Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen
als wenn's in die Hölle geht, verstanden? Reden brauchst du nicht mit dem Sahib. Der versteht dich doch nicht! Wenn er was brüllt, dann brüll du nur Hüh! Erst fährst du mir vorsichtig, nachher haust du drauf los, was das Zeug hält. Je mehr du haust, um so zufriedener ist der Sahib, verstehst du? Da hast du 'ne Rupie von mir.«
Der Kutscher hatte gemerkt, daß irgend was los war. Er grinste und sagte: ich fahren verflucht schnell! – Was ich für Angst hatte, daß der Wagen käme, ehe ich unsern süßen, kleinen Benira mit Gottes Hilfe bugsiert hatte. Er packte sein Dreckzeug in die Ekka und kugelte nach wie'n Meerschweinchen.Meinen Sie, er hätte uns ein Glas Bier geben lassen? Dafür, daß wir ihm den Weg gezeigt hatten? Na, sage ich zu den andern, der ist weg, nach den Sümpfen.«
Und nun erzählte Ortheris weiter.
»In dem Moment kommt gerade der kleine Bhuldoo, was der Junge von einem der Sais bei der Artillerie ist. In London war er ein großartiger Zeitungsjunge geworden, denn scharf ist er und nie zu faul. Natürlich hatte er gesehen, wie wir Mister Benira aufgepackt hatten. ›Was haben Sie denn da eben gemacht, Sahibs?‹ sagt er. Learoyd nimmt ihn beim Ohr und sagt:
›Gesagt hab ich,‹ fuhr Learoyd fort, ›junger Mann, der Mann da will am Donnerstag die Kanonen raus haben, Donnerstag, verstehst du? Dann mußt du auch ran! Also nimm dir ein Pony und hau drauf los, und fahr' den Kerl in die Sümpfe. Mach, daß du hinter der Ekka herkommst und sag dem Kutscher, daß du fahren willst. Der Sahib kann kein Indisch, er ist ein bißchen – verstehst du? Karr' die Ekka in den Sumpf, laß den Sahib sitzen, und mach, daß du nach Haus kommst. Hier hast du 'ne Rupie.‹«
Das nächste sagten Mulvaney und Ortheris abwechselnd. Man möge den Sprecher selbst herausfinden.
»Das war so ein richtiger kleiner Teufel, der Bhuldoo, und er zwinkert mit den Augen und sagt kaum was und ist fort. – Wir wollen doch mal sehen, ob man da nicht noch Geld rausschlagen kann, sage ich. – Na, und ich möchte erst mal wissen, wie die Sache abläuft. – Also gehen wir doch raus nach den Sümpfen und retten den Kleinen vor dem mörderischen Bhuldoo! – Natürlich, wie auf dem Theater. – Also sind wir im Laufschritt raus zu den Sümpfen. Aber da hören wir schon ein Getrappel hinter uns, und da war's, weiß Gott, der kleine Bhuldoo mit 'ner ganzen Räuberbande, drei Stück, die – na, so ein bißchen echt mußtedie Sache doch aussehen, – haste was kannste drauf los ritten. Und wir rannten, und die rannten, und wir platzten fast vor Lachen. Da kamen wir an den Sumpf und hörten dumpfe Klagetöne durch die Abendlüfte säuseln.« (Ortheris machte das Bier poetisch.) Das Duett begann von neuem. Mulvaney hob an.
»Wir hörten den Räuber Bhuldoo den Kutscher anschreien, einen von den jungen Teufelskerlen mit einem Knüppel auf das Ekkaverdeck schlagen und Benira Trig Mord und Totschlag brüllen. – Bhuldoo reißt den Kutscher vom Bock, packt die Zügel und fährt wie verrückt in den Sumpf. Der Kutscher kommt nun zu uns ran und sagt: ›Der Sahib ist halb tot vor Angst. Was ist denn das für eine Teufelssache?‹« – »Nur Ruhe,« sagen wir, »nimm hier das Pony und komm mit uns. Der Sahib ist angefallen, und nun müssen wir ihn befreien.« »Angefallen?« sagte der Kutscher, »Unsinn, das ist doch Bhuldoo.« »Zum Henker mit Bhuldoo,« geben wir zur Antwort, »es ist ein verdammter, wilder Heide aus dem Gebirge. Achte sind's, die den Sahib angefallen haben, verstehst du! Merk dir's, hier hast da 'ne Rupie dafür.« – Und da sehen wir auch schon die Ekka umkippen und ins Wasser platschen, und hören den Benira um Vergebung seiner Sünden flehen. Und Bhuldoo und seine Freunde sind auch im Wasser und prügeln sich.«
Hier zogen sich die drei Musketiere hinter ihre Biergläser zurück.
»Nun, und was geschah nun?« fragte ich.
»Ja, was nun geschah?« antwortete Mulvaney und wischte sich den Mund. »Sollen vielleicht drei so tapfere Soldatenkerle wie wir den Stolz des Herrenhauses überfallen und ersaufen lassen? Niemals. Wir stellten uns also in Reih und Glied und machten Sturm auf den Feind. Zehn Minuten lang, das sage ich Ihnen, konnten wir unser eigenes Wortnicht verstehen. Das Getrommel auf dem Verdeck und Benira und die Bande radauten um die Wette. Die Stöcke pfiffen nur so rum um die Ekka. Ortheris paukte mit seinen Fäusten aufs Verdeck und Learoyd schrie: ›Nehmt euch bloß vor ihren Messern in
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