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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
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hier nur dem Namen nach Anspruch auf die Macht und nicht des Blutes wegen?“
    „Aha! Dann hast du dich also schon informiert?“ Er schien sich darüber zu freuen, dass Rurik bereits mit einigem Wissen über die Situation hierhergekommen war. „Du hast recht. Wenn Agnes mir keinen Sohn schenkt, habe ich von meiner Abstammung her kein Anrecht auf diese Gebiete. Ich besitze sie jetzt. Sie wurden mir bei meiner Heirat mit Agnes von dem alten Earl übergeben, um sie in ihrem Namen zu verwalten. Diese Inseln besitzt jedoch Norwegen. Ich diene hier Magnus’ und Erics Interessen. Also sehe ich kein Ende meines Anrechts auf sie, jedenfalls nicht zu meinen Lebzeiten.“
    Jetzt verstand Rurik die Pläne seines Vaters. Er wusste nur nicht, ob Thorfinn sich nicht betrogen fühlen würde. Rurik stand nun auch auf, bedankte sich bei seinem Vater für das Mahl und entschuldigte sich. Er hatte heute so viel gelernt, beobachtet und gehört, dass sich ihm der Kopf drehte. Während er durch die Säle ging, bemerkte er, dass fremde Diener sich vor ihm verbeugten und andere, die immer noch dort waren, ihm zunickten oder stehen blieben, um ihn zu begrüßen.
    Das war eine ganz andere Situation als damals, als er vor dreizehn Jahren fortging. Die größte Sorge machte ihm aber, dass mit jeder Gunst, die man ihm erwies, in seinem Innern die Sehnsucht nach mehr wuchs. Er war nicht gierig, aber er fühlte sich, als würde sich jeder Traum für ihn erfüllen und als ob er alles bekam, was er wollte.
    Es gab jetzt so vieles, worüber er nachdenken musste. Er musste sich seine eigenen Berater wählen und hoffte nur, dass Gunnar daran gedacht hatte. Auch wollte er Sven und Magnus an seiner Seite haben. Was die drei Männer aus Lairig Dubh betraf, war er sich nicht so sicher. Wahrscheinlich gab es noch andere, die sein Vater ihm empfehlen würde. Und dann waren da wohl auch noch solche, die sich vielleicht eine kleine Belohnung oder Ehrung verdient hatten, und an die man denken sollte.
    Rurik bog in den letzten Korridor ein, der zu seinen Gemächern führte. Es würde einige Zeit dauern, bis er all das gelernt hatte, was von ihm erwartet wurde. Doch er hatte sich jetzt dazu verpflichtet. Seine Gemächer waren groß und komfortabel, mit Blick auf den Hafen. Ein Diener hatte ihm das Bett vorbereitet, einen Krug Bier und etwas Brot und Käse auf den Tisch gestellt und im Kamin ein loderndes Feuer entzündet.
    An diese Art, bedient zu werden, könnte er sich gewöhnen, dachte Rurik.
    „Lady Margriet, Euer Vater wartet auf Euch. Er bittet, Euch mit Euren Vorbereitungen zu beeilen.“ Brynja, das junge Mädchen, das bei Margriets Ankunft zu ihrer Bedienung abgestellt worden war, trat ins Gemach und überbrachte ihr die Nachricht.
    Es lag nicht an den Vorbereitungen, denn Margriet saß voll angekleidet und hergerichtet in dem neuen Gewand da, das ihr Vater für sie hatte machen lassen. Seufzend erhob sie sich jetzt und ging zur Tür. Draußen im Gang sah sie ihren Vater. Er hatte Geduld mit ihr gezeigt, hatte sogar für Privatlehrer gesorgt, um ihr den Weg zurück an ihren Platz zu erleichtern.
    Sie waren im Begriff, Kirkvaw zu verlassen. Lord Erengisl hatte Gunnar und seinen anderen Beratern und Vasallen befohlen, anwesend zu sein, wenn er seinen Sohn präsentierte.
    Seinen Sohn Rurik.
    Margriet wusste nur, dass sie ihm jetzt, nachdem sie seine Lüge entdeckt hatte, nicht gegenübertreten konnte, ohne etwas Verrücktes zu tun. Und da sie im Begriff war, sich bei ihrem Vater, ihrer Familie und der Verwandtschaft hier auf den Orkneys wieder einzuleben, verspürte sie nicht den Wunsch, ihren Vater durch ihre Handlungen in Verlegenheit zu bringen. Zumindest nicht durch ihre jetzigen Handlungen, denn die Sünden ihrer Vergangenheit hatte sie ihm noch gar nicht enthüllt.
    Es musste bald geschehen, dachte sie, während sie durch die Halle zu ihrem Vater ging. Denn die Näherinnen und Dienerinnen hatten die Wahrheit bereits herausgefunden, als sie Maß nahmen für Margriets neue Kleider und Tuniken. Etliche Kleidungsstücke spannten eng über ihren Brüsten, die empfindlicher waren und schmerzten
    und wie es schien, mit jedem Tag, der verging, stärker anschwollen. Am liebsten hätte Margriet sie mit den Händen angehoben, um den Schmerz zu lindern, den sie ihr bereiteten.
    Auch ihr Gang begann nun, sehr unschön zu werden. Sie watschelte wie eine Ente. Es hatte Margriet erschreckt, dass ein kleiner Junge sie nachgeahmt hatte, als sie an ihm vorübergegangen war.

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