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Schlangenjagd

Schlangenjagd

Titel: Schlangenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Jack Dubrul
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sie annahm, dass er nackt war. Als sie verlegen wieder hinsah, erkannte sie jedoch, dass er Boxershorts trug, die fast die gleiche Farbe hatte wie seine Haut, obwohl ein weißer Streifen oberhalb des Gummibundes der Shorts deutlich zu sehen war. Dann hatte sie plötzlich Angst, dass er nicht mehr atmete, bis seine Brust sich wie ein Blasebalg aufblähte.
    Zum ersten Mal nahm sie sich die Zeit, seinen Beinstumpf zu betrachten. Die Haut war gerötet und geschwollen und sah irgendwie wund aus, zweifellos eine Folge der heftigen Kämpfe, in die er verwickelt gewesen war. Die Muskeln seiner Oberschenkel waren ausgeprägt, und selbst im Schlaf schienen sie sich nicht zu entspannen. Genau genommen wirkte überhaupt nichts an ihm entspannt. Sein ganzer Körper schien zu vibrieren. Sie hielt den Atem an, lauschte aufmerksam und hörte seine Zähne knirschen.
    Sein Rücken war ein Flickenteppich aus alten Narben und frischen Blutergüssen. Da waren sechs identische Flecken, die aussahen, als hätte er eine Schrotflintenpatrone abbekommen, und dann noch etwas, von dem sie hoffte, dass es eine verheilte Operationsnarbe und keine Messerwunde war, denn sie begann dicht über seiner Niere und verschwand in seiner Shorts.
    Seine Kleider lagen auf dem Fußboden, und während sie sie zusammenfaltete, fragte sie sich, welche Art von Mensch wohl bereit wäre, einen so hohen Preis zu zahlen, um das zu tun, was er tat. Ihm war äußerlich nicht anzumerken, dass seine nächtlichen Träume einen heftigen Bruxismus auslösten, der klang, als wolle er seine Zähne regelrecht pulverisieren. Und obgleich er kaum in den Vierzigern war, hatte er Narben angesammelt, die für zwei Leben gereicht hätten. Irgendeine Macht musste ihn dazu treiben, sich trotz der nachteiligen Auswirkungen auf seinen Körper immer wieder in Gefahr zu begeben.
    Es war kein verkappter Todeswunsch, dessen war sie sich sicher. Seine lockere Art im Umgang mit Max und den anderen zeigte ihr, dass Juan Cabrillo das Leben mehr liebte als jeder andere. Aber vielleicht war genau das der Punkt. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, dass andere Menschen die Gelegenheit bekamen, sich ihres Lebens genauso zu erfreuen, wie er es tat. Er hatte sich zu einem Beschützer aufgeschwungen, selbst wenn all jene, die er unter seine Fittiche nahm, niemals von seinen Bemühungen erfuhren. Sie erinnerte sich an das Gespräch anlässlich ihrer Frage, was er mit Ausnahme des Kapitäns der
Oregon
am liebsten wäre. Er hatte mit Sanitäter geantwortet, ein klassischer unbesungener Held, wie er im Buche stand.
    Als sie seine Hose über einen altmodischen Hausdiener aus Holz hängte, fiel seine Brieftasche auf den Fußboden.
    Sloane schaute zu Juan hinüber. Er hatte keinen Muskel gerührt. Von Schuldgefühlen geplagt, die aber nicht so heftig waren, um ihre Neugier zu verdrängen, klappte sie die Brieftasche auf. Alles, was sie enthielt, war Bargeld in verschiedenen Währungen. Keine Kreditkarten, keine Visitenkarten, nichts, was ihn in irgendeiner Weise hätte identifizieren können. Sie hätte es wissen müssen. Er würde niemals etwas bei sich haben, das ihn mit seinem Schiff in Verbindung bringen oder seinen Gegnern Informationen darüber liefern würde, wer er wirklich war.
    Sloane blickte zum Arbeitszimmer hinüber, wo die Beleuchtung dafür sorgte, dass sein Schreibtisch den Raum beherrschte. Sie ging leise darauf zu, warf abermals einen kurzen Blick in seine Richtung, ehe sie behutsam die mittlere Schublade aufzog. Dort bewahrte Cabrillo seine Persönlichkeit auf. Sie fand ein goldenes, mit Onyx besetztes Dunhill-Feuerzeug und einen kunstvoll verzierten Zigarrenabschneider. Daneben lag ein amerikanischer Reisepass. Sie blätterte darin und stellte fest, dass nahezu jede Seite einen Stempel trug. Ihr gefiel sein kurzes Haar, so wie er es jetzt trug, viel besser als die Frisur auf dem Foto, das sechs Jahre zuvor aufgenommen worden war. Sie fand noch zwei weitere amerikanische Reisepässe, einen mit dem Bild einer ziemlich schlampigen Erscheinung von einem Mann namens Jeddediah Smith – und es dauerte einige Sekunden, ehe sie erkannte, dass es sich um Juan in einer entsprechenden Verkleidung handelte. Da waren andere Reisepässe aus verschiedenen Ländern sowie dazu passende Kreditkarten für alle Charaktere sowie Kapitänslizenzen für Juan und seine Smith-Identität. Sie fand auch eine goldene Taschenuhr mit einer Inschrift für Hector Cabrillo von Rosa und vermutete, dass

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