Schleichendes Gift
es auch ehrlich.
Dienstag
E r hat sich getäuscht, dachte Carol, als sie mit einer Tasse Kaffee in der Hand zur Dusche ging, während der Kater sich schnurrend an ihre Knöchel schmiegte. Sie hatte die Antwort nicht gewusst, als sie aufgewacht war. Wohl weil Tony eine Flasche Pinot Grigio nicht in seine Rechnung mit einbezogen hatte. Sie war nach dem Krankenhausbesuch ins Büro zurückgegangen, obwohl es nichts gebracht hatte. Nichts, was dort geschehen war, hatte ihre Stimmung heben können. Kevin hatte nichts von den Kanadiern erfahren. Sam nichts Verdächtiges in Yousef Aziz’ E-Mails gefunden. Paula hatte niemanden in Temple Fields getroffen, der Jack Anderson erkannte, außer einer Frau, die mit ihm zur Schule gegangen war und ihn seit der Zeit, als sie mit sechzehn Jahren drei Wochen miteinander ausgegangen waren, nie wiedergesehen hatte. Chris war mit Tom Cross’ Liste von Telefonnummern nicht weitergekommen. Und Stacey hatte nichts von Interesse auf den Festplatten entdecken können, mit denen sie sich beschäftigt hatte. Alles in allem hatte ihr Team den ganzen Tag damit verbracht, sich in Sackgassen zu verrennen. Als sie endlich nach Hause gekommen war, fühlte sie sich reif für die Sackgasse einer weiteren Flasche Wein.
Jetzt drehte sie die Dusche auf und trank ihren Kaffee aus, während sie wartete, dass heißes Wasser kam. Sie hängte ihren Morgenmantel an die Tür und trat in die extra große Duschkabine, die die Handwerker beim Umbau in eine vergessene Kellerecke eingebaut hatten. Sie mochte diese Wohnung sehr, trotz oder wegen der Tatsache, dass sie in Tonys Kellergeschoss lag. Aber die Zeit nahte, da sie akzeptieren musste, dass sie wirklich endgültig zurück in Bradfield war. Um sich zu überzeugen, dass ihre Rückkehr aus London nicht nur vorübergehend war, würde sie sich wahrscheinlich eine richtige eigene Wohnung nehmen müssen.
Nicht dass sie die Nähe zu Tony aufgeben wollte. Die hatte sie doch gewollt, oder? Etwas, das sie einander näher bringen würde. Nur hatte das Wohnen im gleichen Haus sie einander weder auf emotionaler Ebene noch körperlich wirklich enger verbunden. Vielleicht war es an der Zeit, wieder etwas auf Distanz zu gehen, um zu sehen, ob das sie zwingen würde, sich dem zu stellen, was zwischen ihnen lag.
Oder vielleicht war es einfach zu spät.
Das Wasser strömte auf sie herab, und das Rieseln schien den inneren Gedankenfluss anzuregen. Für einen Giftgarten brauchte man Platz. Platz und Abgeschiedenheit. Man wollte nicht, dass die Kinder aus der Nachbarschaft an den Blumen rochen, die Blätter zerkauten oder Beeren pflückten, wenn man giftige Pflanzen anbaute.
Auch Geld war erforderlich. Denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass man die Pflanzen einfach im Gartenzentrum um die Ecke bekam. Sie mussten wohl von spezialisierten Züchtern bezogen werden, vielleicht sogar importiert, und in diesem Fall müsste es Unterlagen geben. Irgendwo würde Jack Andersons anderes Pseudonym zu finden sein.
Und bei diesem Gedanken kam ihr wie ein Blitz die Erinnerung. Pannal Castle. Wo Tom Cross angeblich die Sicherheitsmaßnahmen für eine Benefizveranstaltung organisieren sollte. In der Schule wusste man laut Kevin nichts davon, also musste die Idee vom Mörder stammen. Es war ein Risiko, den Namen eines Veranstaltungsorts zu verwenden, wenn man nicht genug über ihn wusste. Und Tony hatte ihn risikoscheu genannt, jemand, der sorgfältig Pläne schmiedete.
Carol nahm sich kaum genug Zeit, um das Shampoo aus den Haaren zu spülen, sie eilte aus der Dusche, wickelte sich in ein Handtuch und lief zum Telefon im Wohnzimmer. In der Einsatzzentrale gab man ihr die Nummer der Polizeistation, in deren Zuständigkeitsbereich Pannal Castle fiel. Carol rief die Kirkby-Pannal-Polizeiwache an und wartete ungeduldig, während es viermal klingelte. Sobald abgenommen wurde, sprach sie. »Hier ist Detective Chief Inspector Carol Jordan von der Polizei Bradfield. Wer ist am Apparat …? Guten Morgen, Constable Brearley. Ich brauche die private Telefonnummer von Pannal Castle … Ja, ich weiß, dass sie nicht im Telefonbuch steht. Deshalb rufe ich Sie an … Nein, ich rufe Sie von zu Hause an … Ja, ich warte.« Carol trommelte mit den Fingern auf die Sessellehne. Der Junge am anderen Ende schien nicht zu begreifen, dass er bei einer Nachfrage bei der Bradfield Metropolitan Police, ob es wirklich eine DCI Jordan gab, nicht klären konnte, ob er tatsächlich gerade mit dieser DCI Jordan
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