Schlangen im Paradies
verfaßt und weitere von der Sorte. Wieviel Zeit hast du gebraucht, die Schnipsel auszuschneiden und aufzukle-ben? Mich wundert’s, daß du die Geduld dafür aufgebracht hast.
Wie viele gibt’s noch außer dem da, und besteht die Möglichkeit, daß sie auftauchen?»
Cheryl war alarmiert. «Ich schwör’s dir, Syd, ich hab den Brief nicht verfaßt und auch keine anderen. Jetzt erzähl mir, Syd, was hat Bob Koenig gesagt?»
Nun war es Syd, der langsam und deutlich sein Gespräch mit Bob Koenig wiederholte. Als er fertig war, streckte ihm Cheryl die Hand hin. «Hast du ’n Streichholz? Du weißt doch, ich rauche nicht mehr.»
Syd sah zu, wie die Papierfetzen sich ringelten und dann zu Asche wurden.
Cheryl legte ihm die Arme um den Hals. «Ich wußte, du wirst mir die Rolle verschaffen, Syd. Den Brief zu vernichten, war goldrichtig. Ich denke, ich sollte trotzdem im Prozeß aussagen.
Das gibt ’ne tolle Publicity. Aber findest du nicht auch, ich müß-
te mir deutlich anmerken lassen, wie tief es mich getroffen hat, daß meine allerbeste Freundin so deprimiert und verzweifelt war? Dann könnte ich noch erklären, von welch schrecklichen Angstzuständen selbst die unter uns, die ganz oben sind, heim-gesucht werden.»
Aus ihren weitgeöffneten Augen tropften zwei Tränen, rannen langsam über die Wangen. «Ich denke, es würde Bob Koenig gefallen, wenn ich die Szene so anlege, meinst du nicht auch?»
4
«Elizabeth!» Mins überraschte Stimme schreckte sie auf. «Was ist los? Wo ist Sammy?»
Min und Helmut im Partnerlook. Mins schwarzes Haar war zu einem stattlichen Knoten aufgesteckt, ihr Make-up jedoch ver-deckte die ungewohnten Falten um die Augen, die geschwolle-nen Lider nur zum Teil. Der Baron schien wie immer zu posie-ren: leicht gespreizte Beine, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, Kopf vorgebeugt, verwirrte, unschuldige Augen.
Elizabeth berichtete kurz, was geschehen war. Sammy war spurlos verschwunden, ihr Bett unberührt.
Min war alarmiert. «Ich kam um sechs hinunter. Sämtliche Lichter brannten, das Fenster stand offen, der Fotokopierer lief.
Ich war verärgert. Sammy wird nachlässig, dachte ich bei mir.»
«Der Fotokopierer lief! Dann ist sie also vergangene Nacht ins Büro zurückgekommen.» Elizabeth durchquerte eilends den Raum. «Hast du nachgesehen, ob der Brief, den sie kopieren wollte, noch drin ist?»
Er lag nicht im Fotokopierer. Aber neben dem Gerät fand sie den Plastikbeutel, in den sie ihn eingewickelt hatten.
Binnen fünfzehn Minuten wurde in aller Stille ein Suchtrupp organisiert. Zögernd willigte Elizabeth auf Mins beschwörende Bitten hin ein, die Polizei nicht sofort zu verständigen. «Sammy war schwer krank letztes Jahr», hielt ihr Min vor. «Sie hatte einen leichten Schlaganfall und war desorientiert. Das kann sich wiederholt haben. Du weißt doch, wie sie Getue haßt. Laß uns erst mal zusehen, ob wir sie nicht selber finden.»
«Ich warte bis mittag», erklärte Elizabeth entschieden, «und dann melde ich sie als vermißt. Sollte sie tatsächlich irgendeine Attacke gehabt haben, dann irrt sie doch jetzt ziellos am Strand oder sonstwo umher.»
«Min hat Sammy aus Mitleid einen Job gegeben», konterte Helmut kurz angebunden. «Das A und O an Cypress Point ist doch, daß man hier absolut ungestört und zurückgezogen den Aufenthalt genießen kann. Wenn es aber überall wimmelt von Polizisten, packen die Gäste ihre Koffer und reisen ab.»
Elizabeth kochte vor Wut, doch es war Min, die antwortete:
«Hier wurde schon viel zuviel verheimlicht», meinte sie ruhig.
«Wir schieben den Anruf bei der Polizei um Sammys willen hinaus, nicht unseretwegen.»
Gemeinsam verstauten sie die Briefstöße wieder in den Säk-ken. «Das ist Leilas Post», bemerkte Elizabeth und verknotete die Beutel sorgfältig. «Die nehme ich nachher mit in meinen Bungalow.» Sie überprüfte die Knoten und stellte befriedigt fest, daß man sie nicht aufmachen konnte, ohne dabei die Säcke zu beschädigen.
«Du bleibst also noch?» Helmuts Versuch, erfreut zu klingen, mißglückte.
«Zumindest bis Sammy aufgefunden wird», entgegnete Elizabeth. «Jetzt sollten wir ein paar Hilfskräfte zusammentrom-meln.»
Für die Suchaktion wurden die ältesten und vertrauenswürdig-sten Angestellten ausgewählt. Das Zimmermädchen Nelly, das ihr Doras Apartment aufgeschlossen hatte, der Chauffeur Jason, der erste Gärtner. Sie standen in respektvoller Entfernung von Mins Schreibtisch und
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