. Er hielt mir den Joint hin. Schwaden wehten in meine Nase wie ein zu süßes Parfüm.
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich zugeben muss, dass die Wahrnehmung des Geruchs nicht komplett unangenehm war.
    »Aus rein medizinischen Gründen natürlich.«

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