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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
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um ihre Gefährtin.
    Ruriks Erleichterung darüber, dem Schlafgemach entkommen zu sein, dauerte nur so lange, bis er die Gesichter von Sven und Magnus sah. Es war offensichtlich, was die beiden dachten. Rurik hatte gut Lust, sie mit Gewalt eines Besseren zu belehren. Doch dann besann er sich. Er ließ sich sein Schwertgehänge reichen. Nachdem er es wieder an seiner Hüfte befestigt hatte, kreuzte er herausfordernd die Arme vor der Brust. Sollten sie doch sein Wort und seine Ehre anzweifeln – wenn sie es wagten.
    Als er sich dann an ihnen vorbeidrängte, um hinunterzugehen und anzuordnen, dass man sich um das Wohlergehen der Schwestern kümmern soll, sagte er nur knapp: „Sie ist ausgerutscht.“
    Tiefes Schweigen herrschte hinter ihm. Rurik glaubte bereits, die Flucht wäre ihm gelungen, als Svens Flüstern sein Ohr erreichte.
    „Arme kleine Frau.“
    Arme kleine Frau! Wie wahr!, dachte Rurik, während er ging, um sich um Margriets Nachtmahl zu kümmern. In der Küche fand er Haralds Frau vor. Sie eilte geschäftig hin und her und häufte Brot, Fleisch und etwas Käse auf ein Tablett, das den Schwestern gebracht werden sollte. Dazu stellte sie noch eine Schüssel mit Fleischbrühe. Wie Rurik erwartet hatte, waren die beiden anderen Frauen nicht zu sehen. Doch während er bei den Vorbereitungen zusah, konnte man sie hören, wenn es still war.
    „Schwester Margriet wird Nadel und Faden brauchen, um ihr Gewand zu flicken“, meinte er.
    „Das kann ich doch machen“, erbot sich Thora. „Das ist das Wenigste, was ich tun kann, nachdem Ragna und Morag sie durch ihr unverschämtes Benehmen verscheuchten.“ Thora warf Harald einen Blick zu. Der zog den Kopf ein und erwiderte kein Wort. Er machte den Eindruck eines Mannes, der für seine Missetaten gründlich bestraft worden war.
    Rurik folgte Thora zurück zu dem Gemach der Nonnen und wartete, während sie das Tablett ablieferte. Er konnte hören, dass die Frauen miteinander sprachen. Aber was sie sagten, verstand er nicht. Bald öffnete sich die Tür, und Thora trat heraus. Sie trug das Nonnenhabit in der Hand und bemühte sich, es weit von sich zu halten, weil es immer noch tropfte. Dabei murmelte sie vor sich hin. Man konnte Namen, Verwünschungen und auch ein paar Flüche verstehen. Ein weiteres Gewand, das dem nassen in Farbe und Stoff glich – dieses aber war trocken –, wurde ihr in den Arm gedrückt.
    „Ich versprach den Ehrwürdigen Schwestern, dass ich als Buße für das, was sie gezwungen waren, mit anzuschauen, ihnen ihre Gewänder waschen und flicken werde“, sagte Thora und bekreuzigte sich dabei mit der freien Hand. „Was ist eigentlich Eure Buße dafür, dass Ihr es erlaubt habt?“, fragte sie und ging an Rurik vorbei, ohne seine Antwort abzuwarten.
    Die Frau hatte ja keine Ahnung von dem Preis, den er für das Geschehene zahlte. Und es war wirklich ein hoher Preis, den er zur Strafe zahlte. Es war die Erkenntnis, dass es eine Frau gab, die er begehrte, aber nicht haben konnte. Rurik schüttelte den Kopf, winkte Heinrek zu, er solle sich entfernen und nahm Aufstellung nahe der Tür. Er selbst würde heute Nacht Wache halten. Er würde vor der Tür schlafen und sicherstellen, dass nichts Unvorhergesehenes passierte. Na gut, nicht noch etwas Unvorhergesehenes.
    Leise klopfte Rurik an die Tür und wartete auf Antwort. Es war Elspeth, die auf sein Klopfen antwortete.
    „Braucht Ihr noch irgendetwas, Schwester?“
    „Nein, Sir.“
    „Geht es Schwester Margriet gut?“ Bei der Frage lehnte Rurik den Kopf an die Tür. Er musste wieder daran denken, was heute Nacht geschehen war und auch daran, was beinah zwischen ihnen geschehen wäre.
    „Es geht ihr gut, Sir.“
    „Dann bis morgen“, sagte er. Er wartete auf ein weiteres Wort oder ein Geräusch, doch alles blieb still. Rurik ging und bezog seinen Posten zwischen ihrer Tür und dem Korridor.
    Während der nächsten halben Stunde hörte er, wie sich jemand in dem Gemach bewegte, doch gesprochen wurde kein Wort. Dann wurde es still im Raum, und er wusste, dass sie sich niedergelegt hatten. Er rutschte an die Wand gelehnt zu Boden, setzte sich hin und wartete in dem dunklen Korridor darauf, dass die Nacht verging.
    Etwas später – Rurik war sich nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war – hörte er das leise Weinen einer Frau. Es schmerzte, das zu hören, besonders weil er wusste, dass es Margriet war, die da weinte. Er nahm den Schmerz als weiteren Teil seiner Buße in dieser Nacht auf sich. Als das Schluchzen aufhörte

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