Schlecht aufgelegt (German Edition)
als hätte er die Lust an seinem Job wiedergewonnen, und sei es nur für kurze Zeit.
«Sie haben uns ein umfassendes Geständnis geliefert, das wir auf Band haben», dozierte er. «Herrn Kulenkampff sei Dank.»
Bettina blickte hoch. «Du Schwein.»
Kuli ließ das kalt. «Der hätte uns sonst verhaftet. Zu Recht.»
«So sieht’s aus», nickte der Kommissar. «Kann natürlich sein, dass Herr Uhlenbrock und Herr Kulenkampff noch von Herrn Bürger verklagt werden. Glaube ich aber nicht. Der wird sich sicherlich keinen öffentlichen Prozess leisten wollen im Moment. Doch eins nach dem anderen: Frau Rudolph, ich nehme Sie vorläufig fest wegen Mordes an Ihrer Teilhaberin Lisa Gerhard. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern und bla bla bla, aber das wissen Sie ja sicher alles aus dem Fernsehen.»
Zwei Polizisten, die trotz der deutschen Uniformierung ein bisschen aussahen wie Starsky und Hutch aus der alten TV-Serie, drängten in Kulis Wohnung, als hätten sie ihr übliches Stichwort gehört, und schoben sich an Kuli und dem Kommissar vorbei. «Stehen Sie bitte auf», sagte Starsky, während Hutch Bettina am Arm packte.
«Vielleicht nehmen Sie ihr lieber erst die Waffe ab», mischte sich Kuli ein letztes Mal ein. «Aber Vorsicht, die ist entsichert.»
Die beiden Polizisten entrissen der perplexen Bettina eiligst die Pistole. Kommissar Bernauer, der gerade gewohnheitsmäßig seine Taschen auf der Suche nach Rauchwaren abklopfte, hielt inne.
«Ich denke, Sie haben die Patronen herausgenommen?», fragte er irritiert.
«War gelogen», gestand Kuli und bemerkte jetzt erst, wo er es aussprach, in was für einer schlimmen Gefahr er sich befunden hatte und wie knapp das gewesen war und was für ein Glück er hatte und wie schlecht er zukünftig erst einmal schlafen würde.
«Das ist ja ein richtiges Lügennest hier», stellte der Kommissar zufrieden fest und klopfte eine Zigarette aus seiner frisch zerknitterten Packung.
Starsky und Hutch führten Bettina nun zur Tür. Sie drehte sich noch einmal um.
«Uli», sagte sie leise.
Kuli hob die linke Augenbraue.
«Ich hätte niemals auf dich geschossen.»
«Dann ist ja gut», sagte er und ertappte sich dabei, dass er ihr zuwinkte. Sie schaute zu Boden. Dann waren die Polizisten und Bettina verschwunden wie eine flüchtige Erinnerung an bessere Zeiten.
D as Wasser plätscherte so friedlich vor sich hin, die Vögel zwitscherten so selig und beschwingt, dass die beiden für einen Moment die Augen schlossen und sich zurücklehnten.
«Schön, was?», sagte Kuli.
«Ganz groß», grinste Paul. «Ist es denn schon so weit?»
Kuli schaute auf die Uhr. Es war kurz nach 18 Uhr.
«Oh ja», sagte er, stand auf und schaltete den Fernseher ein. Es war der Abend der Wahl, die ersten Prognosen waren eindeutig, Sieger und Verlierer standen fest. Sie sahen Henning Bürger, der im Blitzlichtgewitter auf einem Podium stand, winkte und mit scheinbescheidener Geste seine jubelnden Anhänger zu beruhigen versuchte. Selbstverständlich stachelte er sie dadurch erst recht zu weiterem Jubel an. Er lachte, wirkte gelöst. Seine Frau stand neben ihm und strahlte, winkte gleichfalls in die Menge; schön war sie und würdevoll, wenn auch etwas weniger euphorisch.
«Scheint geklappt zu haben», sagte Kuli. Paul nickte.
«Liebe Freundinnen und Freunde», sprach Henning Bürger in ein Mikrophon. Und weil er sich damit erwartungsgemäß nicht durchsetzen konnte, gleich noch einmal lauter: «Liebe Freundinnen und Freunde.»
Das Wahlvolk beruhigte sich ein wenig.
«Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts», begann er. «Das ist ein Satz von Willy Brandt – und er gilt bis heute. Wir brauchen Stabilität, einen unbedingten Willen zu friedlicher Koexistenz im Sinne allumfassender Toleranz. Deutschland ist ein friedliches und friedliebendes Land – und wir sind die Partei, die dafür steht.» Er wollte weitersprechen, doch seine Bemühungen gingen im Jubel seiner Anhänger unter. Es dauerte einen Moment, dann kam er wieder zu Wort. «Wir freuen uns über die Wahl», rief er, «und verstehen den Ausgang als positives Zeichen für Deutschland.» Erneuter Jubel, so laut, dass die Mikrophone des Senders zerrten.
«Deutschland ist ein friedliches Land», zitierte Kuli. «Der kann schön reden, der Bürger. Na ja, ich mach mal aus.»
Er drückte einen Knopf seiner Fernbedienung. Für einen Moment war nur das Zwitschern der Vögel zu hören.
«Ich glaub dem das», sagte Paul
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