Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
Vom Netzwerk:
Blick aus den tiefgrünen Augen seines Vaters, kniete nieder und beugte respektvoll den Kopf. Er blieb in dieser Stellung, bis sein Vater sich von seinem Sessel erhob und auf ihn zutrat.
    Rurik ergriff die ausgestreckte Hand, stand auf und schüttelte sie. In diesem Augenblick willigte er in alles ein, was sein Vater ihm anbot. Im nächsten Moment riss sein Vater ihn in eine Umarmung, die ihm fast das Rückgrat brach, und der ganze Saal brach in Hochrufe über ihre Versöhnung aus.
    Nachdem sein Vater ihn wieder freigegeben hatte, forderte Rurik seine Freunde auf vorzutreten, damit er sie dem Earl vorstellen konnte. Erengisl hieß sie alle an seinem Hof und in seinem Haushalt willkommen. Auf dem Podest führte er Rurik zu einem jungen Mann, der an seiner Seite saß. Rurik erkannte seinen Halbbruder Thorfinn.
    Auch wenn Thorfinns Haarfarbe der seiner Mutter glich, Erengisls erster Gattin Magnilda, so besaß er die Größe und die Haltung seines Vaters. Nur ein Jahr älter als Rurik mochte durch Thorfinns Adern zwar das Blut seiner edlen Mutter fließen, doch Ruriks Mutter war Erengisls Favoritin geblieben. Und das war der Grund für die wenig herzliche Begrüßung nach so vielen Jahren.
    „Bruder“, sagte Thorfinn höflich, doch Rurik wusste, dass er es nur tat, weil man sie beobachtete.“ Willkommen zu Hause.“ Er streckte ihm die Hand entgegen.
    Wie bitter musste es für ihn sein, diese Worte auszusprechen! Als Erengisl auf Geheiß des Königs seine jetzige Gattin Agnes heiratete und seine langjährige Geliebte, Ruriks Mutter, verstieß, hatte es schlecht zwischen ihnen geendet. Ruriks Mutter war für Erengisl die Frau seines Herzens gewesen, vor und sogar während der Ehe mit Thorfinns Mutter. Aber Ehen unter Angehörigen von Erengisls Stand wurden nicht aus Liebe geschlossen oder um Söhne zu bekommen. Sie gründeten sich auf den, der die meiste Macht oder den größten Reichtum gewann.
    Und so, seinem Lehnsherrn und dessen Forderung verpflichtet, war Erengisl gezwungen, Moireach und ihren gemeinsamen Sohn aufzugeben. Thorfinn, damals erst vierzehn Jahre alt, hatte diese Entscheidung bejubelt und geschworen, dass der Sohn der schottischen Hure niemals am Erbe ihres Vaters teilhaben sollte. Jetzt, wo er Seite an Seite neben ihm stand, fragte sich Rurik, was wohl der Preis für seine Einwilligung gewesen war.
    Rurik nahm die dargebotene Hand und schüttelte sie. Dabei entging ihm nicht das erfreute Gesicht seines Vaters. Offensichtlich war es Erengisl wichtig, dass sich auch seine Söhne wieder vertrugen.
    „So, so“, sagte Thorfinn mit leiser Stimme, sodass nur Rurik es hören konnte. „Dann kehrt der Sohn der Hure also zurück.“
    Rurik war es nur lieb, dass er jetzt die Wahrheit kannte und wusste, dass er sich in Acht nehmen musste. Er fühlte sich gleich besser. „Ich danke dir für deinen Willkommensgruß, Bruder“, erwiderte er und widerstand dem Verlangen, Beleidigung mit Beleidigung zu beantworten.
    „Komm“, sagte Erengisl, „ich möchte, dass du die Anwesenden kennenlernst.“
    Er folgte seinem Vater durch eine seitliche Tür neben dem Podest und ging mit ihm in einen Raum, der als Versammlungsort diente. Eine Gruppe von Männern folgte ihnen und nahm an den langen Tischen Platz, die dort standen. Nachdem von den Dienern, die entlang der Wand Aufstellung bezogen hatten, Wein und Bier serviert worden waren, stellte Erengisl einen nach dem anderen Rurik vor. Gunnar war als Einziger nicht da.
    „Gunnar gesellt sich morgen zu uns“, verkündete sein Vater. „Komm, Rurik, sitz an meiner Seite, während wir die Situation am Hofe König Magnus’ besprechen.“ Rurik ging zu dem Stuhl, auf den Erengisl deutete. Er bemerkte, dass bereits Dokumente an dem Platz lagen. „Keine Sorge“, meinte Erengisl. „Thorfinn wird nichts dagegen haben, wenn du auf seinem Platz sitzt, während ich die Feinheiten der Verhandlungen erkläre.“
    Das Glitzern in den Augen seines Bruders verriet, dass er mehr als nur „nichts dagegen hatte“, seinen Ehrensitz aufzugeben. Es verkündete Rache für diese Kränkung. Aber erneut straften seine Worte seine wahren Gefühle Lügen. „Natürlich nicht, Vater. Ich freue mich, nach Kräften helfen zu können.“
    Rurik kannte Männer wie Thorfinn. Sie verbargen ihre wahren Motive und Ziele hinter Höflichkeit und griffen dann bei Nacht und Nebel an, anstatt im hellen Tageslicht. Man konnte nie wissen, aus welcher Richtung der Angriff kam, nur, dass er kommen würde. Rurik nahm sich vor, mit Gunnar

Weitere Kostenlose Bücher