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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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erstenmal »Verantwortlichkeit« und »Erfolg« gekostet. Und das ist ein berauschender Trank, der schon mehr Menschen zu Schanden gemacht hat als Branntwein. Michele gab zur Antwort, der Richter möge sagen, was er wolle; er, der Telegraphist, sei die englische Regierung in Tibasu, solange bis der Hilfssteuereinnehmer ankomme, und er werde die Ältesten des Ortes für weitere Unruhen verantwortlich machen. Sie sagten gesenkten Hauptes: »Übe Gnade« oder etwas Gleichbedeutendes und gingen in großer Furcht wieder fort. Und einer beschuldigte den anderen, den Aufruhr angezettelt zu haben.
    Michele machte die ganze Nacht mit seinen sieben Polizisten die Runde und ging bei Morgengrauen dem Hilfssteuereinnehmer entgegen, der herangeritten kam, um Tibasuzu unterwerfen. Aber in Gegenwart des jungen Engländers fühlte sich Michele immer mehr in seine angeborene Natur zurückfallen. Sein Bericht von dem Aufstand in Tibasu endete mit einem krampfhaften Tränenausbruch aus Kummer, einen Menschen getötet zu haben, aus Scham, sich nicht mehr so erhaben fühlen zu können wie während der Nacht, und aus kindischem Zorn, daß seine Zunge der Schilderung seiner großen Taten nicht gewachsen war. Es war der Tropfen weißen Blutes, der in Micheles Adern ohne sein Wissen wieder versiegte.
    Aber der Engländer verstand. Nachdem er die Tibasuner verwiesen und mit dem Richter geredet hatte, bis dieser wohllöbliche Beamte grün und gelb wurde, nahm er sich Zeit zu einem offiziellen Bericht über Micheles Führung. Dieses Schreiben kam ins richtige Fahrwasser und brachte den Erfolg, daß Michele von neuem versetzt wurde mit dem fürstlichen Gehalt von 66 Rupien im Monat.
    Er wurde unter allem herkömmlichem Pomp mit Miß Vezzis getraut, und heute krabbeln bereits verschiedene kleine D'Cruze auf den Veranden des Haupttelegraphenamtes herum.
    Aber wenn man Michele auch das Einkommen des ganzen Bezirks verspräche, er könnte doch nie und nimmer zum zweiten Male, was er in Tibasu für Miß Vezzis, das Kindermädchen, gekonnt hatte.
    Und das beweist, daß in sieben Fällen von neun eine Frau dahintersteckt, wenn ein Mann etwas leistet, was in keinem Verhältnis zu seinem Gehalt steht.
    Nur ein Sonnenstich kann Ausnahmen davon schaffen.

Uhren
    Was in den Büchern des Bramahnen steht,
steht auch in seinem Herzen.
Ich hab' wie du es nicht gewußt, daß so viel
Böses in der Welt.
    Im Anfang war die ganze Geschichte eigentlich nur ein Scherz, aber sie ist jetzt weit genug gediehen und wird allmählich ernst.
    Leutnant Platte war arm und trug deshalb seine Waterbury-Uhr an einem einfachen Lederriemen.
    Der Oberst hatte auch eine Waterbury-Uhr und trug als Kette den Maulriemen eines Zaumzeuges. Maulriemen sind die besten Uhrketten. Sie sind stark und kurz. Nun ist zwischen einem Maulriemen und einem gewöhnlichen Lederriemen kein großer Unterschied; und zwischen zwei Waterbury-Uhren überhaupt keiner. Der Uhrriemen des Obersten war in der ganzen Garnison bekannt. Der Oberst war kein großer Reiter, aber er wollte die Leute gern glauben machen, daß er es früher gewesen war, und entwarf phantastische Geschichten von dem Jagdzaumzeug, dem dieser besondere Maulriemen zugehört hatte. Im übrigen war er peinlich gewissenhaft.
    Platte und der Oberst zogen sich im Klub um. Beide hatten Verabredungen, hatten sich verspätet und waren in großer Eile. Das war ihr Kismet. Beide Uhren lagen auf der Spiegelkonsole; die Riemen hingen herab. Das war ihre Unvorsichtigkeit. Platte war zuerst fertig, ergriff eine Uhr, sah in den Spiegel, rückte seinen Schlips zurecht und eilte fort. Vierzig Sekunden später tat der Oberst ganz dasselbe. Jeder hatte des anderen Uhr.
    Wer hat noch nicht bemerkt, daß fromme Leute meist auch äußerst argwöhnisch sind? Sie scheinen, – selbstverständlichnur der Frömmigkeit halber, – mehr vom Laster zu wissen als die wahrhaft Verderbten. Vielleicht waren sie vor ihrer Einkehr auch besonders schlimm. – Jedenfalls überragt ein gewisser Schlag guter Menschen alle anderen in der Fähigkeit, Böses zu wittern und auch im Unschuldigsten das Schlimmste zu sehen. Der Oberst und seine Frau gehörten zu diesem Schlag. Aber die Frau Oberst war die schlimmere von beiden. Sie machte den Klatsch der Garnison, sie unterhielt sich sogar mit ihrer indischen Jungfer. Das sagt alles. Die Frau Oberst hatte die Laplacesche Ehe auseinander gebracht. Die Frau Oberst machte der Verlobung Ferris-Haughtrey ein Ende. Die Frau Oberst brachte den

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