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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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Schweins unter Aufrechterhaltung seiner Charaktermerkmale.« Pinecoffin antwortete erschöpfend, daß das ausländische Schwein in dem inländischen aufgehen müßte und zitierte als Beleg Statistiken aus der Pferdezucht. Diese Nebenfrage mußte von Pinecoffin sehr ausführlich behandelt werden, ehe Nafferton zuzugeben bereit war, daß er sich im Irrtum befände und auf das Hauptthema zurückkam. Als Pinecoffin sich über fleischbildende Substanzen und Fibrine, Glykosen und nitrogene Bestandteile von Mais und Luzerne völlig ausgeschrieben hatte, schnitt Nafferton die Kostenfrage an. Inzwischen war Pinecoffin aus Kohat zurückgerufen worden und hatte sich eine eigene Schweinetheorie gebildet, die er auf fünfunddreißig Folioseiten auseinandersetzte. Nafferton legte sie gewissenhaft zu den übrigen Akten und – verlangte mehr.
    Diese Dinge nahmen zehn Monate in Anspruch, und Pinecoffins Interesse an Naffertons künftiger Schweinezucht schien im Augenblick, da er seine eigenen Ansichten formuliert hatte, zu erkalten. Aber Nafferton bombardierte ihn mit Briefen über »die Bedeutung dieses Planes für das Indische Reich im Hinblick auf die Verstaatlichung des Schweinehandels unter gleichzeitiger Berücksichtigung der religiösen Empfindungen der mohammedanischen Bevölkerung Oberindiens.« Er erriet, daß Pinecoffin sich nach seinen knifflichen, tüpfeligen Dezimaldetails zu einer breiten, freihändigen Arbeit würde hingezogen fühlen. Pinecoffin behandelte denn auch diese neueste Entwicklung der Schweinefragein geradezu überlegener Weise und bewies eindeutig, daß »ein Überkochen der Volksseele nicht zu befürchten sei«. Nafferton bemerkte, die gesammelten Erfahrungen des Zivilbeamtentums wären in der Tat für die Beantwortung derartiger Fragen von unschätzbarem Werte und lockte ihn auf einen Seitenpfad – »die eventuellen Gewinne, die der Regierung aus einem Verkauf von Schweineborsten zufließen dürften«. Nun gibt es eine umfangreiche Literatur über Schweineborsten, ja der Schuh-Bürsten und Pinselhandel kennt mehr Varietäten von Schweineborsten, als man für möglich halten sollte. Leicht verwundert über Naffertons unersättlichen Wissensdurst übersandte ihm Pinecoffin eine einundfünfzig Seiten lange Monographie über »Produkte des Schweines«. Das brachte ihn unter der behutsamen Führung Naffertons direkt auf die Fabriken von Cawnpore, auf den Handel mit Schweinehäuten für das Sattlergewerbe und weitergreifend auf die Gerbereien. Pinecoffin schrieb, Granatapfelsamen wäre das beste Gerbemittel für Schweinshäute und ließ durchblicken – die letzten vierzehn Monate hatten ihn wirklich ein wenig ermüdet – Nafferton möchte seine Schweine »doch lieber erst züchten, ehe er ihnen die Häute gerbe«.
    Nafferton kam jetzt auf Punkt zwei seiner fünften Frage zurück. »Wie kann bei dem ausländischen Schwein die gleiche Fleischmenge erzielt werden wie im Abendlande, unter gleichzeitiger Heranzüchtung des außerordentlich charakteristischen Borstenkleides seines orientalischen Verwandten?« Pinecoffin war wie betäubt; er hatte inzwischen vergessen, was er sechzehn Monate vorher geschrieben hatte und fürchtete die erneute Aufrollung des ganzen Fragenkomplexes. Er war bereits zu sehr in dem wirren Knäuel verstrickt, um seinen Rückzug zu bewerkstelligen, daher schrieb er in einem schwachen Moment: »Ziehen Sie meinen ersten Brief zu rate.« Dieser bezog sich auf das drawidischeSchwein. In Wahrheit hatte Pinecoffin, da er bei der Frage der Rassetypen abgezweigt war, noch nicht einmal den Akklimatisationskomplex erreicht.
    Jetzt erst demaskierte Nafferton seine schwere Batterie! In majestätischer Sprache beschwerte er sich bei der Regierung über »die geringe Unterstützung«, die ihm bei seinem ernsten Versuch, »eine potentiell remunerative Industrie in Gang zu bringen« zuteil würde, sowie über die »Frivolität«, mit der seine Bitten um Information von einem Herrn behandelt würden, »dessen pseudogelehrte Meriten ihn zum mindesten den primären Unterschied zwischen der drawidischen und Berkshire Varietät des Genus Sus gelehrt haben sollten«. Ferner schrieb er: »Habe ich zu verstehen, daß der Brief, auf den der betreffende Herr mich verweist, in Wahrheit seine Ansichten über die Akklimatisation eines wertvollen, wenn auch zugestandenermaßen unsauberen Tieres wiedergibt? In diesem Falle wäre ich zu meinem Bedauern gezwungen, anzunehmen« usw. usw.
    In dem Departement für

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