Schleier und Schwert
Und den Gang zu ändern, war ein weiteres Problem für sie. Denn ganz gleich, wie sehr sie auch ihren Rücken durchdrückte, ihre Hüften schienen sich wie von selbst auf die immer gleiche Art zu bewegen.
Margriet wartete und wartete. Vielleicht fand sie Finn doch noch und konnte ihm alles sagen, bevor ihr Vater entdeckte, dass sie schwanger war. Sie war sogar zu den Märkten in der Umgebung gefahren in der Hoffnung, ihn dort zwischen den Händlern zu finden. Doch sie hatte ihn nicht gefunden. Und Margriet kämpfte gegen die Angst an, dass er in Wirklichkeit vielleicht gar nicht da war und dass er auch nicht der Mann war, der er zu sein behauptet hatte, als sie sich in Caithness kennengelernt hatten.
Ihr Vater deutete auf die Wagen und Pferde, die draußen bereits warteten, und zog sie zur Tür hinaus, kaum dass er ihre Hand ergriff.
Ich hatte ganz vergessen, wie lange junge Frauen brauchen, um sich bei so ziemlich jeder Gelegenheit fein zu machen und herzurichten, sagte er.
Verzeiht mir, dass ich Euch warten ließ, Vater. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr vorausreiten. Ich treffe Euch dann dort.
Ihr Vater war kein dummer Mann. Aber er verstand ihren Versuch nur als Ausdruck ihrer Aufgeregtheit. Und ich soll auf die Freude verzichten zuzusehen, wie du am Hofe von Lord Erengisl eingeführt wirst? Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen!
Margriet hätte am liebsten geweint. Seit ihrer Rückkehr verhielt ihr Vater sich so großzügig und freundlich und geduldig ihr gegenüber. Sie wollte es ihm nicht mit dem Geständnis ihrer schrecklichen Verfehlung und ihrer Schande vergelten. Selbst während sie nach ihm suchte, hatte sie gefürchtet, von Finn erkannt zu werden, bevor sie ihre Sünde gestehen konnte. Denn das hätte bedeutet, dass ihr Vater vor allen, die er respektierte und denen er diente, mit der vollen Wucht der bösen Nachricht getroffen worden wäre. Margriet wusste jetzt, dass ihr Vater sie hatte schützen wollen, als er sie während der unruhigen Jahre auf Orkney, als der alte Earl, ohne Söhne zu hinterlassen, starb und Erengisl im Namen seiner Frau die Herrschaft übernahm, ins Kloster schickte. Seine Fürsorge und seine Liebe würde sie ihm jetzt mit Schande vergelten.
Ihr Vater hatte ihr erzählt, wie er Lord Erengisl gedrängt hatte, Rurik zurückzurufen. Damit er ihn darauf vorbereitete, dass er die Ländereien seines Vaters in Schweden erbte. Auch wenn Rurik glaubte, ins Exil geschickt worden zu sein, so hatte sein Vater ihn und sein Leben doch im Auge behalten, seitdem er ihn vor mehr als zehn Jahren fortschickte. Auf Gunnars Drängen war er jetzt nach Hause gerufen worden, um von seinem Vater zu lernen und um sich auf die Verantwortung, die auf ihn wartete, vorzubereiten.
Als Rurik also gesagt hatte, sein Vater würde ihn nicht als standesgemäßen Gatten für sie betrachten, hatte er gemeint, dass Margriet unter ihm stand, nicht über ihm, wie sie glaubte. Denn Erengisl und das hatten ihr die Diener erzählt plante, Rurik zu verheiraten, und zwar mit einer Verwandten seiner Frau. Solch eine Heirat würde für eine starke Allianz mit dem dänischen Königshaus sorgen. Erengisl hatte hohe Ziele für seinen Bastardsohn. Vielleicht tat er es, um die Jahre wiedergutzumachen, die Rurik ohne seine Gunst hatte verbringen müssen?
Nein, Vater, mich hat nur die Reise hierher erschöpft, und ich bin überwältigt von unserem Wiedersehen. Verzeiht mir, dass ich so lange gebraucht habe.
Er tätschelte beruhigend ihre Hand und half ihr in den Wagen. Wenn wir erst einmal in Kirkvaw sind, wirst du genug Zeit haben, dich auszuruhen und dich an unsere Lebensweise hier zu gewöhnen.
Dann bestieg er sein Pferd. Er würde neben ihrem Wagen reiten, sodass sie sich unterhalten konnten. Lord Erengisl hat mich zu sich gerufen. Wir können uns nicht länger Zeit lassen.
Aye, Vater.
Sie würden fast den ganzen Tag unterwegs sein, bis sie die Stadt erreichten. Margriet hatte also viel Zeit, an all das zu denken, was zwischen ihr und Rurik geschehen war. Und da war noch etwas, das sie verwirrte.
In dem Moment, als er sie hatte besitzen wollen, hatte er doch gewusst, dass sie nur Gunnars Tochter war. Und doch hatte er ihr alles zu Füßen legen wollen, was er besaß. Hatte er das nur getan, um seinen Willen zu bekommen? Oder bedeutete es vielleicht, dass er sich um ihretwillen gegen die Pläne seines Vaters stellen würde? Langsam wuchs in ihr der Verdacht, dass Männer bereit waren,
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