Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
Vom Netzwerk:
über Thorfinn zu sprechen, wenn der Ratgeber in Kirkvaw eintraf.
    Die Unterredung dauerte fast den ganzen Tag und wurde nur unterbrochen, um etwas zu essen und Wein zu trinken. Als der Abend hereinbrach, waren sie fertig, und Erengisl lud alle zu einem privaten Abendessen ein. Endlich würden sie von Mann zu Mann reden, von Vater zu Sohn. Rurik gestand sich ein, dass er sich nach dem öffentlichen Empfang und der Versammlung darauf freute, mit seinem Vater zu sprechen. Bald waren alle gegangen, und nur er blieb zurück.
    „Du bist nicht so, wie ich es erwartet habe“, meinte Erengisl und reichte Rurik einen Becher Wein. „Das Letzte, an das ich mich erinnere, ist, dass du wütend die Faust gegen mich schütteltest, während Gunnar dich aus meinem Saal zerrte.“
    Rurik erinnerte sich genau an diesen Augenblick, den sein Vater ihm schilderte. Seine Mutter war, nachdem man ihr die Heirat versprochen hatte, beiseitegeschoben worden. Und er, als ihr Sohn, hatte ihre Partei ergriffen. Er erinnerte sich nicht daran, dass seine Mutter ihn darum gebeten hätte. Aber in jenem Alter, wenn jeder falsche Blick oder jedes verkehrte Wort eine Herausforderung ist, die angenommen werden muss, hatte er sich selbstverständlich auf ihre Seite gestellt.
    „Meine Mutter wurde verstoßen, nachdem Ihr Euer Wort gegeben hattet, sie zur Gattin zu nehmen, wenn Thorfinns Mutter stirbt. Ich erinnere mich auch noch sehr gut“, sagte Rurik. Und nachdem er einen Schluck genommen hatte, fügte er hinzu: „War es das wert?“
    „Deine Mutter hat es verstanden, Rurik.“
    „Ich fragte nicht, ob sie es verstanden hat. Ich fragte, ob all das, was Ihr an ihrer Stelle erhieltet, ihren Verlust aufwog?“
    In diesem Augenblick schien sein Vater zu altern. Der Glanz seiner Augen verlosch, und Rurik wusste, dass er über seine Frage nachdachte
    und über Ruriks Mutter, die vor fast dreizehn Jahren diese Insel verlassen hatte.
    „Der König hat diese Heirat verlangt. Agnes wäre nicht damit einverstanden gewesen, wenn Moireach auf irgendeinem meiner Besitztümer gelebt hätte. Ich hatte keine andere Wahl.“ Seiner Stimme fehlte die Überzeugungskraft der früheren Unterhaltungen, und Rurik hegte den Verdacht, dass der Vater seine Frage mit Nein beantworten würde, wenn er ihm denn eine Antwort geben könnte. „Warum bist du dann zurückgekommen, wenn du immer noch so empfindest? Ich verlange von dir das Gleiche, was man von mir verlangte – um einer Allianz willen zu heiraten.“
    Rurik leerte seinen Becher und dachte über die Antwort und den deutlichen Unterschied zwischen ihnen nach. „Aber ich komme, um Euer Angebot anzunehmen und die damit verbundene Heirat, ohne dass jemand bereits einen Platz in meinem Herzen hat.“
    Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, erkannte er, dass sie gelogen waren. Fast musste er darüber lachen, dass er sich jetzt in der gleichen Situation befand wie früher sein Vater. Der Unterschied war nur, dass er auf Margriet oder das Kind, das sie trug, keinen Anspruch hatte. Etwas musste seinen Vater gewarnt haben, weiter über dieses Thema zu sprechen, denn er schloss mit einer Bitte.
    „Agnes begleitet mich auf dieser Reise. Ich möchte, dass du ihr den Respekt bezeugst, der einer Countess zusteht
    und meiner Gattin. Immerhin geht es bei deiner Heirat um ihre Verwandtschaft.“
    Rurik nickte zustimmend. Er hatte die Frau noch nie getroffen. Seine Mutter und er waren verbannt worden, bevor sie einen Fuß in Erengisls Heim setzten konnte. Aber es handelte sich nur um eine Höflichkeit, um die sein Vater ihn bat.
    „Dann bist du also älter und klüger geworden, seitdem ich dich das letzte Mal sah?“
    „Sechzehn Jahre ist ein schreckliches Alter“, gab Rurik als Erklärung zurück. Dann fragte er nach seinem Bruder. „Erzählt mir etwas über Thorfinn. Welchen Platz hat er bei Euch inne?“
    „Er ist nie zufrieden“, erwiderte Erengisl.
    „Das muss doch nicht schlecht sein. Es lässt ihn danach streben, besser zu werden und mehr zu erringen.“
    „Er erbringt nichts und erwartet alles.“
    „Vater, ich möchte nicht derjenige sein, der Euch von ihm trennt.“ Rurik hatte bereits dieses Problem bedacht, als ihm das Angebot gemacht worden war. „Ich besitze genug Land, um es unter meinen beiden Söhnen zu teilen, so wie ich es auch mit meinem Bruder getan habe. Gunnar schlägt vor, du solltest über meine Ländereien in Schweden herrschen und Thorfinn über die Orkneys und die Ländereien in Norwegen.“
    „Ich glaubte, durch Agnes hättet Ihr

Weitere Kostenlose Bücher