Schlangenjagd
untersucht, und ich schaffe es gerade, seine Infektion unter Kontrolle zu bekommen. Ich gebe zu, dass sich sein komatöser Zustand gebessert hat, aber sein Körper weigert sich aufzuwachen.«
»Julia, ich habe keine Wahl. Singer hat den Angriff heute Morgen um eine ganz bestimmte Zeit angeordnet, denn er plante noch etwas anderes. Er hat Merrick entführt, weil er wollte, dass er es mit eigenen Augen sah. Als sich Linda mit Susan unterhielt, erfuhr sie, dass Singer sich in der
Oase
ein paar Stunden lang mit Merrick unterhalten hat. Ich würde fast darauf wetten, dass er bei dieser Gelegenheit alles preisgegeben hat.«
»Bist du bereit, dafür sein Leben zu riskieren?«
»Ja«, erwiderte Juan, ohne zu zögern. »Was immer Singer vorhat, auf jeden Fall gehört ein Hurrikan dazu. Ich glaube, er hat eine Möglichkeit gefunden, ihn irgendwie zu beeinflussen. Muss ich dir im Einzelnen erst erklären, was das bedeutet? Du hast dir doch damals nach Katrina frei genommen, um als freiwillige Helferin nach New Orleans zu gehen.«
»Ich bin dort geboren.«
»Wir können vielleicht eine andere Stadt vor dem gleichen Schicksal bewahren. Julia, du hast auf diesem Schiff die vollständige Entscheidungsfreiheit in medizinischen Angelegenheiten, aber nur weil ich es dir gestatte. Wenn es dir lieber ist, dass ich dir einen Befehl gebe, dann tue ich das.«
Sie zögerte erst, dann nickte sie. »Okay, ich versuche es.«
Juan wusste, dass er Linda an diesem Gespräch teilnehmen lassen sollte – es war schließlich ihr Fachgebiet. Aber er wollte sich keine Informationen von einem widerspenstigen Gefangenen verschaffen, sondern er war jetzt im Begriff, sich mit einem halb bewusstlosen Opfer zu unterhalten. »Gehen wir.«
Hux nahm einige Dinge aus dem Operationssaal mit und geleitete Cabrillo zu den Krankenzimmern. Hatte Geoffrey Merrick vorher ein Zimmer für sich allein gehabt, so musste er sich jetzt den Raum mit drei verwundeten Afrikanern teilen. Sein sonnenverbranntes Gesicht war mit einem Gel bedeckt, damit seine Gesichtshaut schneller heilte, aber Juan konnte erkennen, dass der Wissenschaftler darunter totenbleich war. Nachdem sie ihn eingehend untersucht hatte, injizierte Julia ein Stimulans in seinen intravenösen Tropf.
Merrick kam langsam zu sich. Zuerst blieben seine Augen geschlossen, und die einzige Bewegung rührte von seiner Zunge her, die versuchte, seine trockenen Lippen zu befeuchten. Julia benetzte sie mit einem feuchten Tuch. Dann flatterten seine Augenlider und öffneten sich. Sein Blick wanderte von Julia zu Juan und wieder zurück zur Ärztin. Er war offensichtlich verwirrt.
»Dr. Merrick, mein Name ist Juan Cabrillo. Sie sind hier in Sicherheit. Sie wurden aus der Gewalt der Leute befreit, die Sie entführt hatten, und nun befinden Sie sich in der Sanitätsstation meines Schiffes.«
Ehe Merrick etwas darauf erwidern konnte, ergriff Julia das Wort. »Wie fühlen Sie sich?«
»Ich habe Durst«, krächzte er.
Sie nahm ein Glas Wasser mit Strohhalm vom Nachttisch und hielt es so hin, dass sie den Strohhalm zwischen seine Lippen schieben und er mehrere Schlucke trinken konnte. »Wie geht es Ihrer Brust?«
Er musste einige Sekunden lang überlegen. »Sie ist … taub.«
»Sie wurden angeschossen«, sagte Juan.
»Daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Susan Donleavy hat während der Rettungsaktion auf Sie geschossen.«
»Sie wurde gar nicht misshandelt«, sagte Merrick, als seine Erinnerung bruchstückhaft zurückkehrte. »Ich dachte, sie hätten sie gefoltert, aber das war alles Schminke.«
»In der Zeit, in der Sie gefangen gehalten wurden, hatten Sie einmal Besuch von Daniel Singer. Erinnern Sie sich noch daran?«
»Ich glaube schon.«
»Er war wirklich da, und Sie beide haben sich unterhalten.«
»Wo ist Susan jetzt?«, fragte der Wissenschaftler.
»Sie hat Selbstmord begangen, Doktor.« Merrick starrte ihn an. »Sie hat es getan, damit wir nicht herauskriegen, was Singer plant.«
»Bohrinseln.« Merricks Stimme sank zu einem Flüstern herab, während sich sein Körper gegen die Drogen wehrte, um sich wieder in die Bewusstlosigkeit zurückzuziehen.
»Das ist richtig. Er verfolgte den Plan, Bohrinseln vor der Küste von Angola anzugreifen und eine gigantische Ölpest auszulösen. Was hat er sonst noch geplant? Hat er es Ihnen verraten?«
»Sie müssen ihn aufhalten. Speziell dieses Öl ist giftig.« Seine letzten Worte waren gelallt.
»Das haben wir getan«, sagte Juan. »Sein Angriff ist
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