Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
gedacht, dass ihr Engel der Gnade nicht den ganzen Spaß verpassen soll.«
»Nun, das ist aber süß. Ich bin übrigens Beverly.«
»Freut mich, Beverly. Ich bin Lance, das sind Alison, Denise und K.C.«
»Freunde von Terry sind -«, setzte Beverly an, als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte.
»Ihr habt mich halb zu Tode erschreckt«, sagte ich, nachdem mir klar geworden war, dass ich doch nicht erschossen worden war.
Lance lachte. »So ein kleiner Adrenalinschock dann und wann hält fit.«
»Wir wollten dich nicht erschrecken«, entschuldigte Alison sich. »Wir wollten dich bloß überraschen.«
»Stehst du nicht so auf Überraschungen, Terry?«, fragte
Denise und trat an den Schwesterntresen. Die modische Kurzhaarfrisur war ausgewachsen, sodass die spitzen schwarzen Haarstachel nicht mehr ganz so spitz waren, sondern um ihr blasses Gesicht fielen wie Asche von einer Zigarette. Unter den Augen hatte sie schwarze Ringe, was sie eher schaurig als schick aussehen ließ, vermutlich unbeabsichtigt, obwohl man das bei Denise nie wissen konnte.
»Bitte nichts anfassen«, ermahnte ich immer noch atemlos.
»Wir haben alles mitgebracht«, sagte Alison und nahm Gläser aus einer großen Einkaufstasche in ihrer Hand.
»Wir haben an alles gedacht«, fügte K.C. hinzu.
»Wo bewahrt ihr denn die harten Drogen auf?«, fragte Denise.
»Was?«
»War bloß ein Witz.«
»Was ist denn mit deiner Lippe?«, fragte Alison.
Ich fasste mir an den Mundwinkel, wo ich mir selbst auf die Lippe gebissen haben musste. Lance war sofort neben mir und leckte den Tropfen Blut mit dem übertriebenen Genießergehabe eines Kinovampirs von meinem Finger. »Hm. 2002. Ein sehr gutes Jahr.«
Ich zog meine Hand weg. »Vergiss es, Bela Lugosi«, erklärte ich ihm, gleichzeitig bemüht, alle im Blick zu behalten. Beverly hatte bereits ein Glas in der Hand.
»Sei nicht böse auf uns«, bettelte Alison, heute ganz in Weiß und mit rotblonden Locken, die offen um ihr Gesicht fielen, Botticellis Venus, nur ohne Muschel.
»Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
»Es ist eine Superidee«, entgegnete Beverly mit einem Klaps auf meinen Arm, während Lance den Sekt gleichmäßig in die Gläser verteilte. Ich bemerkte, dass auch er ganz in Weiß gekleidet war.
»Wir konnten euch doch Silvester nicht alleine verbringen lassen«, sagte K.C.
»Das wäre doch nicht nett gewesen.« Denise begann durch einen Stapel Patientenunterlagen zu blättern, bis ich sie eilig von dort wegzog.
»Hier hast du nichts zu suchen.«
»Warum nicht?«
»Denise«, sagte Alison.
Sofort verließ Denise den Schwesterntresen und nahm im Gehen ein Glas Sekt mit. »Prost, alle miteinander.«
»Warte. Wir müssen erst einen Trinkspruch ausbringen.« Alison vergewisserte sich, dass jeder von uns ein Glas hatte.
»Worauf trinken wir denn?«, fragte Lance seine Schwester.
»Auf das allerbeste Jahr überhaupt.« Alison hob ihr Glas.
»Das allerbeste Jahr überhaupt«, stimmten wir anderen zu.
Ich wollte kein Spielverderber sein und nippte deshalb zweimal kurz an meinem Glas. Der Sekt war überraschend erfrischend, sodass ich noch den einen oder anderen Schluck trank, wobei mir die perlenden Bläschen in die Nase stiegen. »Auf Gesundheit«, sagte ich leise.
»Und Reichtum«, fügte Denise rasch hinzu.
»Auf dass wir im neuen Jahr alles bekommen, was wir uns wünschen«, fuhr Lance fort.
»Alles, was kommt«, ergänzte K.C. und lächelte mich über den Rand seines Glases hinweg an, als wir alle erneut einen Schluck tranken.
»Alles, was wir verdienen«, sagte Denise.
»Alles, was wir brauchen«, sagte Alison.
»Und was genau soll das sein?«, fragte ihr Bruder herausfordernd.
Alison tauchte ihre Nase tief in ihr Glas und sagte nichts. Ich leerte mein Glas mit zwei schnellen Schlücken.
»Also, ich weiß jedenfalls, was ich brauche«, sagte Denise lachend. »Ich brauche einen Tapetenwechsel.«
»Warst du nicht gerade in New York?«
»New York zählt nicht. Da war ich mit meiner Mutter.«
»Was ist denn verkehrt mit deiner Mutter?«
»Nichts – wenn man auf langweilige alte Analklemmen steht.«
»Alison steht auf langweilige alte Analklemmen«, sagte Lance und sah mich direkt an. »Oder nicht, Alison?«
»Ich mag jeden.« Alison leerte ihr Glas und goss es wieder voll. An der Art, wie sie, wie alle von ihnen schwankten, erkannte ich, dass dies wohl nicht die erste Flasche war, die sie geleert hatten. »Terry, dein Glas ist ja leer.« Alison goss es
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