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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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feststellt, dass man das Möbelstück von einem Koffer nur tragen und nicht ziehen kann, ist es bereits zu spät.
    D as kleine Büro ist keineswegs überheizt, noch nicht einmal richtig warm, aber Jonas Regulski sitzt gleichwohl in Hemdsärmeln hinter seinem Schreibtisch, ein untersetzter breitschultriger bebrillter Mann mit nach hinten gekämmtem aschblondem Haar, das olivfarbene Hemd der Polizei-Uniform spannt an den Schultern. Er hält die Visitenkarte in der Hand, die der Besucher ihm überreicht hat, und nimmt sich alle Zeit der Welt, den Namen und die Anschrift darauf in die Kladde mit seinen Notizen zu übertragen.
    Der Besucher, die Augenbrauen ganz leicht angehoben, hat es aufgegeben, ihm dabei zuzusehen. Er betrachtet den Spruch, der an die Wand hinter Regulski gepinnt ist:
    Wer glaubt,
    ein Dienststellenleiter
    leitet eine Dienststelle,
    der glaubt auch,
    ein Zitronenfalter
    faltet Zitronen.
    Der Besucher erinnert sich, den Spruch schon einmal gelesen zu haben. Mindestens einmal. Wenn er sich nicht sehr irrt, war es am Schwarzen Brett der Führungsakademie der Polizei in Münster-Hiltrup gewesen.
    Regulski hat notiert, was er notieren wollte, und reicht dem Besucher die Karte zurück. Der Blick, den er ihm dabei über die Brille hinweg zuwirft, ist eher gleichgültig. Dass er den Besucher nicht für jemanden ansieht, mit dem man Visitenkarten tauscht, hat er bereits klargestellt. Dann beugt er sich wieder über seine Kladde:
    »Berndorf, Hans – der Name sagt mir nichts. Seit wann sind Sie hier tätig?«
    Er habe sein Büro vor zwei Jahren eröffnet, kommt die Antwort.
    »Was haben Sie davor gemacht?«
    »Ruhestand.«
    »Haben Sie auch einmal gearbeitet?«
    Wieder hebt Berndorf die Augenbrauen, ganz leicht, um anzudeuten, dass er verstanden hat: Seine jetzige Tätigkeit ist nach Regulskis Ansicht nichts, was man Arbeit nennen könnte.
    »Ich war Polizeibeamter.«
    »Wo?«
    »Ulm/Donau.«
    Regulski runzelt die Stirn, trägt wieder etwas in seine Kladde ein, betrachtet, was er sich notiert hat, und blickt auf. »Kripo?« In der knappen Frage schwingt ein Unterton mit, dem der Besucher – wenn er es nicht schon wüsste – mühelos hätte entnehmen können, dass Regulski der uniformierten Polizei angehört.
    »Ja.«
    »Und?« Regulski hat sich zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und betrachtet sein Gegenüber.
    Fragend gibt Berndorf den Blick zurück und antwortet nichts.
    »Was führt Sie zu mir?«
    »Murad Aydin ist heute Nacht bei einem Verkehrsunfall getötet worden. Die Familie hat mich beauftragt herauszufinden, ob es sich wirklich um einen Unfall gehandelt hat.«
    »Noch einmal: Warum kommen Sie zu mir?«, fragt Regulski. »Wenn die Familie Aydin der Ansicht ist, die Berliner Polizei verstünde ihre Arbeit nicht, wohl aber Sie –, dann gehen Sie hin und finden heraus, was Sie herausfinden sollen, aber fragen Sie uns nicht!«
    »Können Sie denn ausschließen, dass es kein Unfall war?«
    »Was ist denn das für eine Frage!«, ruft Regulski und schiebt die Brille zurück, die ihm auf die Nasenspitze gerutscht ist. »Von hinten durch die Brust! Meister, wir suchen den Fahrer, und wenn wir den haben, werden wir ihm ein paar Fragen stellen, und dann wissen wir es vielleicht … Aber dort, wo Sie her sind, macht man das vielleicht anders, da legt man vielleicht erst fest, was man in den Abschlussbericht schreiben wird, und dann sucht man sich den passenden Ganef dazu … Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass dieser Unfall noch etwas anderes war? Wenn Sie oder wenn diese Familie Aydin mehr weiß, dann wäre es vielleicht angezeigt, uns das mitzuteilen …«
    »Es gibt Leute«, sagt Berndorf, »die verreißen das Steuer und schrammen an einer Mauer entlang, nur, um einer Katze auszuweichen. Und dann kommt die Katze trotzdem unter die Räder. Und wieder andere Leute, die verziehen das Steuer extra, damit sie das arme Vieh auch richtig erwischen, und dass die Kotflügel sich an der Mauer eine Schramme einfangen, das ist ihnen schon deshalb ziemlich egal, weil das Auto ein gestohlenes ist.«
    Wieder zieht Regulski die Augenbrauen zusammen. »Woher sagten Sie, dass Sie kommen, Meister?« Er wirft einen Blick in seine Kladde. »Aus Ulm, na gut. Hat einen hohen Turm, hab ich mir sagen lassen. Aber die Uhr daran, die ist wohl stehen geblieben, was?« Er beugt sich vor und mustert Berndorf über die Brillengläser hinweg. »Eigentlich hab ich keine Zeit, nicht die Bohne. Aber bevor Sie hier im

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