Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen
weisen Reim:»Will ein Jüngling es weit bringen in der Kunst, Kunst, Kunst, So fliehe er der Weiber eitle Gunst, Gunst, Gunst.«
Und Dicky, der glaubte, alles durchgemacht zu haben, was ein Mann durchmachen kann, mußte ihnen lachend zustimmen, während die Schlußzeile seines Bankbuches ihm Tag und Nacht im Kopfe herumging.
Und doch sollte er, ehe das Ende kam, noch weiteren Elends innewerden. Es kam ein Brief von der kleinen Frau – die natürliche Folge der anderen Briefe, hätte Dicky es nur gewußt, und der Kehrreim dieses Schreibens lautete: »Durchgegangen ist sie mit 'nem Hübscheren als du!« Er war ein ziemlich merkwürdiges Produkt, ohne Komma und Punkt. Sie dächte gar nicht daran bis in alle Ewigkeit zu warten und das Baby wäre tot und Dicky sei ja nur ein Junge und er würde sie niemals wiedersehen und weshalb hätte er bei der Abfahrt in Gravesend nicht mit dem Taschentuch gewinkt und Gott sei ihr Zeuge daß sie eine schlechte Frau wäre aber Dicky der sich in Indien amüsiere sei noch viel schlechter und der andere Mann bete den Boden unter ihren Füßen an und würde Dicky ihr wohl vergeben, denn sie selber könne ihm nie verzeihen; und weitere Briefe würden sie nicht erreichen.
Statt dem Himmel für seine Freiheit zu danken, lernte Dicky bis ins Kleinste die Gefühle eines gekränkten Gatten kennen – wiederum keineswegs die richtige Erfahrung für einen Jungen seines Alters – denn er sah seine Frau vor sich, wie sie in dem Zimmer für dreißig Shilling in Montpelier Square im Bette geweint hatte, als sein letzter Tag in England anbrach. Worauf er sich in seinem eigenen Bette wälzte und sich die Finger zerbiß. Nicht einen Augenblick kam ihm der Gedanke, daß sie beide, wenn sie sich jetzt nach zwei Jahren wiederträfen, vielleicht inzwischenganz neue, andere Menschen geworden wären. Theoretisch hätte er daran denken sollen. So aber verbrachte er die Nacht nach dem Eintreffen des englischen Postschiffes in ziemlichen Schmerzen.
Am nächsten Morgen spürte Dicky Hatt keine Lust zur Arbeit. Er sagte sich ganz logisch, daß er sich die Freuden der Jugend hatte entgehen lassen. Er war müde und hatte sämtliche Nöte des Lebens noch vor seinem vierundzwanzigsten Lebensjahre kennengelernt. Seine Ehre war beim Teufel – hier rührte sich in ihm der Mann – und jetzt wollte er auch zum Teufel gehen – das war wieder der Junge, der aus ihm sprach. So neigte er den Kopf auf das grüne Wachstischtuch und weinte, ehe er auf seine Stellung und auf alles, was sie ihm bot, verzichtete.
Doch jetzt kam der Lohn für seine Dienste. Man bot ihm drei Tage Bedenkzeit, und der Chef seines Büros sagte nach einigem Hin- und Hertelegraphieren, es sei zwar ein ganz ungewöhnlicher Schritt, aber in Berücksichtigung der außerordentlichen Fähigkeiten, die Mr. Hatt zu dieser und jener Zeit gezeigt hätte, sei er in der Lage, ihm eine ungleich höhere Stellung anzubieten – zu Anfang nur auf Probe, später jedoch, bei natürlichem Verlauf der Dinge, für dauernd. »Und wie hoch ist dieser Posten dotiert?« fragte Dicky. »Mit sechshundertundfünfzig Rupien,« antwortete langsam der Chef, in der festen Erwartung, den jungen Mann vor Dankbarkeit und Freude zusammenbrechen zu sehen.
Jetzt hatte er es also erreicht! Genug für die Siebenhundert-Rupien-Überfahrt, und genug, um seine Frau und den kleinen Sohn zu retten! Dicky brach in brüllendes Gelächter aus – in ein Gelächter, das stärker war als er – ein häßliches, disharmonisches Gelächter, das augenscheinlich kein Ende nehmen wollte. Als er sich schließlich wieder in der Gewalthatte, sagte er vollkommen ernst: »Ich habe die Arbeit satt. Ich bin ein alter Mann geworden. Es ist Zeit, daß ich mich zurückziehe, und ich werde gehen.«
»Der Junge ist verrückt geworden«, sagte der Chef.
Ich glaube, er hatte recht: Dicky Hatt jedoch ist nie wieder aufgetaucht, um diese Frage zu entscheiden.
Schweine
Ich glaube, die Differenz entstand durch ein Pferd mit etwas heimtückischem Charakter, das Pinecoffin an Nafferton weiterverkaufte, und das Nafferton beinahe das Genick gebrochen hätte. Es können auch noch andere Gründe mitgespielt haben, ab er das Pferd war der offizielle Vorwand. Nafferton war sehr aufgebracht, allein Pinecoffin lachte nur und meinte, er hätte ja niemals für des Gauls Gesittung garantiert. Nafferton lachte gleichfalls, erklärte aber, er würde seinen Sturz Pinecoffin schon noch heimzahlen, und wenn er fünf Jahre warten
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