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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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einen Anflug von Skepsis in Carols Stimme.
    »Angesichts der Tatsache, wie abgehängt ich vom Geschehen bin, meine ich, du solltest schon davon beeindruckt sein. Wenn du entschlossen bist, deine eigenen Ermittlungen zu verfolgen, statt einfach nur das zu tun, was das CTC verlangt, dann gibt es vielleicht etwas, an dem du dir die Zähne ausbeißen kannst.« Und zumindest würde es verhindern, dass sie in einen direkten Konflikt mit dem CTC geriet, dachte er. »Und wenn du mehr über Aziz und seine Komplizen weißt, dann bekommt es vielleicht sogar einen Sinn.« Tony lehnte sich zurück, seine Energie ging zu Ende.
    »Eigentlich haben wir schon eine Sache gefunden, die etwas merkwürdig ist«, gab Carol zu. »Wenn du nicht zu müde bist?«
    Trotz seiner Mattigkeit erwachte sein Interesse. »Schon gut. Was hast du?«
    »Es ist ziemlich seltsam. Wir haben vor dem CTC die Bombenwerkstatt gefunden. Und diese Tasche, wegen der ich dich angerufen hatte, war vollgepackt mit sauberen Kleidern, seinem Pass, Führerschein und einem Online-Ticket für einen Flug heute Abend nach Toronto. Als ob er erwartete zurückzukommen. Nicht nur in die Wohnung, sondern dass er hinterher entkommen würde, ohne verdächtigt zu werden. Und das ist einfach etwas, was Selbstmordattentäter auf keinen Fall tun.«
    Im Bereich menschlicher Verhaltensweisen gab es nicht vieles, das Tony aus der Bahn warf. Aber was Carol gesagt hatte, ließ ihn stammelnd nach einer Antwort suchen. »Nein, das tun sie nicht«, brachte er schließlich heraus.
    »Sam vermutete, dass es irgendeine Art von Talisman gewesen sei«, erzählte Carol.
    »Das funktioniert nicht«, murmelte Tony, der seine gesamte Erfahrung durchging, um dem, was er gehört hatte, einen Sinn abzugewinnen. »Ich kann mir einzig und allein denken, dass er kein Selbstmordattentäter war.« Er sah Carol an, deren Gesicht nur als undeutlicher Umriss im Halbdunkel sichtbar war.
    »Und wenn er kein Selbstmordattentäter war, dann ist es sehr wohl möglich, dass es kein terroristischer Anschlag war.«

Sonntag
    C arol erwachte beim leisen Murmeln der Fernsehnachrichten. Im Mund hatte sie noch den faden Geschmack nach Wein, und ein nadelscharfer Schmerz schoss ihren steifen Hals hinunter, als sie sich bewegen wollte. Einen Augenblick konnte sie sich nicht erinnern, wo sie war. Dann fiel es ihr ein, sie hustete und öffnete die Augen. Tony sah sich im Fernsehen die Filmaufnahmen des Bombenanschlags an. Der Nachrichtensprecher nannte die Toten, deren einzelne Fotos auf dem Monitor hinter ihm erschienen. Fröhlich lächelnde Gesichter, die nichts von ihrer Sterblichkeit ahnten. Menschen, deren Tod ein Loch in die Welt der Lebenden gerissen hatte.
    »Konntest du einige Zeit schlafen?«, fragte Tony und warf ihr einen Blick zu.
    »Anscheinend ja«, antwortete Carol. Sie hatten beim Rest der Flasche Wein im Kreis geredet, währenddessen hatte sie das meiste getrunken. Als sie gehen wollte, hatte Tony ihr klargemacht, dass sie zu viel Alkohol im Blut hatte, um auch nur an Autofahren zu denken. Beide wussten, dass die Wahrscheinlichkeit, an einem Sonntag in den frühen Morgenstunden mitten in Bradfield ein Taxi zu erwischen, fast gleich null war. Also hatte er ihr eine Decke gegeben, und sie hatte sich auf dem Sessel ausgestreckt. Sie hatte erwartet, dass sie unruhig vor sich hin dösen würde, aber zu ihrer Überraschung war sie ausgeruht und munter aufgewacht. Sie räusperte sich und sah auf ihre Uhr. Viertel vor sieben. Zeit genug, um nach Hause zu fahren, Nelson zu füttern, zu duschen, sich umzuziehen und rechtzeitig zur Morgenkonferenz zurück zu sein.
    »Gut. Was hast du für heute geplant?« Er drehte die Lautstärke des Fernsehers herunter.
    »Kurze Besprechung mit dem Team um acht, dann werde ich mit Tom Cross’ Witwe sprechen.« Sie verzog das Gesicht. »Das wird toll, da er mir ja immer die Schuld an seinem beruflichen Absturz gab.« Sie stand auf, versuchte, die Knitterfalten ihrer Hose glattzustreichen, und wollte lieber nicht daran denken, wie ihr Make-up oder ihre Frisur aussehen mussten.
    »Es wird schon gutgehen. Irgendwo muss es da eine Verbindung geben.«
    Carol fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, hielt aber plötzlich inne, als ihr ein Gedanke kam, den wohl ihr Unterbewusstsein während des Schlafs zutage gefördert hatte. »Was wäre, wenn du mit deiner verrückten Idee, dass es kein terroristischer Anschlag war, recht hättest und dies alles ein Rachefeldzug gegen Bradfield Victoria

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