Schlaflos in Schottland
Blick hinüber zur Kutsche. „Sie werd’n aber dem Mädchen nichts Schlimmes tun, Mylord, nich’ wahr?“
Hugh lächelte, wenn auch nicht freundlich. „Miss Hurst wird bekommen, was sie verdient, nicht mehr und nicht weniger.“ „Das is’ nich’ sehr beruhigend.“
„Mach dir keine Sorgen, ich will ihr bloß Angst machen.“ Bedenklich wiegte Ferguson den Kopf hin und her. „Ich hoffe nur, Sie tappen nich’ selbst in die Falle, die Sie aufgestellt ham.“ Hugh schnaubte verächtlich. „Das Letzte, was Miss Hurst will, ist ein jüngerer Sohn, der nicht den Titel und den größten Teil vom Vermögen erbt. Sie wird verlangen, dass ich sie sofort wieder in die Stadt zurückbringe. Was ich auch gern tun werde, nachdem ich ihr meinen Standpunkt klargemacht habe.“
Ferguson machte ein finsteres Gesicht. „Ich kann’ s Ihnen nich’ verdenken, Mylord. Sie is’ ein ziemliches wildes Frauenzimmer, das is’ sie wohl.“
Hugh nickte. Viele Leute hielten ihn für den ausgeglichensten der MacLean-Brüder, und das war er normalerweise auch. Er sah keinen Grund, seine Probleme und Launen an anderen auszulassen und verlor selten die Beherrschung - was in Anbetracht des Fluchs, der auf seiner Familie lag, nur von Vorteil war.
Das Gerücht, eine weiße Hexe habe die MacLeans derart verflucht, dass sich nun jedes Mal die Schleusen des Himmels öffneten, wenn einer von ihnen wütend wurde, ging seit langer Zeit um. Leider handelte es sich nicht nur um Gerede. Hugh hatte sein Temperament meist unter Kontrolle, und man musste ihn schon sehr reizen, um ihn wirklich zornig zu machen. Seine Brüder hatten nicht so viel Glück. Sie waren heißblütige Männer, die ebenso leidenschaftlich kämpften, wie sie liebten, und sie ließen in ihrem Kielwasser eine Spur von gebrochenen Herzen und wilden Unwettern zurück.
Alle außer Alexander. Dessen Reaktion auf den Fluch war, alle Menschen auf Armeslänge von sich fernzuhalten, selbst seine Brüder. Nur ihr jüngster Bruder Callum, der vor Jahren unter verdächtigen Umständen gestorben war, hatte es geschafft, Alexanders eisenharte Schale zu durchdringen. Nach seinem Tod hatte Alexander sich noch mehr zurückgezogen. Obwohl er über geschäftliche Angelegenheiten sprach und mit Hugh auch Familienangelegenheiten diskutierte, wechselten sie ansonsten kaum ein persönliches Wort.
Hugh hatte versucht, Alexander vor dem Hurst-Luder zu warnen, aber sein Bruder hatte nur mit den Schultern gezuckt und das Thema gewechselt. Er wollte die Gefahr einfach nicht sehen, und so fühlte Hugh sich gezwungen, eigenmächtig zu handeln. Er hoffte, dass Alexander seine Bemühungen zu schätzen wissen würde, doch wahrscheinlich würde sein Bruder eher ärgerlich über die Einmischung sein. Das war Pech. Hugh war entschlossen, die Sache durchzuziehen, aber es wäre schon hilfreich gewesen, wenn Alexander sich offener über seine Gefühle in dieser Angelegenheit geäußert hätte. Callum hätte gewusst, wie er ihn dazu bringen konnte. Aber eben nur Callum.
Beim Gedanken an seinen jüngsten Bruder, der so reizend gewesen war und so gern gelacht hatte, wurde Hughs Herz schwer. Callum war strahlender Mittelpunkt der Familie gewesen, und er fehlte ihnen allen sehr, doch keinem mehr als Alexander. Die Wochen nach Callums Tod waren dunkel und bitter gewesen, denn der MacLean-Fluch hatte für wilde Unwetter gesorgt, die mit Regen und Sturm über das Land tobten.
Ihre Schwester Fiona hatte versucht, Alexanders dunkle Stimmung aufzuhellen, nicht ganz ohne Erfolg. Doch jetzt war sie verheiratet und mit ihrem Ehemann und ihren Kindern beschäftigt. Und Alexander war einsamer als je zuvor.
Es tat Hugh in der Seele weh, dass sein Bruder so allein war, doch er sah keine Möglichkeit, seine harte Schale zu durchdringen. Aber das Mindeste, was er tun konnte, war, Ränke schmiedende Frauen wie Caitlyn Hurst aus Alexanders Nähe zu vertreiben.
Ferguson sah hinauf zur Sonne. „Es is’ schon spät. Sollen wir jetz’ losfahren, Mylord?“
„Ja. Und um der Dame eine Lektion zu erteilen, lass auf der Straße zwischen hier und Stirling kein einziges Schlagloch aus. Es gibt keinen Grund, ihr die Reise angenehm zu machen.“
Die Augen des Stallknechts funkelten. „Dann werden Sie aber auch eine unbequeme Fahrt harn“, gab er heiter zu bedenken.
„Ja. Aber ich werde auf einem Kissen sitzen, während sie in ihrem engen Gefängnis kauert.“ Die Vorstellung besserte seine Laune. Hugh ging zum Wagen.
„Bitte,
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