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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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acht.‹ Und ich schlug rechts und links um mich und trieb ganze Regimenter Heidenvolk nur so in die Flucht. Kreuz Maria und Joseph, es war ärger als Ahmid Kheyl und Maywind zusammen. Nach einer Weile flieht Bhuldoo und die ganze Gesellschaft. Haben Sie schon einmal einen richtig lebendigen Lord seine Adligkeit einen halben Meter tief im Sumpfwasser verstecken sehen? Weiß Gott, er sah aus wie so'n bibbernder Wasserschlauch. Na, und es dauerte auch ganz hübsch lange, bis wir unserm Freund Benira klar gemacht hatten, daß er noch lebte. Aber noch länger hat's gedauert, bis wir die Ekka aus dem Dreck kriegten. Und schließlich kam auch der Kutscher wieder ran und schwor, er hätte mitgeholfen, den Feind zu vertreiben. Benira war vor Angst ganz krank. Wir brachten ihn ganz gemütlich ins Quartier zurück, damit die Nässe recht hübsch durchsickern konnte. Und sie ist gesickert! Dem Regimentsheiligen alle Ehre, sie hat dem Lord Benira das Mark aus den Knochen gesogen.«
    Da sagte Ortheris langsam mit unermeßlichem Stolz: »Er sagt zu uns: ›Ihr seid meine edlen Retter,‹ sagt er. ›Stolz kann die englische Armee auf euch sein,‹ sagt er. Und dann beschreibt er uns die furchtbare Räuberbande, die ihn angefallen hat. Vierzig Mann wären es gewesen, sagt er, die Übermacht hätte ihn überwältigt. Na, das stimmt. Aber nicht einen Augenblick hätte er seine Geistesgegenwart verloren, sagt er. Und das stimmt auch. Dem Kutscher gab er fünf Rupien für seinen edlen Beistand. Und nach uns würde er sehen, wenn er mit dem Obersten gesprochen hätte. Denn's Regiment kann auf uns stolz sein, sagt er.«
    »Na, wir drei,« sagte Mulvaney mit engelreinem Lächeln, »wir drei haben schon mehr als einmal Bob Bahadurs ganz be-son-de-re Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Aber er ist wirklich ein anständiger kleiner Herr, unser Oberst Bob. Ortheris, mein Sohn, nun fahr' du fort!«
    »Wir bringen ihn also zum Oberst ins Haus, elend genug, und laufen rüber in die Kaserne und sagen, daß wir Benira vom blutigen Tode errettet hätten, und daß Donnerstag wahrscheinlich keine Parade wäre. – Na, und zehn Minuten drauf kommen drei Briefe, für jeden von uns einer. Weiß Gott, der alte Schafskopp schickt uns jedem ein Goldstück. Am Donnerstag lag er im Krankenhaus, um sich von seinem blutigen Zusammenstoß mit der Heidenbande zu erholen. Und die ganze zweite Kompanie soff sich auf sein Wohl unter'n Tisch. Aber der Oberst sagte, als er von unsrer Tapferkeit hörte: ›Irgendwo ist hier doch 'ne Spitzbüberei im Gang gewesen,‹ sagt er, ›ich kann man bloß euch drei nicht überführen.‹«
    »Meine spezielle Ansicht ist,« sagte Mulvaney, kletterte vom Büfett herunter und drehte sein Glas um, »sie würden uns auch nicht überführt haben, wenn sie's gekonnt hätten. Denn Parade am Donnerstag verstößt erstens gegen die Natur, zweitens gegen's Reglement und nicht zuletzt gegen Terence Mulvaney seinen Willen.«
    »Schön, mein Sohn,« sagte Learoyd, »aber, junger Mann, was wollen Sie denn mit dem Notizbuch?«
    »Laß ihn nur,« sagte Mulvaney, »nächsten Monat um die Zeit sind wir schon auf dem Schiff; der Herr will uns ja bloß unsterblich machen. Aber behalten Sie's bei sich, bis wir meinem Freunde Bob Bahadur aus der Schußweite sind.«
    Und ich bin Mulvaney gehorsam gewesen.

Der Wendepunkt
    Schädel häufte er zu Ballen,
Dreißigtausend hochgetürmten,
Seinem Mädchen zu gefallen,
Wo des Oxis Wasser stürmten.
Grimmig sprach Attula Khan:
»Liebe schuf dies Nichts zum Mann!«
    Oattars Geschichte.
    Wenn man Empfängen, Hoffestlichkeiten und Privatbällen den Rücken kehrt, wenn man Menschen und Dinge, die man in seinem zivilisierten Leben kennengelernt hat, weit hinter sich läßt, kommt man zuletzt an die Grenzen, wo kein Tropfen weißen Blutes mehr pulsiert und der volle Strom des schwarzen an zu fluten fängt. Es ist leichter, sich unerwartet mit einer jüngst geadelten Herzogin zu unterhalten als mit den Menschen jenes Grenzgebietes, ohne ihre Sitten oder ihre Gefühle tief zu verletzen. Schwarzes und weißes Wesen mischt sich dort auf sonderbare Weise. Manchmal verrät sich das Weiße in Ausbrüchen ungestümen kindischen Stolzes, – eines verschrobenen Rassenstolzes –, und manchmal das Schwarze in noch ungestümerer Selbsterniedrigung und Demut, halbheidnischen Gebräuchen und einem seltsamen, unerforschlichen Trieb zum Verbrechen. Eines Tages wird dies Grenzvolk, das ohne Frage tiefer steht als die Schicht,

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