Schleichendes Gift
an seinem Bett gleiten.
»Ich werde wahrscheinlich noch eine Woche hier festsitzen«, berichtete er mürrisch.
»Nur noch eine Woche? Mein Gott, sie muss sehr gut sein. Ich dachte, es würde viel länger dauern.« Sie begann die Plastiktüten zu leeren. »Ingwerlimonade, Dandelion and Burdock , richtige Limonade. Eins a geröstete Nüsse. Die gewünschten Bücher. Alle Tomb-Raider-Spiele, in denen Lara Croft je vorkam. Geleebohnen. Mein iPod. Dein Laptop. Und …«, sie zog schwungvoll ein Blatt Papier hervor, »… der Zugangscode für das W-LAN des Krankenhauses.«
Tony heuchelte Erstaunen. »Ich bin beeindruckt. Wie hast du das hingekriegt?«
»Ich kenne die Oberschwester von früher. Ich habe ihr ausgemalt, wie viel leichter ihr Leben sein könnte, wenn du online wärst. Offenbar fand sie, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften des Krankenhauses ein kleiner Preis dafür sei. Du hast offensichtlich schon großen Eindruck gemacht.« Carol zog ihren Mantel aus und nahm auf dem Stuhl Platz. »Wenn auch keinen guten.«
»Danke für all die Sachen. Ich weiß das wirklich zu schätzen. Du bist viel früher da, als ich erwartet habe.«
»Aufgrund meines Dienstrangs. Aber ich vermute, wenn ich nächstes Mal hier reinmöchte, werde ich meinen Dienstausweis vorzeigen müssen.«
»Warum denn das?« Tony reichte ihr das Kabel seines Laptops. »Hinter dir ist, glaube ich, eine Steckdose.«
Carol stand auf und reckte sich, um den Stecker hinter dem Stuhl einzustöpseln. »Der Fanclub von Robbie Bishop.«
»Wovon redest du?«
»Hast du keine Nachrichten gesehen? Robbie Bishop ist hier, im Bradfield Cross.«
Tony runzelte die Stirn. »Hat er sich also im Spiel am Samstag eine Verletzung zugezogen? Ich bekomme hier ja nichts mit, ich weiß nicht mal, ob wir gewonnen haben.«
»Eins zu null für die Vics. Aber Robbie hat nicht gespielt. Er hatte wohl Grippe, aber es – was immer es ist – hat sich verschlimmert, und er wurde am Samstag hier eingeliefert. Ich habe gerade im Radio gehört, dass er auf die Intensivstation verlegt wurde.«
Tony stieß einen leisen Pfiff aus. »Na, dann ist es offensichtlich keine Grippe. Wurde gesagt, was das Problem ist?«
»Nein. Es war von einer Infektion im Brustraum die Rede. Aber die Fans sind in Massen unterwegs. Man kann vor lauter Kanariengelb den Haupteingang nicht mehr sehen. Anscheinend mussten sie zusätzliche Sicherheitsleute einsetzen, um die Unternehmungslustigsten in Schach zu halten. Eine Frau hat sich sogar als Krankenschwester verkleidet und so versucht, in sein Zimmer vorzudringen. Und ich bin mir sicher, sie wird nicht die letzte sein, die so etwas probiert. Es ist ein großes Problem, weil man das Krankenhaus nicht einfach schließen kann. Die Patienten und ihre Familien würden sich das nicht gefallen lassen.«
»Ich bin überrascht, dass er nicht in einem der privaten Krankenhäuser liegt.« Tony öffnete die Packung mit den Geleebohnen und fuhr mit dem Finger darin herum, bis er seinen Lieblingsgeschmack Popcorn mit Butter gefunden hatte.
»Laut deiner netten Oberschwester hat keines der privaten Krankenhäuser in Bradfield eine Spezialausstattung zur Behandlung akuter Atemwegsprobleme. Sie sind gut, wenn man ein neues Hüftgelenk oder eine Mandeloperation braucht, aber wenn man ernsthaft krank ist, sollte man ins Bradfield Cross gehen.«
»Das brauchst du mir nicht zu sagen«, versetzte Tony sarkastisch.
»Du bist nicht krank«, erwiderte Carol munter. »Du bist nur ein bisschen mehr angeschlagen als sonst.«
Er verzog das Gesicht zu einem halben Lächeln. »Wie auch immer. Ich würde trotzdem wetten, dass Robbie Bishop früher aus dem Laden hier entlassen wird als ich.«
Dienstag
M anchmal macht es wirklich keinen Spaß, recht zu haben, dachte Elinor, als sie auf den Laborbericht starrte. Und hier war dies definitiv der Fall. An den Testergebnissen konnte kein Zweifel bestehen. Robbie Bishop hatte so viel Rizin im Körper, dass es ihn gleich mehrmals hätte umbringen können.
Elinor piepste Denby an und bat ihn, sie auf der Intensivstation zu treffen. Als sie den überdachten Gang durchschritt, der die Labore mit dem Hauptbau des Krankenhauses verband, konnte sie dem Anblick von Robbie Bishops Fans nicht ausweichen. Das Blatt Papier in ihren Händen machte deren geduldiges Wachehalten sinnlos. Eine der Frauen aus der Verwaltung hatte sich am Morgen in der Kantine darüber ausgelassen, dass man förmlich überrannt worden sei mit Angeboten von
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