Schlangenjagd
fehlgeschlagen. Die Ölpest lässt sich eingrenzen.«
»Ein Schiff«, sagte er verträumt.
»Am Terminal lag ein Schiff, aber es wurde nicht angegriffen.«
»Nein, Singer besitzt ein Schiff.«
»Wofür benutzt er es?«
»Das war Susans Entdeckung. Sie zeigte sie ihm. Ich dachte, es sei nur ein Test, aber sie hatte es bereits verbessert.« Seine Augen fielen zu.
»Was verbessert, Geoff? Was hat Susan verbessert? Dr. Merrick?«
»Ein organisches Gel, das Wasser in eine Art Pudding verwandelt.«
»Warum?«, fragte Juan verzweifelt, da er fürchtete, dass Merrick gleich wieder wegtreten könnte. »Wofür wird es benutzt?«
Zwanzig Sekunden lang sagte Merrick überhaupt nichts. »Wärme«, flüsterte er schließlich. »Das Zeug gibt eine Menge Wärme ab.«
Und da war die Verbindung, nach der Cabrillo gesucht hatte. Hurrikane brauchten Wärme, und Singer hatte die Absicht, einen dieser Stürme aufzuladen. Wenn er den Inhalt eines Schiffs, das mit Susan Donleavys Gel beladen war, in den Ozean entließ, möglichst im Epizentrum eines entstehenden Sturms, würde die Wärme dem Wettersystem – und zwar genau, wann und wo er es wollte – auf die Sprünge helfen. Daher hatte er gewusst, wann er den Petromax-Terminal hatte angreifen müssen. Die herrschenden Winde würden die Öldämpfe nach Norden in den Hurrikan tragen, den zu erzeugen er geholfen hatte.
Juan wusste, dass das Meer vor der Westküste Afrikas der logische Ort war, wo Singer das Gel abladen würde, aber diese Region war riesig, und es blieb ihnen nicht genug Zeit, jetzt noch eine Suche durchzuführen. Er musste die Parameter weiter eingrenzen. »Welche Art von Schiff setzt Singer ein?« Höchstwahrscheinlich wäre es wohl ein Tanker, aber Juan wollte den halb bewusstlosen Mann nicht mit seinen Vermutungen durcheinanderbringen.
Merrick schwieg. Er hatte die Augen geschlossen, seine Lippen waren halb geöffnet. Julia betrachtete den Monitor, und Juan kannte diesen Gesichtsausdruck. Ihr gefiel nicht, was sie sah.
Er ergriff Merricks Schulter und schüttelte sie leicht. »Geoff, was für eine Art von Schiff?«
»Juan!« Julias Stimme hatte einen warnenden Unterton.
Merricks Kopf rollte so herum, dass er ihm ins Gesicht schauen konnte, aber er konnte die Augen nicht öffnen. »Ein Tanker. Er hat einen alten Öltanker gekauft.«
Der Monitor begann zu jaulen, als seine Herzfrequenz gefährlich abnahm. Julia stieß Juan zur Seite und rief: »Er baut rapide ab! Holt den Wagen her!« Sie zog das Laken weg, das seine Brust bedeckte, während jemand von ihren Leuten mit einem tragbaren Defibrillator hereinstürmte.
Gleichzeitig schaffte es Merrick, die Augen aufzuschlagen. Sie waren dunkel vor Schmerzen. Er streckte eine Hand aus und ergriff Cabrillos Hand. Dabei formte sein Mund drei Worte, die laut auszusprechen sein Atem nicht ausreichte.
Der zwitschernde Alarm steigerte sich zu einem konstanten Ton.
»Alles klar«, sagte Julia und hielt die Metallplatten über Merricks nacktem Oberkörper hoch. Juan nahm seine Hand weg, damit Julia den elektrischen Impuls auslösen konnte, um Merricks Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Sein Körper bäumte sich auf, während der Strom durch ihn hindurchfloss, und der Monitor zeigte eine entsprechende Spitze, ehe die Kurve sich wieder zu einer flachen Linie streckte.
»Eppy.« Der Sanitäter reichte Julia eine Spritze, gefüllt mit Epinephrin. Die Nadel erschien unmöglich lang. Sie trieb sie in den Bereich zwischen zwei von Merricks Rippen und injizierte die Droge direkt in sein Herz. »Gehen Sie hoch auf zweihundert Joules.«
»Ladevorgang läuft«, meldete der Sanitäter und konzentrierte sich auf das Gerät. »Jetzt.«
Sie legte die Platten wieder auf, und für eine Sekunde schien Merricks Körper regelrecht aus dem Bett springen zu wollen. Die Linie auf dem Monitor zeigte wieder eine Spitze.
»Komm schon. Komm schon«, drängte Julia, und dann war der Herzschlag wieder da, anfangs noch langsam, danach stetig schneller und stärker werdend. »Holt einen Ventilator her.« Sie bedachte Cabrillo mit einem anklagenden Blick. »War es das wirklich wert?«
Er hielt ihrem Blick stand. »Das werden wir wissen, wenn wir einen Tanker namens
Gulf of Sidra
finden.«
30
Das Wetter verschlechterte sich, während die
Oregon
nach Norden jagte und ein sorgfältiges Abwägen zwischen einerseits der Geschwindigkeit und andererseits der Notwendigkeit erzwang, die Verwundeten vor weiteren Schäden durch die Bewegungen des
Weitere Kostenlose Bücher