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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schwanzflosse.
    [WAS DENKST DU DIR EIGENTLICH DABEI?]
    [»Ich weiß nicht; vielleicht will ich dich nur an den Bartfäden ziehen. Mal sehen, ob sie echt sind.«]
    Dann bot er alle Willenskraft auf, damit er nicht aufschrie und floh, und streckte die rechte Hand aus. Lois’ Ohrring fühlte sich wie ein kleiner, warmer Kieselstein in seiner Faust an. Lois selbst schien sehr nahe zu sein, und Ralph fand das nicht überraschend, wenn man bedachte, wie viel von ihrer Aura er in sich aufgenommen hatte.
Möglicherweise war sie jetzt sogar ein Teil von ihm. Das Gefühl ihrer Präsenz war ein großer Trost für ihn.
    [Nein, das wagst du nicht! Du wirst gelähmt sein!]
    [»Katzenwelse sind nicht giftig - das war das Ammenmärchen eines zehnjährigen Jungen, der noch mehr Angst hatte als ich.«]
    Ralph griff mit der Hand, in der er den Metalldorn verborgen hielt, nach den Barteln, und der große, schuppige Kopf zuckte zurück, wie es ein Teil von Ralph vorausgesehen hatte. Er waberte und veränderte sich, und die Furcht einflößende rote Aura drang immer mehr durch. Wenn Krankheit und Schmerz eine Farbe hätten, dachte Ralph, das wäre sie. Und bevor die Veränderung vollendet werden konnte, bevor der Mann, den er jetzt sehen konnte - groß, auf kalte Weise attraktiv mit seinem blonden Haar und den stechenden roten Augen -, durch den Schimmer der Illusion treten konnte, die er erschaffen hatte, stieß Ralph die Spitze des Ohrrings in ein schwarzes, gewölbtes Fischauge.

5
    Das Wesen stieß einen schrecklichen summenden Laut aus - wie eine Zikade, fand Ralph - und versuchte, sich zurückzuziehen. Der heftig schlagende Schwanz erzeugte ein Geräusch wie ein Ventilator, zwischen dessen Rotoren sich ein Blatt Papier verfangen hat. Es rutschte in dem Schaukelstuhl hinab, der sich nun in einen aus orangefarbenem Stein gemeißelten Thron verwandelte. Und dann war die Schwanzflosse verschwunden, der Queenfish war verschwunden, und der Scharlachrote König, dessen attraktives Gesicht
zu einer Fratze von Schmerz und Fassungslosigkeit verzerrt war, saß vor ihm. Eines seiner Augen funkelte so rot wie das eines Luchses im Feuerschein; das andere war vom grellen, gebrochenen Funkeln von Diamantsplittern erfüllt.
    Ralph griff mit der linken Hand in die Decke der Eier hinein, zog sie weg, sah aber nichts als Schwärze auf der anderen Seite der Missgeburt. Die andere Seite des Leichentuchs. Der Weg hinaus.
    [Du bist gewarnt worden, du kurzfristiger Hurensohn! Du glaubst, du kannst mich an den Bartfäden ziehen? Nun, das werden wir sehen, ja? Wir werden es sehen!]
    Der Scharlachrote König beugte sich auf seinem Thron nach vorn, sein Maul klaffte, das verbliebene Auge flammte in rotem Licht. Ralph kämpfte gegen den Wunsch, seine jetzt leere rechte Hand wegzuziehen. Stattdessen rammte er sie vorwärts in das weit auseinanderklaffende Maul des Scharlachroten Königs, das sie verschlang, wie es vor langer Zeit der Katzenwels in den Barrens getan hatte.
    Etwas - kein Fleisch - wand sich an seiner Hand entlang, drückte sich dagegen, dann biss es zu. Es fühlte sich an wie Stiche von Pferdebremsen. Gleichzeitig spürte Ralph echte Zähne - nein, Fangzähne -, die sich in seinen Arm bohrten. Noch einen Augenblick, höchstens zwei, und der Scharlachrote König würde ihm das Handgelenk durchbeißen und seine Hand in einem Stück verschlingen.
    Ralph schloss die Augen und fand augenblicklich das Gedankenmuster und die Konzentration, die Bewegung zwischen den Ebenen möglich machte - seine Schmerzen und seine Angst waren dabei kein Hindernis. Nur war sein Ziel diesmal nicht sich zu bewegen , sondern etwas auszulösen
. Klotho und Lachesis hatten ihm eine Falle in den Arm eingepflanzt, und es wurde Zeit, sie zu benutzen.
    Ralph verspürte dieses Gefühl des Blinzelns in seinem Kopf. Die Narbe an seinem Arm wurde sofort weißglühend und gefährlich. Die Hitze verbrannte Ralph nicht, sondern strömte in immer größer werdenden Energiewellen aus ihm heraus. Er bemerkte einen titanischen grünen Lichtblitz, so grell, dass es einen Augenblick schien, als wäre die Smaragdstadt von Oz rings um ihn explodiert. Etwas oder jemand schrie. Das hohe, schrille Geräusch hätte ihn in den Wahnsinn getrieben, wenn es noch lange angedauert hätte, aber das tat es nicht. Ihm folgte ein lauter, hohler Knall, bei dem Ralph daran denken musste, wie er einmal einen M-80-Kracher angezündet und in ein Stahlrohr geworfen hatte.
    Eine plötzliche Woge der Energie wehte

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