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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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war und sie lustig und bezaubernd zu unterhalten glaubte. Mrs. Hauksbee hatte eine ältere Generation seines Schlages knospen, blühen und schließlich als wohlgenährte Hauptleute und dickbäuchige Majors verfallen sehen.
    Nach mäßiger Schätzung konnte Mrs. Hauksbee gegen dreiundzwanzig verschiedene Rollen spielen. Einige Männer behaupteten, noch mehr.
    Sie fing jetzt an, mit Pluffles wie eine Mutter zu reden, als lägen zwischen ihnen nicht fünfzehn sondern dreißig Jahre. Sie sprach mit einer tiefen, zitternden Stimme, die etwas Besänftigendes hatte, obgleich ihre Worte alles eher als besänftigend waren. Sie machte ihn auf die grenzenlose Torheit, um nicht zu sagen Niedrigkeit seiner Handlungsweise und auf die Kleinlichkeit seiner Anschauungen aufmerksam. Er stammelte etwas wie »sich als Mann von Welt auf sein eigenes Urteil verlassen können,« und das bahnte ihr den Weg für das, was sie ihm noch zu sagen hatte. Von jeder anderen Frau hätten Pluffles die Worte vernichtet; aber der weiche, girrende Ton, den Mrs. Hauksbee annahm, stimmte ihn mild und reuig, als wäre er in einer Art höherem Gottesdienst gewesen. Allmählich zog sie ganz sanft und zart aus Pluffles den Dünkel, wie man die Stäbe aus einem Regenschirm zieht, ehe man ihn neubezieht. Sie sagte ihm, was sie von seinem Urteil und seiner Weltkenntnis hielt, und daß ihn seine Darbietungen vor den andern lächerlich gemacht hätten, und daß er jetzt auch mit ihr herumliebeln würde, wenn sie es ihm nur gestattete. Sie versicherte ihm, daß eine Heirat aus ihm erst etwas Rechtes machen würde, und entwarf ein hübsches kleines Bild, – ganz ins Rosenrote schillernd, – von der zukünftigen Mrs. Pluffles, und wie sie sich ihr Leben lang auf »Urteil und Weltkenntnis« eines Gatten, der sich nichts vorzuwerfen hatte, werde stützen können. Sie allein weiß, wie sie diese beiden Behauptungen verband. Pluffles fiel der Widerspruch jedenfalls nicht auf.
    Es war eine vollendete kleine Predigt, – viel besser als sie irgendein Pastor hätte halten können, – die mit einem rührenden Hinweis auf Mama und Papa Pluffles schloß, zugleich mit dem weisen Rat, mit seiner jungen Frau doch nach England zurückzugehen.
    Darauf schickte sie Pluffles spazieren, damit er sich über ihre Worte klar würde. Pluffles schneuzte sich und verließ sie aufrechten Ganges. Mrs. Hauksbee lachte.
    Was Pluffles in Sachen seiner Verlobung beabsichtigt hatte, wußte allein Mrs. Reiver, und die schwieg sich zeitlebens aus. Wahrscheinlich hätte sie den Bruch als Huldigung vor ihr nicht ungern geschehen sehen.
    Pluffles erfreute sich in den nächsten Tagen manchen Gespräches mit Mrs. Hauksbee. Sie hatten alle den gleichen Zweck, ihm auf den Pfad der Tugend zu helfen.
    Mrs. Hauksbee wollte ihn bis zuletzt unter ihren Fittichen halten. Darum mißbilligte sie auch seinen Plan, nach Bombay zur Trauung zu fahren. »Der Himmel weiß, was ihm geschehen könnte,« sagte sie. »Pluffles steht unter dem Fluche Reubens, und darum ist Indien nicht der rechte Ort für ihn.«
    Zuguterletzt kam die Braut mit ihrer Tante, und Pluffles der seine Verhältnisse einigermaßen in Ordnung gebracht hatte, wobei ihm Mrs. Hauksbee ebenfalls half, konnte heiraten.
    Mrs. Hauksbee atmete erleichtert auf, als die beiden »Ja« gesprochen waren, und ging ihrer Wege.
    Pluffles folgte ihrem Rat und zog in die Heimat. Er quittierte den Dienst und züchtet jetzt irgendwo zu Hause hinter grüngestrichenen Zäunen bunte Kühe. Vermutlich ist er darin sehr urteilsfähig. Hier in Indien wäre er gescheitert.
    Wenn daher jemand etwas ungewöhnlich Häßliches von Mrs. Hauksbee sagt, erzähle man ihm die Geschichte von Pluffles' Befreiung.

Amors Pfeile
    Sumpf, dessen Kühle einst Büffel umdrängt,
Versiegt von der Glut jetzt, verdorrt und zersprengt;
Baumstumpf, den salzige Gräser umschlingen;
Pfad, den die Hügel der Ratten umringen;
Heimliche Höhle am flüchtigen Fluß;
Aloe sticht dich in Flanken und Fuß.
Spring, wenn du's wagst, auf ein Roß vor der Zeit;
Weich lieber aus, – gehe weit, geh weiter,
Horche, da vorn ruft der beste Reiter:
Kinder, zur Seite! Noch weiter! Ganz weit! –
    Die Peora Jagd.
    Es war einmal in Simla ein sehr hübsches Mädchen, die Tochter eines armen aber ehrlichen Kreisrichters. Sie war ein gutes Kind, aber sie kannte nun einmal ihre Macht und nutzte sie. Die Mama war um die Zukunft ihrer Tochter besorgt, wie es jede gute Mama sein sollte.
    Wenn ein Junggeselle

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