Schlagfertigkeit
nach, was als Ursache erscheint, erklären Sie zur Wirkung, auf eine Frage reagieren Sie nicht mit einer Antwort, sondern mit einer Gegenfrage. Auf eine Anweisung reagieren Sie mit einer Gegenanweisung.
Die Folge ist, dass Sie sehr viel frecher sein dürfen (und auch sein sollten), als wenn Sie denselben Sachverhalt frei formulieren würden. Sie können Dinge sagen, die sonst unverschämt oder anmaßend erscheinen würden.
Beispiel: Schrifterkennung
Die neue Sekretärin plagt sich mit dem unleserlichem Gekrakel ihres Chefs herum. Sie sagt zu ihm: „Ich kann Ihre Schrift nicht lesen.“ Er entgegnet: „Ich gebe Ihnen vier Monate Zeit, meine Schrift entziffern zu lernen.“ Die Sekretärin kontert: „Ich gebe Ihnen zwei Wochen Zeit, so zu schreiben, dass ich es lesen kann.“
Gewiss eine gewagte, aber sehr schlagfertige Antwort, die funktioniert, weil sie die Stilmittel ausborgt und inhaltlich für eine Überraschung sorgt. Die Anweisung des Chefs wird nicht befolgt, sondern zurückgegeben, und zwar in verschärfter Form: Die Sekretärin hatte vier Monate Zeit, der Chef nur zwei Wochen.
Kontern Sie doch, wie Sie wollen
Sie werden nur selten Gelegenheit bekommen, so „klassisch“ zurückzuschlagen, wie wir es gerade gezeigt haben. Es ist ja kein Zufall, dass diese Antworten als Kostbarkeiten der Nachwelt überliefert werden, eben weil sie so selten sind. Doch Sie können Ihren Gegenkonter auch eine Nummer kleiner anlegen. Sie borgen sich nur noch ein, zwei Elemente aus und machen im Übrigen, was Sie wollen. Das ist dann zwar nicht mehr ganz so zwingend, schlagfertig ist es dennoch.
Beispiel: Rauswurf
Herr Dillenberger bemerkt hämisch: „Bislang haben sie noch jeden, der Ihrer Ansicht war, rausgeworfen.“ Frau Gubitz erwidert: „Na, dann wird es ja mal Zeit, dass sie jemanden rauswerfen, der Ihrer Ansicht ist.“ Nach kurzem Überlegen fügt sie hinzu: „Wüssten Sie jemanden? Mir fällt niemand ein.“
Harte Worte. Doch einen Gegenkonter können Sie nur schwer abstufen. Und schließlich müssen Sie den ursprünglichen Angriff überbieten. Stellen Sie nur eine mildere Version vor, bei der Frau Gubitz antwortet: „Dann wird es ja mal Zeit, dass alle, die meiner Ansicht sind, bleiben.“ Deutlich die schwächere Antwort.
Aber Sie müssen nicht immer die Boshaftigkeit noch weiter steigern, manchmal können Sie die Boshaftigkeit selbst zu Ihrem Thema machen.
Beispiel: Boshafte Begrüßung
Frau Vandenberg begrüßt ihre alte Feindin, Frau Reimann, mit den überschwänglichen Worten: „Ach, Frau Reimann, Sie hier? Ich habe Sie erst gar nicht wiedererkannt. Aber dann doch – an Ihrem Kleid.“ Bevor Frau Vandenberg ihre boshafte Bemerkung so recht genießen kann, kontert Frau Reimann: „Ich habe Sie gleich erkannt – Sie sind die einzige, die bei den anderen nur auf die Kleidung schaut.“
„Witzige“ Angriffe kontern
Mit dem Gegenkonter können Sie auch und gerade „witzigen“ Angriffen begegnen. Denn er ist spielerisch und doch zugleich scharf genug – ohne dass ihn jemand gleich ernst nehmen muss, der „einen Spaß vertragen“ kann. Denken Sie an Shaw und Chesterton. Allerdings sollten Sie sich im Klaren sein: Wenn Sie in das Spielchen einsteigen und kontern, handeln Sie sich möglicherweise weitere „witzige“ Attacken ein. Aber vielleicht finden Sie diese Aussicht gar nicht so beunruhigend …
Üben Sie: Gegenkonter
Suchen Sie zu den folgenden Angriffen einen passenden Gegenkonter. Unsere Lösungsvorschläge finden Sie auf Seite 220.
1. „Sie kennen sich bei allen Sachen nur sehr oberflächlich aus.“
Ihr Gegenkonter:
2. „Als die Intelligenz verteilt wurde, da hatten Sie wohl gerade Ihren freien Tag.“
Ihr Gegenkonter:
3. „Ich glaube, in Ihrem Hirn gibt es irgendwo eine undichte Stelle.“
Ihr Gegenkonter:
4. „Sie sollten mal langsam aufhören, hier den Idioten zu spielen.“
Ihr Gegenkonter:
Die „Akupunktur“-Technik
Bei aller Eleganz hat der klassische Gegenkonter einen Nachteil: Er ist nicht sehr zielgenau. Wo er den anderen trifft, das ist ein wenig beliebig. Oder sagen wir besser: Es hängt nicht von uns ab, sondern davon, wie der andere seine Attacke formuliert. Natürlich kann das auch ein Vorteil sein. Denn auf diese Art und Weise können Sie manchmal sehr freche Dinge sagen, ohne dass sich irgendjemand darüber beunruhigen würde. Denn die ganze Sache bleibt im Grunde ein Spiel. Aus genau demselben Grund ist er jedoch für manche Erwiderung ungeeignet.
Weitere Kostenlose Bücher